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16.06.2025 | Meldung

Internationale Klimapolitik in Zeiten schrumpfender Budgets

Erwartungen der Welthungerhilfe an die Klimaverhandlungen in Bonn im Juni 2025

Frauen mit ihren Eseln auf dem Weg zu einer Wasserstelle
Somaliland gehört zu den Regionen der Welt, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind. Regenzeiten werden von immer längeren Trockenzeiten unterbrochen. © Welthungerhilfe
Michael Kühn Team Politik und Außenbeziehungen

Die 62. Sitzungen der Nebenorgane (SB62) der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) finden vom 16. bis 26. Juni 2025 in Bonn statt. Als technisches Vorbereitungstreffen auf die COP30 in Belém (Brasilien) hat auch dieses Treffen zentrale Bedeutung für die internationale Klimapolitik. In einer Zeit wachsender globaler Krisen, schrumpfender öffentlicher Haushalte und zunehmender geopolitischer Spannungen sind ambitionierte, umsetzungsorientierte Ergebnisse wichtiger denn je.

Die Welthungerhilfe erwartet, dass SB62 ein solides Fundament zur Vorbereitung ambitionierter Beschlüsse für die COP30 legt. Sich überlagernde Krisen – darunter Extremwetterereignisse, bewaffnete Konflikte, Handelskrisen und der Rückgang multilateraler Kooperationsfähigkeit – verschärfen die globale Ernährungsunsicherheit massiv. Landwirtschaft und Ernährungssysteme müssen deshalb stärker als bisher in die internationale Klimapolitik integriert werden. Eine nachhaltige Transformation dieser Systeme ist essenziell, um Emissionen zu senken, Klimaanpassung voranzutreiben und Klimagerechtigkeit herzustellen.

Diese Aspekte müssen in die in Bonn zu diskutierenden Arbeitspakete integriert werden:

In die Weiterentwicklung der „Sharm el-Sheikh Joint Work on Implementation of Climate Action on Agriculture and Food Security", in die Baku-to-Belém Roadmap zur Klimafinanzierung, in die Klärung von Modalitäten für die Baku Adaptation Roadmap sowie bei Entscheidungen über das zukünftige Format des Just Transition Workprogramme. Bei dem 2023 ins Leben gerufenen Loss and Damage Fund geht es weiterhin um die praktische Umsetzung. Zu guter Letzt wird es in Bonn auch um die Weiterentwicklung der Struktur für die nächste globale Bestandsaufname (GST) gehen. 

Im Einzelnen:

Forderungen der Welthungerhilfe an die Bundesregierung und andere Verhandlungsparteien:

1. Ambitionierter Klimaschutz zur Einhaltung des 1,5°C-Ziels:

Die Eindämmung der globalen Erwärmung auf 1,5°C ist nicht verhandelbar. Studien belegen, dass bereits bei 2°C Erwärmung gravierende Ernteausfälle in Afrika, Asien und in Lateinamerika drohen. Die Bundesregierung muss sich für ehrgeizige Emissionsminderungspläne, den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und den Ausbau erneuerbarer Energien einsetzen. Die Anwendung von Techniken zur CO2-Entnahmen aus der Luft oder unrealistische Transformationsszenarien (zu schnelle Umstellung) der Landwirtschaft müssen kritisch hinterfragt werden. Waldschutz und Bodenkohlenstoffbindung spielen eine zentrale Rolle und erfordern unter Anerkennung von Rechten, Selbstbestimmung und Wissen indigender Gemeinschaften Unterstützung.


2.  Ausweitung der Klimafinanzierung:

Nötig ist eine deutliche Erhöhung und qualitative Verbesserung der Klimafinanzierung, insbesondere für Anpassung und Resilienz in ländlichen Regionen. Das Minimalziel von 300 Mrd. USD jährlich bis 2035 (wie in Baku vereinbart) darf nicht durch ODA-Kürzungen unterlaufen werden. Vulnerablen und fragilen Staaten muss der Zugang zu Klimafinanzierung gesichert werden. Priorität müssen Zuschüsse statt Kredite haben, um Schuldenkrisen zu vermeiden. Lokale Akteure und zivilgesellschaftliche Organisationen müssen direkten Zugang erhalten. Der Adaptation Fund muss dringend aufgefüllt werden.


3.  Effektive Mittel für Verluste und Schäden:

Es muss sichergestellt werden, dass der Fonds für Verluste und Schäden Mittel direkt und unbürokratisch an betroffene Gemeinschaften bereitstellt – etwa für die Entschädigung zerstörter Ernten oder die Wiederherstellung von Trinkwassersicherung und existenzsichernde Maßnahmen. Nur wenn Ressourcen bei einkommensschwachen Haushalten ankommen, kann Klimagerechtigkeit für hungerbetroffene Regionen erreicht werden.


4.  Nachhaltige Ernährungssysteme fördern:

Klimaresiliente und umweltverträgliche Ernährungssysteme sind ein Schlüssel für Ernährungssicherheit und Klimaschutz. Dazu gehören klimaangepasste Anbaumethoden wie Agroforstwirtschaft, Maßnahmen gegen Lebensmittelverluste und Investitionen in lokale Wertschöpfungsketten. Die Diversifizierung der Landwirtschaft erhöht die Resilienz und schützt die Biodiversität. Es müssen Ernährungssysteme gefördert werden, die nicht das Klima belasten, sondern die Umwelt schützen und Ernährungssicherheit und damit das Recht auf Nahrung gewährleisten.


5.  Partizipation lokaler Gemeinschaften sichern:

Anpassungsmaßnahmen müssen in enger Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren entwickelt werden. Die Welthungerhilfe fordert, dass Kleinbäuer*innen, indigene Gruppen und lokale Organisationen aktiv an Entscheidungsprozessen beteiligt werden. Ihr Wissen und ihre Praktiken sind entscheidend für wirkungsvolle und akzeptierte Lösungen im Kampf gegen Hunger und Klimakrise.


6.  Gerechter Übergang in ländlichen Regionen (Just Transition):

Der Wandel hin zu klimaresilienten und nachhaltigen Agrar- und Ernährungssystemen muss sozial gerecht gestaltet werden. Dafür sind der Ausbau sozialer Sicherungssysteme und neue Einkommensperspektiven in ländlichen Regionen unerlässlich. Menschen, deren Lebensgrundlagen durch den Strukturwandel gefährdet sind, dürfen nicht allein gelassen werden – Kleinbäuer*innen dürfen im Klimaschutzprozess zurückgelassen werden.

Die Welthungerhilfe appelliert an die Bundesregierung, sich auch bei SB62 aktiv für diese Ziele einzusetzen und glaubwürdige, sozial gerechte und wirksame Ergebnisse auf den Weg zu bringen, damit die doppelte Herausforderung von Klimakrise und Hunger wirksam bewältigt werden kann.

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