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16.05.2025 | Blog

Somalia: „Wir müssen jetzt handeln – es geht um Menschenleben“

Von der internationalen Gemeinschaft fast unbemerkt, droht sich im ostafrikanischen Somalia eine dramatische Hungerkrise zuzuspitzen. Schon jetzt befinden sich etwa 3,4 Millionen Menschen in einer kritischen Ernährungssituation.

Eine Gruppe Viehhirt*innen entlädt einen LKW mit getrocknetem Tierfutter. Sie legen es in mehrere Haufen in die pralle Sonne.
In Somalia werden die Menschen immer wieder von ausgedehnten Dürreperioden heimgesucht. In Projekten wie diesem hier in Abudwak errichten wir Wasserstellen und verteilen Tierfutter, damit sie ihre Lebensgrundlage langfristig sichern können. Dazu gehört auch die Verteilung von resistentem Saatgut. © Welthungerhilfe
Aisha Abdoulrazack Hussein Communication Officer Somalia

Prognosen zufolge könnte diese Zahl bis Juni 2025 auf 4,4 Millionen ansteigen, was fast einem Viertel der Bevölkerung entspricht. Kinder unter fünf Jahren sind davon am stärksten betroffen. Ausbleibende Regenfälle, unerschwingliche Lebensmittelpreise und politische Instabilität bedeuten Not und Verzweiflung für die Familien. Nun drohen Kürzungen weltweiter Gelder für Entwicklungszusammenarbeit die Situation weiter zu verschärfen.

„Jeden Tag sind Familien gezwungen, drastische Entscheidungen zu treffen. Zum Beispiel: Welches Kind kann noch etwas zu essen bekommen – und für welches reicht es nicht mehr“, berichtet Alexander Fenwick, Landesleiter der Welthungerhilfe in Somalia. 

„Trotz enormer Anstrengungen in den letzten Jahren, Unterernährung zu bekämpfen, bleiben die Aussichten auf eine Erholung von den Auswirkungen der jüngsten Dürren und Überschwemmungen gering. Die letzte Regenzeit ist unterdurchschnittlich ausgefallen, die Ernten verdorren und Tiere sterben.“ Schon jetzt sind Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Die Menschen in Somalia leiden unter dem Wechselspiel von ausgedehnten Dürreperioden und anschließenden Überflutungen.

Mit der Kürzung internationaler Finanzmittel werden noch mehr Menschen hungern. „Wir erleben die Not in den Gemeinden Tag für Tag. Wir dürfen ihnen jetzt nicht den Rücken zukehren. Die Finanzierungslücken sind riesig und es stehen Leben auf dem Spiel“, appelliert Alex Fenwick an die internationale Gemeinschaft.

Es braucht dringend Soforthilfe für Menschen, die buchstäblich nichts mehr zu essen haben. Darüber hinaus sind jedoch auch langfristige Lösungen von entscheidender Bedeutung. Investitionen in eine an den Klimawandel angepasste Landwirtschaft und eine dürretolerante Infrastruktur, wie unter anderem Wasserspeicher. Die Welthungerhilfe arbeitet gemeinsam mit ihren Partnern intensiv an solchen Innovationen.

Jetzt spenden und helfen

Wo kein Wasser mehr ist, müssen Menschen fliehen

Auch Landwirt Jibril Mohamed musste mit ansehen, wie die Wasserquellen in der Gemeinde versiegten, seine Ernte verdorrte und seine Tiere starben. „Von meinen sieben Ziegen sind nur noch zwei übrig. Die Felder sind kahl. Ich hatte keine Wahl, ich musste gehen.“ Mit seiner Familie machte er sich auf den Weg in die Siedlung für Binnenvertriebene Barwago, um Nahrung und Wasser zu finden. Vor allem für sein geschwächtes jüngstes Kind.

Landwirt Jibril Mohamed und seine Familie auf der Flucht im eigenen Land: Die Wasserquellen in ihrer Gemeinde waren versiegt. © Welthungerhilfe

In Barwago leben Menschen, die die Dürre und gewaltsame Konflikte zwangen, ihre Heimat zu verlassen. Dort haben die Welthungerhilfe und ihr Partner SYPD einen Brunnen saniert, der jetzt wieder Wasser führt. Insgesamt sind es in der Region vier sanierte Flachbrunnen, die rund 600 Familien mit sauberem Wasser versorgen. Solarpumpen ermöglichen es den Landwirt*innen, ihre Felder auch während der Trockenzeit zu bewässern.

Ernährungssicherheit wiederherstellen

Dass es für die Familien ums reine Überleben geht, davon kann auch Foosiyo Axmed Hilowle berichten. Die Ernten der Witwe aus dem Distrikt Beledweyne wurden immer unvorhersehbarer, für sie und ihre Kinder reichte der Ertrag schon lange nicht mehr.

Foosiyo nahm am Projekt der Welthungerhilfe und ihres lokalen Partners SYED teil, erhielt dürretolerantes Tomatensaatgut und ein Training in verbesserten Anbautechniken. Seither haben sich ihre Erträge verdreifacht. „Jetzt hoffe ich nicht nur auf eine gute Ernte, ich kann mich darauf verlassen“, sagt sie.

Kamele an einer Wasserstelle, im Hintergrund ein Wasserturm
Kamele an einer Wasserstelle, im Hintergrund der Wasserspeicher, der die kontinuierliche Versorgung sicherstellt. Entstanden im Rahmen eines Projekts in Abudwak, Somalia. © Welthungerhilfe

Foosiyo ist eine von 450 Projektteilnehmer*innen in den Distrikten Beledweyne und Buulo-Burte, die mit Saatgut unterstützt wurden. Die Gemeinden setzen nun auf Nutzpflanzen, die auch unter schwierigen klimatischen Bedingungen gedeihen – darunter Sorghum, Augenbohnen und Wassermelonen. Schulungen zur Lagerung und Vermehrung von Saatgut befähigen die Familien, sich langfristig unabhängiger von Hilfslieferungen zu ernähren.

„Nur wenn wir heute in die Zukunft investieren, können wir eine Katastrophe verhindern und einen verheerenden Kreislauf durchbrechen.“

Alex Fenwick Landesdirektor der Welthungerhilfe in Somalia

In jenem Jahr traf Somalia schon einmal eine schwere Dürre. Damals starben Schätzungen zufolge 43.000 Menschen – es wären Tausende mehr gewesen, hätte die Weltgemeinschaft nicht unterstützend eingegriffen. Die Welthungerhilfe leistet weiterhin Hilfe in einigen der am schwersten erreichbaren Gebieten. Trotz Sicherheitsrisiken und logistischen Herausforderungen testen wir neue Ansätze, damit Familien eine Chance haben, die Krise zu überstehen.

„Wir dürfen nicht warten, bis die Not noch größer wird. Es geht um Menschenleben“, warnt Alex Fenwick. „Die Zeit zum Handeln ist jetzt. Nur wenn wir heute in die Zukunft investieren, können wir eine Katastrophe verhindern und einen verheerenden Kreislauf durchbrechen.“

Aisha Abdoulrazack Hussein arbeitet im Team der Welthungerhilfe in Somalia. Ihr Text ist für das Welthungerhilfe-Magazin entstanden (Ausgabe 02/2025).

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