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09.04.2025 | Blog

Gegen Unterernährung in Somalia: Wenn Väter Teil der Lösung werden

Über 740.000 Menschen leben im somalischen Baidoa in Camps für Vertriebene. Die Unterernährungsrate gerade bei Kindern ist besorgniserregend hoch. Ein Projekt der Welthungerhilfe und ihres Partners GREDO setzt hier vor allem auf die Beteiligung der Väter, damit ihre Kinder gesünder aufwachsen.

Vater, Mutter und zwei junge Kinder sitzen auf einer Decke und schauen fröhlich. Die stillende Mutter hält ein Baby im Schoß.
„Dass ich der Vätergruppe beigetreten bin, hat auch meine Ehe gestärkt“, sagt Landwirt Issak Adan Mohamed, der sich mit neu erworbenem Wissen in einer Vätergruppe deutlich stärker in Gesundheitsfragen seiner Familie einbringen kann. © Welthungerhilfe
Aisha Abdoulrazack Hussein Communication Officer Somalia

Baidoa liegt in der Bay-Region im Süden Somalias. Viele Familien, die hier in Camps untergekommen sind, wurden durch Wetterextreme wie eine anhaltende Dürre gezwungen, ihre Heimat zu verlassen.

Die Ernährungslage in den Camps ist schwierig, hinzu kommen traditionelle kulturelle Hürden. So liegt die Verantwortung für die Ernährung der Kinder oft ausschließlich in den Händen der Mütter – die Väter bleiben außen vor.

Ein ganzheitliches Konzept der Welthungerhilfe und GREDO setzt an diesem Punkt in Baidoa an. Es bezieht nicht nur Mütter und Gesundheitsfachkräfte für eine gesunde Ernährung und das Wohlergehen der Kinder ein, sondern auch die Väter. Im Mittelpunkt des Projekts stehen Workshops, in denen die Eltern Wissen über eine altersgerechte Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern erwerben, zum Beispiel über die wichtige Rolle des Stillens. Zudem werden Themen rund um Schwangerschaft besprochen. Gemeinschaftlich setzen die Eltern in Kochkursen das theoretische Wissen in die Praxis um. Verwendet werden hierbei nur regionale Zutaten.

Issaks Geschichte: „Wir kannten nur die Landwirtschaft“

Einer der Campbewohner ist Issak Adan Mohamed. Seine Heimat liegt im somalischen Distrikt Diinsor, wo er früher Getreide und Gemüse anbaute. Als er durch die Dürre seine gesamte Ernte verlor, zwang der Hunger ihn und seine Familie, Zuflucht im Camp zu suchen. Die Sorge um seine Kinder, die immer schwächer wurden, war groß. Umso mehr weiß er zu schätzen, dass er nun handeln kann.

Rund zwei Dutzend Männer und Frauen sitzen bei einem Ernährungskurs um eine Decke voller frischer Lebensmittel herum. Viele Mütter haben kleine Kinder dabei.
Woraus setzen sich gesunde Mahlzeiten zusammen? Darüber sprechen Väter und Mütter gemeinsam. © Welthungerhilfe

„Vor den Workshops wussten wir Väter nicht viel darüber, wie wir uns um unsere Kinder oder Frauen in Bezug auf die Gesundheit kümmern sollten. Wir kannten nur die Landwirtschaft. Früher dachten wir, dass wir unseren Kindern nach der Geburt Zuckerwasser oder flüssige Asche geben könnten. Jetzt weiß ich, dass Muttermilch das Einzige ist, was ein Neugeborenes in den ersten Monaten braucht.“

Auch sei ihm und anderen Vätern nicht klar gewesen, wie wichtig es ist, Kinder zur Impfung gegen Polio zu bringen, oder dass schwangere Frauen zur regelmäßigen Versorgung in Gesundheitseinrichtungen gehen sollten, ergänzt Issak Adan Mohamed.

