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26.06.2019 | Blog

Klimawandel: Industrieländer müssen handeln

Marlehn Thieme, Präsidentin der Welthungerhilfe fordert: "Klimawandel ist eine Frage der Gerechtigkeit. Wir müssen aktiv dazu beitragen, die wachsende Ungleichheit innerhalb der Gesellschaften und zwischen den Ländern des Nordens und des Südens zu reduzieren."

Marlehn Thieme, Präsidentin der Welthungerhilfe stellt den Jahresbericht 2018 vor.
Marlehn Thieme, Präsidentin der Welthungerhilfe stellt den Jahresbericht 2018 vor. © Maurice Weiss
Marlehn Thieme Präsidentin der Welthungerhilfe

Die Zahl der Hungernden ist in den letzten Jahren wieder angestiegen – aktuell auf 821 Millionen Menschen weltweit. 2017 konnten sich etwa 39 Millionen Menschen aufgrund von Klimaereignissen nicht mehr ausreichend ernähren (Global Report on Food Crises 2018). Die fatale Verbindung zwischen Klimawandel und Welternährung spüren wir als Welthungerhilfe zunehmend in unserer Arbeit. Der Zyklon Idai in Mosambik, Malawi und Simbabwe hat im März 2019 nicht nur Häuser, Schulen und Straßen zerstört, sondern vor allem Felder und damit die Ernten für die kommenden Monate. So verschärfte sich die ohnehin schlechte Ernährungslage. Auch aus anderen Ländern kennen wir den Teufelskreis von Dürren, Abholzung, Überschwemmungen und als Folge Unter- und Mangelernährung.

Pressefoto Marlehn Thieme, Präsidentin Welthungerhilfe, 2018.

Die betroffenen Länder brauchen finanzielle und logistische Unterstützung der Länder, die die Hauptverantwortung für den Klimawandel tragen.

Marlehn Thieme Präsidentin der Welthungerhilfe

Wissenschaftler*innen prognostizieren in den kommenden Jahrzehnten drastische Ernterückgänge, die Ausdehnung von Trockengebieten und abnehmende Fischbestände. Alles eine Folge des weltweiten Anstiegs der Temperaturen. Präventionsmaßnahmen spielen daher eine wichtige Rolle. Frühwarnsysteme, Wetterversicherungen, dürreresistentes Saatgut und innovative Anbaumethoden können Gesellschaften widerstandsfähiger machen. Das können die betroffenen Länder nicht allein bewältigen, sie brauchen finanzielle und logistische Unterstützung der Länder, die die Hauptverantwortung für den Klimawandel tragen.

Jeden Tag spüren die Bewohner*innen der Provinz Ngozi im Norden Burundis die Auswirkungen des Klimawandels. Erdrutsche, Überschwemmungen und Dürren vernichten immer wieder kostbare Ernten. Der Regen wird von Jahr zu Jahr stärker und spült den Boden einfach fort. Gemeinsam mit der Bevölkerung legt die Welthungerhilfe daher Erosionsschutzgräben rund um Felder an. © Christina Felschen
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Yassir Saleh lebte in der Wüstenlandschaft des Red Sea State im Osten des Sudan. In der Hoffnung auf ein besseres Leben zog er an die Küste und nimmt nun an einem Fischereiprojekt der Welthungerhilfe im Regierungsbezirk Agig teil. © Welthungerhilfe
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Ein schwimmendes Beet in einem Welthungerhilfe-Projekt in Bangladesch. Kleinbäuer*innen flechten Flöße aus Bambus und Wasserhyazinthen – auf dem so entstandenen Beet bauen sie dann zum Beispiel Spinat, Okra oder Kartoffeln an. © Welthungerhilfe
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Bewohner*innen der Ortschaft Peshtovar in Tadschikistan bauen einen Wasserkanal mit Haus für eine Wasserturbine. Die Turbine soll die Stromversorgung der Wohnsiedlung erheblich steigern. © Daniel Pilar/Welthungerhilfe
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Somaliland gehört zu den Regionen der Welt, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, sie bedrohen die Lebensgrundlage der Landwirt*innen und Nomad*innen. In der Region Awdal setzt sich die Welthungerhilfe dafür, die Trinkwasserversorgung und die Produktion von Nahrungsmitteln zu verbessern. Hier sind Männer beim Bau eines Damms zu sehen. © Welthungerhilfe
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Die Ärmsten leiden unter Problemen, die reiche Länder verursachen

