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10.09.2010 | Blog

Abschied von Pakistan: Verschnaufpause vor dem Wiederaufbau

Nach der Flut in Pakistan ist Nothelfer Jürgen Mika nachause zurückgekehrt und berichtet von seinen Erlebnissen aus dem Katastrophengebiet.

Pakistan: Eine Familie im überfluteten Gebiet, Punjab.
Pakistan: Familie im überfluteten Gebiet, Punjab, Region Jhandewali. © Welthungerhilfe/Jens Grossmann
Jürgen Mika Humanitarian Directorate (bis 2018)

Jetzt ist plötzlich alles anders – das Wasser ist weg und der Stress auch. Vor einer Woche bin ich aus Pakistan zurückgekehrt. Nach einem kurzen Zwischenstopp in der Welthungerhilfe-Zentrale in Bonn bin ich jetzt wieder in Simbabwe, wo ich mit meiner Familie lebe. Heute Nacht habe ich das erste Mal seit drei Monaten wieder in meinem eigenen Bett geschlafen. Im Juli war ich bereits in Kirgistan im Einsatz, wo wir Nothilfe für die von den ethnischen Auseinandersetzungen Betroffenen leisteten und kurz darauf einen Monat in Pakistan. Nach dieser anstrengenden Zeit hat es einfach gut getan, endlich mal wieder auszuschlafen.

Nach dem Aufstehen habe ich an Pakistan gedacht. Obwohl diese Flut eine Katastrophe wahnsinnigen Ausmaßes ist, sind es nicht nur die Bilder der Zerstörung, die bei mir hängengeblieben sind. Ich vermisse die Leute, mit denen ich dort gearbeitet habe. In den Wochen, die ich im Land verbracht habe, habe ich ein enges Verhältnis zu Vielen aufgebaut. Besonders zu Amir Jan: Er arbeitet für unseren Alliance2015-Partner Cesvi und lebt in Pakistan. In den ersten Tagen nach der Flut waren wir gemeinsam im Katastrophengebiet und haben Bedarfslisten darüber erstellt, welche Hilfsgüter am schnellsten wohin müssen. Die nötigen Nahrungsmittel und Hygieneartikel haben wir dann auch zusammen verteilt.

Doch es war nicht nur die Arbeit mit Amir, die mir Spaß gemacht hat. Wir hatten intensive Gespräche über Politik, Religion und Kultur in Pakistan. Er ist ein kluger Mann, der mit mir ganz offen über sein Land gesprochen hat. Ich glaube nicht, dass Amir ein Einzelfall ist, ich sehe ihn als Stellvertreter für viele Menschen in Pakistan: Sie sind bereit, auf andere Kulturen einzugehen und sich gleichzeitig kritisch mit ihrer eigenen auseinanderzusetzen – so ganz anders als sich das mancher in Europa vorstellt.

Auch in meiner letzten Woche in Pakistan war ich mit Amir unterwegs – wir haben ein Büro für die Welthungerhilfe gesucht. Amir war mit seinen Orts- und Sprachkenntnissen natürlich der perfekte Begleiter für die Büro-Suche: Gleich die ersten Räume, die er mir in der Stadt Multan im Distrikt Punjab gezeigt hat, habe ich für die Welthungerhilfe angemietet. Hier ziehen jetzt meine Kolleg*innen ein. Sie werden in den nächsten Jahren in Multan bleiben und beim Wiederaufbau, der wohl noch lange dauern wird, helfen. Es sind alles sehr erfahrene Mitarbeiter*innen, die nun die vom Nothilfeteam angestoßenen Projekte langfristig durchführen werden. Eine wirklich große Herausforderung in Anbetracht der Zahl der Bedürftigen.

Es ist noch so vieles, was die Leute benötigen. Während ich in Pakistan war, haben wir gemeinsam mit unseren Partnern Cesvi und Concern bereits 150.000 Menschen unterstützt. In den nächsten Wochen wollen meine Kolleg*innen weitere 150.000 erreichen. Die Flutopfer werden Erbsen, Öl und Mehl, sowie Haushaltssets und Zeltplanen erhalten. Trotz der großen Anzahl Menschen, die wir versorgen, ist unsere Hilfe ein Tropfen auf den heißen Stein.

21 Millionen Menschen sind von der Katastrophe betroffen, davon sind über sechs Millionen auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Zu vielen sind die Hilfsorganisationen noch gar nicht durchgedrungen. Das Wasser fließt jetzt langsam wieder ab, hat aber zuvor vielerorts die Infrastruktur zerstört – Brücken und Straßen wurden einfach weggespült. Doch wenn es keine Straßen und Brücken gibt, ist es kaum möglich, schnell zu den Betroffenen zu kommen.

Immerhin wird die Welthungerhilfe länger in Pakistan bleiben und beim Wiederaufbau mitanpacken. Das gibt mir Hoffnung, dass wir mit der Zeit auch in die entlegenen Gebiete vordringen und den Menschen dort helfen können. Auch ich werde im Oktober nochmals nach Pakistan zurückkehren und mich mit meinen Kolleg*innen dafür einsetzen, dass wir unsere Hilfe ausweiten können.

Ich hoffe, ich kann Ihnen dann im Oktober von weiteren Fortschritten berichten.

Herzliche Grüße aus Simbabwe,

Ihr Jürgen Mika

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