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El Niño – Entstehung & Auswirkung des Wetter­phänomens

Alle paar Jahre löst das Wetterphänomen El Niño in vielen Weltregionen extreme Wetterereignisse aus, die zu Missernten und Hungerkrisen führen – oder bereits bestehende Krisen verstärken. Was ist El Niño, wie entsteht es und welche Auswirkungen hat es?

Ein Mann mit seiner Tochter vor den Ruinen eines Hauses in Grand Anse.
Zerstörungen in Haiti nach einem Hurrikan. El Niño erhöht in vielen Weltgegenden die Wahrscheinlichkeit von extremen Wetterereignissen. © Nicolo Lanfranchi

Regelmäßig löst das periodisch auftretende Wetterphänomen El Niño in vielen Weltregionen extreme Wetterereignisse wie Dürren und Starkregen aus, was sich negativ auf die Ernährungssicherheit von Millionen von Menschen auswirkt. Anfang Juli 2023 konstatierten Wissenschaftler*innen erneut den Beginn von El Niño. Damit könnten auch in diesem Jahr vermehrt Katastrophen auftreten.

Die Entstehung von El Niño 

Schon vor Jahrhunderten bemerkten Fischer in Peru alle paar Jahre ein seltsames Phänomen: Das Wasser des Pazifischen Ozeans wird ungewohnt warm und die Fischschwärme verschwinden. Da dies meist in der Weihnachtszeit geschieht, wurde die Erscheinung irgendwann mit dem spanischen Wort für "der Junge" oder "das Christkind" bezeichnet: „El Niño“. Wissenschaftler*innen brachten die Meereserwärmung mit ungewöhnlichen Wetterphänomenen in anderen Regionen der Erde in Verbindung und kamen so einem Wirkungszusammenhang auf die Spur, der das Wetter weltweit beeinflusst. 

Das Phänomen El Niño beginnt in den Meeresgebieten des östlichen Pazifiks. Hier bringt der Humboldtstrom normalerweise kaltes Wasser aus der antarktischen Region vor die Küste Südamerikas. Da die aus Südost wehenden Passatwinde das sich an der Meeresoberfläche erwärmende Oberflächenwasser in der Äquatorregion immer wieder nach Westen in Richtung Südostasien schieben, steigt immer neues kaltes Wasser aus der Tiefe nach oben – die Meerestemperatur ist dauerhaft kühl.

Hängt die Entstehung von El Niño mit dem Klimawandel zusammen?

El Niño ist keine Folge des menschengemachten Klimawandels. Es handelt sich um ein natürliches Klimaphänomen, das seit Jahrhunderten belegt ist. Die Erderwärmung kann die Folgen von El Niño allerdings verstärken – Trockenheits- und Dürreperioden sowie Hitzewellen können noch extremer ausfallen.

In unregelmäßigen Abständen aber schwächen sich die Winde aus ungesicherten Gründen derart ab, dass das erwärmte Oberflächenwasser nicht länger nach Westen abgedrängt wird – im Gegenteil schwappt sogar gewissermaßen wärmeres Wasser nach Osten zurück. Damit ist dem kalten Tiefenwasser vor Südamerika der Weg nach oben versperrt, und die oberen Meeresschichten werden dauerhaft warm. Plankton stirbt im warmen Wasser ab – das ist der Grund, weshalb die Fischschwärme vor Südamerika abwandern.  

Auswirkungen des Phänomens auf das globale Wetter

Doch damit nicht genug – die Veränderungen in den oberen Meeresschichten haben wiederum Auswirkungen auf unsere Erdatmosphäre: Normalerweise ist der Westpazifik in den tropischen Breiten wärmer als der durch den Humboldtstrom abgekühlte Ostpazifik; deshalb erwärmt sich die Luft über dem Westpazifik stärker und steigt schneller nach oben. Dadurch sinkt in den unteren Luftschichten der Luftdruck; es entsteht ein Tiefdruckgebiet, in das Luft aus dem Ostpazifik einströmt: Wir haben Ostwind. 

In Zeiten von El Niño dagegen ist der Ostpazifik deutlich wärmer als sonst, und die Verhältnisse kehren sich im Extremfall um. Die Luft im Osten erwärmt sich, steigt auf und von Westen strömt Luft nach: Wir haben Westwind über dem Pazifik. 

