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15.05.2014 | Blog

Hoffen und Warten im Flüchtlingslager

Es braucht keine weiten Wege, wenn man mit dem Flieger in der südsudanesischen Hauptstadt Juba ankommt. Das Leid und die Angst sind sofort sichtbar.

Matthias Mogge im Gespräch mit Flüchtlingen Südsudan
Matthias Mogge im Gespräch mit Flüchtlingen aus dem Südsudan. © Welthungerhilfe

Direkt am Flughafen liegt das UN Flüchtlingscamp Tongping. Dort lebt Peter – seit kurzem. Ich frage ihn, wie lange er noch in diesem Camp bleiben wird. Er schaut mich ungläubig an. Nein, an eine Rückkehr nach Malakal im Norden des Landes ist im Moment noch gar nicht zu denken. Zu tief sitzt die Angst, im falschen Moment am falschen Ort zu sein und bei Kämpfen sein Leben zu verlieren.

Abwarten und Hoffen

Peter hatte sich ins südlich gelegene Juba durchgeschlagen. Zuhause in Malakal war er zuständig für die Jugendarbeit. Eine wichtige Arbeit in einem Land, das sich eigentlich mit der erst vor kurzem errungenen Unabhängigkeit neu definieren wollte. Jetzt ist Peter hier im Camp, wartet ab und hofft auf Frieden – auf verlässlichen Frieden.

Die Bedingungen im Camp sind trotz der Unterstützung von Hilfsorganisationen erbärmlich. Juba war einfach überhaupt nicht auf diesen Ansturm von Menschen vorbereitet, schon gar nicht die UN-Friedenstruppen, auf deren Gelände sich nun über 20.000 Menschen drängeln. Kinder spielen in den engen Gassen der Zeltstadt mit selbstgebasteltem Spielzeug: Zwei Kinder ziehen einen völlig kaputten Koffer mit zwei noch kleineren Kindern darin hinter sich her. Ja, sie spielen – und das ist gut so. Die meisten von ihnen müssen helfen, Wasser heranschleppen, Holzkohle zum Kochen besorgen, Wäsche waschen. Gut geht es ihnen allen nicht. Man sieht ihnen an, dass sie nicht genügend zu essen haben. Aber zumindest sind sie hier in Sicherheit vor den Kämpfen in den nördlichen Gebieten, in Unity State, Jonglei und Upper Nile. Auch innerhalb dieser Regionen sind Tausende in sichere Gebiete geflüchtet.

Viele Flüchtlinge sind über Land kaum erreichbar

Nach dem Besuch im UN Flüchtlingscamp Tongping fliege ich gemeinsam mit unserem Landesdirektor nach Ganyieli in die Region Unity State. Hierhin haben sich viele in Sicherheit gebracht, denn dieser Ort ist von Sümpfen umgeben, und das Militär kämpft hier nicht. Das wissen die Menschen, denn sie haben viele Jahre Krieg hinter sich. Sie kennen die einigermaßen sicheren Gebiete. Unsere Kollegin Mary arbeitet in Ganyieli mit Michael, einem Kollegen aus Simbabwe, und vielen südsudanesischen Helfern daran, das Leben für die Vertriebenen etwas erträglicher zu machen – keine leichte Aufgabe.

Viele Standorte, an denen sich die Flüchtlinge verstecken, sind über Land gar nicht erreichbar. Das lässt die schlechte Sicherheitslage nicht zu und teilweise fehlt es schlichtweg an Straßen. Wir haben gesehen, dass das Welternährungsprogramm hunderte Säcke mit Getreide aus einem Flugzeug abgeworfen hat. Von diesen sogenannten „Airdrops“ wird es in den kommenden Tagen noch einige geben. Die Nahrungsmittel werden dringend für die Versorgung der Menschen benötigt.

Ist das Abkommen wirklich ernst gemeint?

Am Freitag, 10.5., erreicht uns die Nachricht, dass die beiden Vertreter der rivalisierenden Parteien, der amtierende Präsident Salvar Kiir und der frühere Vizepräsident Dr. Riek Machar ein Abkommen in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba zur „Lösung der Krise im Südsudan“ unterzeichnet haben. Wie viel ist dieses Papier wert? Wie ernst ist es den beiden? Die Skepsis unter den Hilfsorganisationen ist groß. Das letzte Abkommen von Januar wurde vollkommen ignoriert. Und während die Tinte der Unterschriften dieses neuen Abkommens noch trocknet, scheint es bereits wieder gebrochen worden zu sein. So berichten jedenfalls die in Bentiu helfenden Kollegen.

Und dennoch – die Hoffnung aufgeben hieße, die Menschen aufgeben. Deshalb wird die Welthungerhilfe bleiben. Seit den 90er Jahren arbeiten wir schon im Südsudan und haben uns hier beim Wiederaufbau und der Ernährungssicherung engagiert. Zurzeit sorgen wir mit sieben Nothilfe-Projekten in Northern Bahr el Ghazal, Unity State und Juba dafür, dass die notleidende Bevölkerung Nahrung und eine Grundversorgung bekommt.

Wir werden trotz der äußerst widrigen Umstände versuchen, tausenden von unschuldigen Bürgerinnen und Bürgern dieses jüngsten Landes der Erde das Überleben zu sichern. Und nur darum geht es im Moment; überleben und hoffen, dass dieser schreckliche und sinnlose Krieg endlich aufhört, damit die Entwicklung des Landes weitergehen kann. Darauf wartet auch Peter im Camp in Juba. Mit seiner Jugendarbeit in Malakal wird er einen Beitrag zu dauerhaftem Frieden und Entwicklung leisten können. Doch bevor er in seine Heimat zurückkehrt braucht er zunächst die Sicherheit für sein eigenes Leben – nicht mehr und nicht weniger.

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