Die Folgen des Klimawandels treffen weltweit am stärksten die Bevölkerungsgruppen, die am wenigsten dafür verantwortlich sind. Zugespitzt ausgedrückt: Die Ärmsten des Südens tragen die Hauptlast eines Problems, das die reichen Länder des Nordens ausgelöst haben. Sie verfügen kaum über Ressourcen, um Notlagen vorzubeugen oder sie zu kompensieren. Klimawandel ist daher heute vor allem eine Frage der Gerechtigkeit. Wir müssen aktiv dazu beitragen, die wachsende Ungleichheit innerhalb der Gesellschaften und zwischen den Ländern des Nordens und des Südens zu reduzieren. Klimagerechtigkeit funktioniert nur, wenn in allen Bereichen, also in Politik und Wirtschaft, aktiv und grundlegend umgesteuert wird. Das erfordert Mut zur Veränderung.

Die fatale Verbindung zwischen Klimawandel und Welternährung ist auch in der Arbeit der Welthungerhilfe zunehmend spürbar.

Für die Regierungen in unseren Partnerländern bedeutet dies, dass beispielsweise der Abbau von Rohstoffen den Bedürfnissen der vor Ort lebenden Bevölkerungsgruppen gerecht werden muss. Die Wahrung der Menschenrechte muss die Richtschnur ihres Handels sein. Der Anbau von Energiepflanzen für Industrieländer darf nicht das Recht auf Nahrung der Menschen konterkarieren und zur Vertreibung von Menschen führen.

Deutschland ist „Landimporteur“

Deutschland gehört derzeit zu den zehn weltweit größten „landimportierenden“ Staaten. 22 Millionen Hektar Ackerland müssen für unseren Konsum bewirtschaftet werden. Davon werden nur 12 Millionen Hektar durch die Produktion im eigenen Land gedeckt. Den Rest müssen Flächen im Ausland bereitstellen. So beziehen wir zum Beispiel Futtermittel aus Argentinien und Palmöl aus Malaysia und Papua-Neuguinea. Unser Konsumverhalten hat einen hohen Preis und beansprucht Flächen, die nicht mehr für die Versorgung der lokalen Bevölkerung zur Verfügung stehen. Hunger darf nicht die Folge unseres Konsums und unserer Politik sein.

Wir brauchen Mut, Willen – und Taten

Die Unterstützung und Stärkung der Menschen, die vom Klimawandel besonders hart getroffen werden, braucht Rahmenbedingungen, aber vor allem auch Geld.

Der Jahresbericht 2018 zeigt unter anderem, wie die Welthungerhilfe in ihren Projekten die Widerstandskraft gegen den Klimawandel gestärkt hat.

Der Koalitionsvertrag ist eindeutig: Die Ausgaben für Verteidigung und Entwicklungszusammenarbeit sollen im gleichen Verhältnis steigen. Doch die aktuellen Zahlen zeigen in eine andere Richtung: Während laut Kabinettbeschluss die Mittel des BMZ im nächsten Jahr stagnieren, soll der Verteidigungsetat 2020 um etwa 2 Mrd. Euro steigen. Das steht in klarem Widerspruch zu Wort und Willen des Koalitionsvertrages. Wir fordern, dass die Bundesregierung ihre klare Zusage einhält.

Die Industriestaaten haben die Ressourcen und Möglichkeiten den Klimawandel aktiv zu bekämpfen und die wachsende Weltbevölkerung nachhaltig und gesund zu ernähren. Eine Welt ohne Hunger bis 2030 ist möglich. Wir brauchen endlich politische Taten.

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