Grafik: Die Entstehung des Klimaphänomens El Niño
Die Entstehung von El Niño: Im Pazifik kehrt sich die Zirkulation von Meeres- und Luftströmungen um. Die Meeresoberfläche im Osten des Ozeans erwärmt sich, feuchte Luft bringt den Küsten Amerikas Regen. In Südostasien und Australien kommt es zu großer Trockenheit. © Welthungerhilfe

Für die angrenzenden Kontinente hat das gravierende Folgen. Mit den Westwinden gelangt warme Luft, die über dem Meer viel Feuchtigkeit aufgenommen hat, über den amerikanischen Kontinent. An den Anden regnet die Feuchtigkeit ab, in teilweise extremen Niederschlägen. In Australien und Südostasien dagegen kommt aufgrund der Windumkehr kaum noch feuchte Luft an – die Region leidet unter Trockenheit und Dürre, die in Australien oft mit großen Bränden einhergeht. 

Das El Niño-Wetterphänomen wirkt sich nicht nur auf die pazifische Region aus. Die Klimaregionen der Erde sind in einem hochkomplizierten Geflecht aus Ursachen und Wirkungen miteinander verbunden. Mit mehr oder weniger großer Verzögerung hat El Niño daher auch Folgen für die klimatischen Bedingungen in weit entfernten Gebieten wie Ostafrika oder die Sahel-Region. 

Mögliche Auswirkungen von El Niño:

Die Wetterphänomene treten nicht alle gleichzeitig, sondern zu unterschiedlichen Zeiten im Verlauf einer El-Niño-Phase auf.

Karte: Die weltweite Verteilung von Extremregen und Trockenheit als Folgen von El Niño
Wo auf der Welt sind wann welche Wetterextreme zu beobachten? Die Folgen von El Niño - heftige Regenfälle und Trockenheit - betreffen typischerweise unterschiedliche Weltregionen. Auch treten sie nach dem Zeitpunkt der Entstehung von El Niño mit zeitlichem Verzug auf. © Welthungerhilfe

Folgen für die Menschen in betroffenen Regionen

Für Menschen in stark betroffenen Gebieten wie dem südlichen und dem östlichen Afrika, der Sahel-Region oder den Ländern Südostasiens stellen die abrupten Klimaveränderungen eine große Herausforderung dar. Aber nicht nur für sie: Wenn Dürre oder Starkregen zu Ernteausfällen führen, steigen auf dem Weltmarkt die Nahrungsmittelpreise – mit gravierenden Folgen auch für Regionen, die nicht unmittelbar von den Wetterphänomenen betroffen sind. 

Haiti nach Hurrikan Matthew, Haiti after Hurricane Matthew
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Ihre regelmäßige Spende ermöglicht uns, schon jetzt Vorbereitungen zu treffen, noch bevor die El Niño-Krise zu Hunger führt.

Das letzte El-Niño-Ereignis von 2015/2016 hatte mit Dürren und starken Regenfällen schwerwiegende Auswirkungen für mehr als 60 Millionen Menschen weltweit. Mehrere afrikanische Staaten riefen den nationalen Notstand aus. Im südlichen Afrika war die Ernährung von über 40 Millionen Menschen gefährdet. Äthiopien erlebte die schlimmste Dürre seit 50 Jahren – 10 Millionen Menschen waren auf Ernährungshilfe angewiesen. In Haiti führte die Trockenheit zu einer Halbierung der Ernteerträge. Nicht nur die Nahrungsmittelversorgung wurde zum Problem – anhaltende Feuchtigkeit führte in verschiedenen Regionen auch zu ungewöhnlich starkem Auftreten von Krankheiten wie Cholera oder Dengue-Fieber. 

Das El-Niño-Phänomen von 2023 trifft eine Welt, die bereits von zahlreichen Krisen geprägt ist. In vielen Ländern sind die Auswirkungen der Klimakrise schon jetzt dramatisch. Wetterextreme und Katastrophen nehmen zu und zerstören die Lebensgrundlage von Millionen Menschen – Hunger und fallweise auch Migration sind die Folge. Vor allem ländliche Regionen sind schwer betroffen. Durch El Niño könnten neue Extremereignisse hinzukommen: So litt Ostafrika zum Beispiel unter der schlimmsten Dürre seit Jahrzehnten. Wie prognostiziert, brachte El Niño der Region in den letzten Monaten starke Regenfälle, die der ausgetrocknete Boden kaum aufnehmen konnte – es kam zu Überflutungen.

