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07.11.2024 | Blog

Gesunde Nahrung ist ein Menschenrecht

Vor 20 Jahren einigten sich die Mitgliedsstaaten der Welternährungsorganisation auf die freiwilligen Leitlinien zum Recht auf Nahrung. Die Welthungerhilfe setzt sich weltweit dafür ein, dass dieses Recht auf allen Ebenen umgesetzt wird

Frauen organisieren verschiedene Getreidesorten in Schüsseln
Niger, Region Tillaberi: Frauen mit einer Vielfalt verschiedener Getreidesorten. © Waouh/Welthungerhilfe
Nathalie Demel Policy & External Relations

Jeder Mensch hat das Recht auf angemessene, ausreichende und gesunde Nahrung. So steht es im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1976, den inzwischen 162 Staaten unterzeichnet haben.

Um dies konkreter zu machen und zivilgesellschaftliche Gemeinschaften stärker einzubeziehen, einigten sich die Mitgliedsstaaten der Welternährungsorganisation vor genau 20 Jahren auf die freiwilligen Leitlinien zum Recht auf Nahrung. Auch die Welthungerhilfe setzt sich dafür ein, dass dieses Recht auf allen Ebenen umgesetzt wird.

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Das Recht auf Nahrung: Ein Grundrecht für alle

Im Kern besagt das Recht auf Nahrung, dass der Staat Bedingungen schaffen muss, damit Menschen entweder Nahrungsmittel selbst anbauen können oder über ein ausreichendes Einkommen verfügen, sich eine gesunde Ernährung zu leisten. Wenn Menschen unverschuldet nicht über diese Mittel verfügen, ist der Staat am Zug, sie zu unterstützen. Konkrete Handlungsanweisungen für Regierungen und weitere Akteure geben dazu die freiwilligen Leitlinien.

Die Welthungerhilfe stellt das Recht auf Nahrung ins Zentrum ihrer Aktivitäten.

Unsere Projekte vor Ort gehen deshalb Hand in Hand mit der politischen Einflussnahme (Advocacy) zum Recht auf Nahrung auf lokaler, regionaler und internationaler Ebene. In unseren Projektländern fördern wir die ländliche Entwicklung, stärken den Aufbau der Zivilgesellschaft und klären auf. Nur wer seine Rechte kennt, kann diese auch einfordern.

In Basisgruppen und Trainings identifizieren kleinbäuerliche Familien strukturelle Ungleichheiten, entwickeln Lösungen und nehmen die lokale Verwaltung in die Pflicht. Auf globaler Ebene engagiert sich die Welthungerhilfe in vielen Gremien und Netzwerken. Dabei geht es um einen sicheren Zugang zu Land, Wasser und Saatgut, um einheitliche Agrar-, Energie- und Handelspolitiken, den Abbau struktureller Ungleichheiten zwischen und innerhalb der Länder, um Krisen- und Konfliktprävention zum Überwinden von Fluchtursachen, Eindämmung des Klimawandels sowie um Katastrophenschutz und -vorsorge.

Eine Gruppe junger Menschen in Indien hält ein großes Blatt Papier mit einer Kartierung ihres Dorfes
Familien in der indischen Region Bundelkhand kartierten ihr Dorf, um mit staatlicher Unterstützung ein neues Wassersystem einzurichten. Heute können sie trotz widriger Bedingungen Gemüse anbauen. © Welthungerhilfe

Während wir so den internationalen Druck erhöhen, unterstützen wir vor allem Menschen, die sonst wenig politisches Gehör finden. Drei Beispiele zeigen, was wir gemeinsam mit allen Beteiligten erreichen:

Indien: Nachhaltige Lösungen in Dürreregionen

In der von Dürre betroffenen indischen Region Bundelkhand erbringen die Felder nur wenig Ertrag. Ausgewogene Ernährung ist für viele Familien unerreichbar. Auch im Dorf der 15-jährigen Lakhsmi: „Das machte uns oft schwach und krank. Oft verpassten wir die Schule.“

