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27.08.2024 | Blog

Bleibt das Wasser, bleiben die Menschen

Das Projekt „Zero Hunger Panchayat“ unterstützt Frauen im ländlichen Osten Indiens dabei, staatliche Fördergelder zu beantragen

Frauen in Indien, draußen auf dem Boden sitzend bei einem Beratungsangebot. Sie strecken die Faust Richtung Himmel.
Poonam Kumari, eine Beraterin des Projekts „Zero Hunger Panchayat“, ermutigt Frauen im ländlichen Indien dazu, Förderanträge für die Entwicklung ihres Dorfes zu stellen und hilft ihnen dabei. © Welthungerhilfe
Isha Banerjee Communication Officer Indien

Im indischen Bundesstaat Jharkhand, einem der ärmsten des Landes, können viele Familien nicht mehr von dem leben, was sie in ihren Dörfern erwirtschaften. Viele Männer ziehen monatelang als Wanderarbeiter in andere Regionen oder Nachbarländer. Dabei wären die Chancen auf ein besseres Leben vorhanden. Doch Förderprogramme der Regierung sind insbesondere in abgelegenen Gebieten oft unbekannt. Die Welthungerhilfe setzt mit ihren Partnern vor Ort darauf, diese Lücke zu schließen. 

In Chota Udeekal betreiben alle 72 Familien ausschließlich Regenfeldbau. Wenn die Regenzeit endet, liegen die Felder brach und die Männer verlassen das kleine Dorf, um als Wanderarbeiter zu arbeiten. So auch der Mann von Basanti Haerenj: „Mein Mann ist dann hunderte Kilometer weit entfernt“, erzählt sie. Knapp vier Euro verdient er am Tag. Nicht immer reicht das Geld am Ende des Tages für drei Mahlzeiten. „Ich erzähle meinem Mann nicht einmal die Hälfte dessen, was mich belastet, weil er sich dann Sorgen um uns macht“, sagt sie. „Aber mit wem soll ich über meine Probleme sprechen?“ Das Leben ihrer Kinder ruht im Dorf allein auf den Schultern der Frauen. „Manchmal frage ich mich, wie die Natur die Frauen so stark und widerstandsfähig gemacht hat.“

Frauen im ländlichen Indien bei der Feldarbeit
Viele Monate müssen die Frauen alle Aufgaben im Dorf allein übernehmen. © Welthungerhilfe

Von den rund 36 Millionen Menschen im Bundesstaat Jharkhand leben fast 40 Prozent unterhalb der Armutsgrenze. Rund die Hälfte der Kinder unter fünf Jahren ist untergewichtig, viele von ihnen sind akut mangelernährt. Anfang 2022 begann die Welthungerhilfe deshalb in Kooperation mit drei örtlichen zivilgesellschaftlichen Organisationen ein Projekt für 300.000 armutsgefährdete ländliche Haushalte in zehn Distrikten. Die darin liegenden Dörfer organisieren sich nach dem Konzept des „Panchayati Raj“, dem ältesten System der Kommunalverwaltung in Indien. Übersetzt bedeutet Panchayat „Versammlung von fünf weisen und geachteten Älteren“. 

Das Projekt „Zero Hunger Panchayat“

Obwohl Gemeinschaften die Entwicklung ihrer Dörfer eigenständig vorantreiben möchten, sind sie in der Praxis durch mangelnde Ressourcen und Expertise eingeschränkt. Das Projekt „Zero Hunger Panchayat“ der Welthungerhilfe und ihrer Partner zielt darauf ab, diesen Herausforderungen zu begegnen, indem es den Zugang zu staatlichen Förderprogrammen verbessert, die oft aufgrund von Analphabetismus, digitaler Exklusion und mangelndem Bewusstsein nicht genutzt werden. Das Projekt bildet Dorfbewohner*innen aus, um in Beratungszentren zu helfen, die in den Räumlichkeiten der lokalen Regierung angesiedelt sind, und so die Chancen auf mehr Einkommen, weniger Hunger und mehr Selbstständigkeit zu erhöhen. 

Poonam Kumari spricht mit den Frauen des Dorfes über die Möglichkeiten, angesichts der Dürre Regenwasser für den Anbau zu speichern. © Welthungerhilfe

Verbesserung durch traditionelle Bewässerungssysteme 

Poonam Kumari, eine Beraterin des Projekts, hat erkannt, dass die saisonale Migration in den Dörfern stark durch das Fehlen von Bewässerungsmöglichkeiten in den trockenen Monaten beeinflusst wird. Sie hat daher das Konzept der „Trench-Cum-Bunds“ eingeführt, ein traditionelles System zur Regenwassersammlung, um die landwirtschaftliche Produktivität zu verbessern und den Bodenfeuchtigkeitsgehalt zu erhalten. Dämme und Gräben tragen dazu bei, die Bodenerosion zu verringern, das Wasser bei spärlichen Regenfällen zu stauen und den Grundwasserspiegel zu erhöhen. 

Um das System effizient umzusetzen, braucht es technisches Wissen und finanzielle Mittel. Aus dem Grund hat Poonam die Frauen der Dörfer ermutigt, über die „Gram Sabha“ Förderanträge einzureichen und ihnen dabei geholfen. Dabei sprach sie die Frauen an, die als „bedürftig“ gelten und zur entsprechenden Förderung berechtigt sind.

Zwei Frauen im ländlichen Indien legen einen Wassergraben an
In den neu angelegten Gräben kann sich das Regenwasser für die Bewässerung stauen. © Welthungerhilfe

Die Arbeit des Beratungszentrums hat bereits zu mehr Anträgen auf Förderung und mehr Genehmigungen geführt. Auch Basanti hat eine Finanzierung erhalten und legt nun Schutzwälle an, um Regenwasser zu speichern. Die Dorfgemeinschaft fühlt sich motiviert und gestärkt durch die angestoßene Entwicklung, die allen nutzt. Sie plant, die Arbeiten an den Dämmen und Gräben zum Wassersammeln auszuweiten und investiert in Frühlings- und Sommerfeldfrüchte, was zuvor aufgrund der Trockenheit nicht möglich war.

Erste Erfolge und Zukunftsperspektiven 

Im Jahr 2023 blieben die Brunnen von Basanti und anderen Familien nach dem Regen nicht ausgetrocknet, was die Gemeindemitglieder dazu veranlasste, die Wassersammelanlagen bis ins Tal auszubauen. Basanti plant, im nächsten Jahr tatsächlich Sommerfrüchte anzubauen und träumt von Mangobäumen in der Nähe ihres Brunnens. Sobald drei Erntezyklen pro Jahr möglich sind, werden die Männer nicht mehr zur saisonalen Migration gezwungen sein. Dann, so hofft sie, werden ihr Mann Bir Singh und all die anderen Männer im Dorf und bei ihren Familien bleiben und ein würdiges Leben genießen können.

Dieser Artikel entstand in einem Welthungerhilfe-Training, in dem Vertreter*innen unserer örtlichen Partner gemeinsam erarbeiteten, Interviews zu führen und Projektfortschritte in Form von persönlichen Geschichten zu dokumentieren. Das Projekt wird von den Partnern der Welthungerhilfe „Professional Assistance for Development Action“ (PRADAN) und „PHIA Foundation and Sampurna Gram Vikas Kendra“ (SGVK) umgesetzt. Multi Art Association (MAA) ist unser Konsortialpartner.

Eine erweiterte Fassung dieses Texts ist zuerst im Welthungerhilfe-Magazin erschienen (Ausgabe 01/2024).

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