Im März 2024 rief der Präsident Malawis in 23 von 28 Bezirken des Landes den Notstand aus, als auf verheerende Überschwemmungen und Zerstörungen durch Tropenstürme im Vorjahr eine schwere Dürre folgte. Rund zwei Millionen Haushalte sind von Hunger bedroht. Dieses Wetterextrem ist auf El Niño zurückzuführen.

Ernährungsunsicherheit als Folge von El Niño in verschiedenen Regionen der Erde

Als Folge von El Niño drohen einigen Ländern Afrikas heftige Regenfälle, anderen Trockenheit und Dürre. In Mali, Burkina Faso, Südsudan und Somalia könnte es zu einer Hungersnot kommen. © Welthungerhilfe
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El Niño bringt mehreren Ländern des Nahen Ostens vermutlich heftige Regenfälle. Als Folge könnte Hunger vor allem in Syrien und dem Libanon ein Problem werden. © Welthungerhilfe
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El Niño wird voraussichtlich vor allem in Peru, Bolivien und Haiti ungewöhnliche Trockenheit zur Folge haben. In Haiti droht dadurch eine Hungersnot. Zwar ist bei El Niño für die Westküste Südamerikas starker Regen charakteristisch; weiter im Inneren des Kontinents wird es aber oft sehr trocken. © Welthungerhilfe
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Einige Länder Süd- und Südostasiens werden voraussichtlich schwer vom Wetterphänomen El Niño betroffen. Heftige Regenfälle könnten in Afghanistan zu einer Hungersnot führen; auch Menschen in Pakistan sind von Hunger bedroht. In Myanmar wird große Trockenheit die Ernährungsgrundlagen gefährden. © Welthungerhilfe
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Wie hilft die Welthungerhilfe?

Das aktuelle El-Niño-Phänomen ist eine Katastrophe mit Ansage. Seitdem Expert*innen Anfang Juli 2023 eine neue El-Niño-Phase prognostiziert haben, deren Folgen sich im Laufe der nächsten Monate bis mindestens Februar 2024 entfalten werden, bereiten wir uns darauf vor, Menschen in stark betroffenen Ländern zur Seite zu stehen. Wir verfolgen die Prognosen für die Länder, in denen wir vor Ort sind, und stellen Notfallpläne auf.  

Viele Dinge kann man schon tun, bevor eine Katastrophe eintritt. Unter dem Stichwort „Anticipatory Humanitarian Action“ – also vorausschauende Humanitäre Hilfe – sind wir mit unseren Partnern im Vorfeld aktiv, um die Folgen eines zu erwartenden Katastrophenereignisses abzufedern. 

Frühzeitiges Handeln, bevor eine Katastrophe eintritt, spart Zeit, Kosten und kann Leben retten.

In von Trockenheit bedrohten Gebieten können wir zum Beispiel dürretolerantes Saatgut verteilen und die Funktionstüchtigkeit von Brunnen und Bewässerungssystemen sicherstellen. Wo Überflutungen zu befürchten sind, sollten Dämme und Deiche gesichert oder Evakuierungen vorbereitet werden.

Den gefährdeten Menschen können wir Werkzeuge und anderes Material anbieten, das sie zur eigenständigen Vorbereitung auf den Ernstfall benötigen; oder aber wir stellen Geld zur Verfügung, damit die Betroffenen sich selbst mit dem Nötigen versorgen.

Vieh kann vorbeugend geimpft werden; wenn absehbar ist, dass Futter und Wasser nicht reichen werden, kann es in Einzelfällen auch sinnvoll sein, die Tiere rechtzeitig zu verkaufen oder sogar notzuschlachten.