Zudem fehlte sauberes Trinkwasser. Als Lakhsmis Dorf staatlich gefördert ein neues Wassersystem erhalten sollte, unterstützten die Welthungerhilfe und ihr Partner Samarthan die Bewohner*innen dabei, dieses gerecht und nachhaltig zu gestalten. Die Familien kartierten ihr Dorf, gründeten Wasser- und Sanitärkomitees und stellten den lokalen Behörden ihr Wissen über vorhandene Quellen zur Verfügung. Zudem stattete das Welthungerhilfe-Projekt die Haushalte mit einfachen Wasserfiltersystemen aus, sodass die Abwässer aus Küche und Bad in einen Garten geleitet werden können.

Zum ersten Mal bauen die Menschen Gemüse an. „Nach 35 Tagen haben wir schon geerntet“, berichtet Lakshmi. Die Basis für eine bessere Ernährung ist gelegt. Dass sie langfristig aufrechterhalten bleibt, dazu tragen die neuen Strukturen zur Selbstverwaltung sowie der enge Austausch mit den lokalen Behörden bei.

Drei Frauen unterhalten sich an einem Tisch, zwei schütteln die Hände
In La Paz kommen Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammen und erarbeiten innovative Ideen und konkrete Vorschläge, um eine erschwingliche und gesunde Ernährung sicherzustellen. © Welthungerhilfe

Bolivien: Zugang zu Märkten und gesunder Ernährung

María Chuquimia baut nahe der bolivianischen Metropole La Paz Gemüse an. Doch ihre Ware gelangt nur unzuverlässig in die Hauptstadt. Sie beklagt: „Wir sind von den städtischen Märkten abgeschnitten, weil die Straßen und Transportsysteme schlecht sind. Und wenn wir die Stadt erreichen, finden wir kaum Plätze, an denen wir unsere Produkte verkaufen können.“

In Bolivien werden gesunde und lokal produzierte Nahrungsmittel immer stärker von industriell verarbeiteten und fettreichen Produkten verdrängt. Gerade ärmere Menschen können sich nur solche leisten. Um bestehende Nahrungsmittelsysteme zu verändern, brachten die Welthungerhilfe und ihr Partner Fundación Alternativas in La Paz Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammen. Gemeinsam haben sie innovative Ideen und konkrete Vorschläge erarbeitet, um eine erschwingliche und gesunde Ernährung sicherzustellen. Auch María Chuquimia sitzt mit am Runden Tisch, um ihre Interessen zu vertreten.

Niger: Gemeinsam stark gegen Klimawandel und Konflikte

In Diffa, einer Region im Südosten des Nigers, leiden die Menschen unter gewaltsamen Konflikten, Klimawandel und daraus entstehender Ernährungsunsicherheit. Einer von ihnen ist Harouna Malam Bélo. Vier Jahre lang konnte der Kleinbauer seine Felder wegen Überflutungen nicht bestellen. Dann schloss er sich mit anderen Betroffenen in einer Kooperative zusammen, um das Recht auf Nahrung gemeinschaftlich zu verwirklichen.

Die Welthungerhilfe holte die lokalen Behörden mit ins Boot, zahlte den Aktiven Löhne für die Instandsetzung stillgelegter Wassersysteme und förderte klimagerechte Techniken im Reis- und Weizenanbau. So konnten die Kooperativen 195 Hektar Ackerfläche reaktivieren, ihre Produktivität erhöhen, Überschüsse in angepasstes Saatgut, Werkzeuge oder Dünger reinvestieren oder zu ermäßigten Preisen an bedürftige Familien verkaufen.

Harouna Malam Bélo ist zufrieden: „Durch das Projekt konnte ich meine Felder wieder urbar machen. Einen Teil der Ernte haben wir selbst verbraucht. Den anderen Teil habe ich verkauft, um Dinge des täglichen Bedarfs zu bezahlen. Vor allem aber habe ich meinen Kindern die Schule ermöglicht.“

Nathalie Demel ist Referentin für Ernährungspolitik bei der Welthungerhilfe. Ihr Text ist zuerst im Welthungerhilfe-Magazin erschienen (Ausgabe 03/2024).

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