Gemeinsames Lernen in Vätergruppen

Neben den gemeinsamen Workshops treffen sich Mütter und Väter jeweils getrennt in einer wöchentlichen Gruppe, tauschen sich aus und erfahren Neues – beispielsweise über angemessene Hygienepraktiken oder darüber, dass Kinder während des Wachstums Mahlzeiten brauchen, die reich an Vitaminen und Mineralstoffen sind.

Drei Männer bei einem Kochkurs, sie sitzen um einen vollen Topf auf dem Herd, einer von ihnen rührt den Inhalt um.
Beim Kochkurs werden auch die Männer aktiv – verwendet werden ausschließlich lokale Zutaten. © Welthungerhilfe

„Wir haben gelernt, dass Kinder nach sechs Monaten speziell für sie zubereitete nahrhafte Lebensmittel wie Kartoffeln oder Getreidebrei erhalten sollten“, erzählt Issak. Das erworbene Wissen verbesserte nicht nur die Gesundheit seiner Familie: „Dass ich der Vätergruppe beigetreten bin, hat auch meine Ehe gestärkt. Wir diskutieren und treffen jetzt gemeinsam Entscheidungen über die Gesundheit und das Wohlergehen unserer Kinder“, berichtet Issak.

Austausch stärkt Familien und Gemeinschaft

Er ist zu einem wichtigen Fürsprecher für bessere Gesundheitspraktiken im Camp geworden. Abdullahi Moalin Muktar, ein weiterer Teilnehmer der Vätergruppe, erzählt: „Seit ich weiß, wie ich den Armumfang meines Kindes mit einem Band messen kann, um Unterernährung frühzeitig zu erkennen, fühle ich mich besser in der Lage, die Gesundheit meines Kindes zu schützen.“

Dass ich der Vätergruppe beigetreten bin, hat auch meine Ehe gestärkt. Wir diskutieren und treffen jetzt gemeinsam Entscheidungen über die Gesundheit und das Wohlergehen unserer Kinder.

Issak Adan Mohamed Teilnehmer der Vätergruppe

Für die Mütter sind die Gruppen zu einem wichtigen Ort der Gemeinschaft geworden. „Der Austausch über unsere Erfahrungen, zum Beispiel zu Stillpraktiken, hat uns stärker und geeinter im Kampf gegen Mangelernährung gemacht“, sagt Nuurto Ibrahim. Sie tritt als Vorsitzende des Camps für die Belange der Bewohner*innen ein.

Das Leben im ostafrikanischen Land Somalia ist geprägt von Armut, bewaffneter Gewalt, politischer Instabilität und Naturkatastrophen.

Damit die erzielten Erfolge nachhaltig bleiben, führen speziell ausgebildete Freiwillige regelmäßige Nachuntersuchungen durch. Sie begleiten Mütter und Kinder, verfolgen Fortschritte und bieten kontinuierliche Unterstützung, wo sie gebraucht wird.

Kultureller Wandel

Indem Mütter, Väter, Gesundheitsfachkräfte und Freiwillige aus der Gemeinschaft zusammenarbeiten, ist ein Geist der kollektiven Verantwortung entstanden. Die Aktivitäten haben einen kulturellen Wandel ausgelöst, bei dem Väter nicht länger passive Beobachter sind, sondern sich aktiv für das Wohlergehen ihrer Kinder einsetzen. „Meine Kinder sind seit Beginn des Projektes gesünder und glücklicher. Wir sehen weniger Krankheiten im Camp, und es fühlt sich an, als wäre mir eine Last von den Schultern genommen worden“, berichtet Nuurto Ibrahim.

Der Wandel ist in ganz Baidoa spürbar: Gesündere Ernährungspraktiken verbreiten sich von Familie zu Familie und tragen dazu bei, die Gemeinschaft widerstandsfähiger zu machen. Trotz der schwierigen Lebensbedingungen schaffen es die Menschen, eine gesündere Zukunft zu gestalten und Herausforderungen gestärkt zu begegnen.

Aisha Abdoulrazack Hussein arbeitet im Team der Welthungerhilfe in Somalia. Ihr Text ist zuerst im Welthungerhilfe-Magazin erschienen (Ausgabe 01/2025).

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