Besondere Bedeutung kommt der gemeinsamen Arbeit mit den lokalen Gemeinden zu: Nur wenn Menschen in die Planung der vorausschauenden humanitären Hilfe einbezogen sind, entsprechen die Maßnahmen ihren Bedürfnissen. Und nur, wenn sie zu jeder Zeit wissen, was auf sie zukommt und was sie tun können, sind sie in der Lage vorzubeugen und sich zu schützen. 

Handeln und der Katastrophe zuvorkommen

Helfen Sie schon jetzt – noch bevor die Folgen von El Niño eintreten

Indem wir schon vor Eintritt der eigentlichen Katastrophe Maßnahmen durchführen, lassen sich deren Auswirkungen begrenzen. Präventives Handeln ist die wirkungsvollste und gleichzeitig effizienteste Form der Humanitären Hilfe. Sie setzt aber voraus, dass die notwendigen finanziellen Mittel frühzeitig zur Verfügung gestellt werden und nicht erst dann, wenn vieles schon zu spät ist. 

Im Fall von El Niño wissen wir, was auf uns zukommt. Wir müssen dieses Wissen nutzen, um rechtzeitig zu handeln – dann wird aus einem globalen Wetterphänomen keine globale Katastrophe. 

Unterstützen Sie nachhaltig: Ihre regelmäßige Spende ermöglicht uns, schon jetzt Vorbereitungen zu treffen, noch bevor die El Niño-Krise zu Hunger führt. 

Häufig gestellte Fragen zu den Auswirkungen und zur Entstehung von El Niño

Wie lange dauert El Niño gewöhnlich?

Das El-Niño-Phänomen dauert meist neun bis zwölf Monate. Es gab aber auch schon Fälle, in denen El Niño mehrere Jahre angehalten hat. 

Wie groß sind die Abstände zwischen den El-Niño-Phänomenen?

El Niño erscheint unregelmäßig in Abständen von 2 bis 7 Jahren. Den jeweils genauen Zeitpunkt kann die Wissenschaft bisher nicht voraussagen.  

Was ist der Unterschied zwischen El Niño und La Niña?

Mit dem Namen La Niña wird ein Wetterphänomen bezeichnet, dass mit El Niño in engem Zusammenhang steht und sich mit diesem jeweils nach einer Übergangszeit abwechselt. La Niña ist das Gegenteil von El Niño. Bei El Niño kehrt sich das normale Strömungssystem des Pazifiks um – der Osten wird warm und feucht, der Westen trocken. Bei La Niña wird dagegen das normale Strömungssystem ins Extrem verstärkt – der Westen wird ungewöhnlich warm und feucht, der Osten ungewöhnlich trocken. Die Auswirkungen von La Niña sind meist nicht so stark wie die von El Niño. Der Ablauf der Phänomene sieht vereinfacht so aus: El Niño – Normalphase – La Niña – Normalphase – El Niño usw.  

Welche Auswirkungen hat El Niño auf Europa?

Europa ist der einzige Kontinent, auf den El Niño fast keine direkten Auswirkungen hat. Es wird vermutet, dass einige besonders kalte europäische Winter Spätfolgen eines El Niño waren.  

Läuft El Niño immer gleich ab?

Jein. Das Grundphänomen und die physikalischen Mechanismen sind immer dieselben. Was variiert, ist die Stärke der Auswirkungen. Es gibt „schwache“ und „starke“ El Niños. Warum das so ist, können wir nicht mit Bestimmtheit sagen. Das letzte El Niño von 2015/16 gilt als sehr starkes El Niño. Auch das 2023 anlaufende wird nach den ersten Anzeichen zu urteilen eher stark.  

Seit wann ist das Phänomen El Niño bekannt?

Aufzeichnungen über das Phänomen gibt es seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Der Name „El Niño“ ist spätestens seit 1892 überliefert. Im Nachhinein haben Wissenschaftler bekannte historische Ereignisse, die teilweise noch weiter zurückliegen, als Hinweise auf El-Niño-Ereignisse interpretiert.

So gibt es die Vermutung, dass eine Reihe von starken El Niños zum Untergang der altamerikanischen Moche-Kultur im 7. Jahrhundert geführt hat. Auch die Missernten in Europa zwischen 1789 und 1793, die manchmal als Mitursache für den Erfolg der Französischen Revolution genannt werden, könnten mit einem El Niño zusammenhängen. 

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