Alle Infos über unsere Arbeit vor Ort sowie Zahlen und Fakten zum Land.
Unsere Arbeit in Afghanistan geht weiter
Afghanistan befindet sich mitten in einer humanitären Katastrophe. Der Militäreinsatz ist beendet, doch unsere Arbeit geht weiter.
Bereits vor der Machtübernahme der islamistischen Taliban war die humanitäre Lage in Afghanistan dramatisch. Über 19 Millionen haben wegen der verheerenden Kombination aus Dürre, Konflikt und Wirtschaftskrise auf nicht genug zu essen. Besonders betroffen sind 6,8 Millionen Menschen in den nördlichen Provinzen. Es fehlt außerdem an Trinkwasser, medizinischer Versorgung und ausreichend sicheren Unterkünften. Die Vereinten Nationen befürchten, dass die Armutsrate im nächsten Jahr auf 97 Prozent steigt, wenn sich die Versorgungslage nicht verbessert.
Wir wollen und müssen den Menschen jetzt helfen.
Thomas ten Boer Landesdirektor in AfghanistanUnsere Kolleg*innen konnten mittlerweile Bedarfsermittlungen im Norden und Osten des Landes durchführen und dabei wurde eines klar: Die Not ist groß. Was am dringendsten fehlt, sind ausreichend nahrhafte Lebensmittel, Hygiene- und Haushaltsartikel und sichere Unterkünfte. Thomas ten Boer, Landesdirektor der Welthungerhilfe in Afghanistan: „Wir müssen die Menschen jetzt dabei unterstützen, ihre durch Kämpfe zerstörten Häuser wiederaufzubauen. Der Winter hier ist bitterkalt. Bei minus 20 Grad können die Menschen nicht in Zelten oder notdürftigen Behausungen überleben.“ Wir konnten im Norden des Landes schon Lebensmittel- und Hygieneartikel an 3.800 Haushalte verteilen. Auch in Kabul und im Osten Afghanistans konnten jeweils 1.500 weitere Haushalte mit Hygienekits und Lebensmittelpakete versorgt werden. Für die kommenden Wochen sind weitere Hilfsmaßnahmen geplant.
Afghanistan: Meine Flucht aus der Heimat
In unserem Podcast "Welthungerhilfe Direkt" sprechen wir mit einer Kollegin, deren Namen wir zu ihrem Schutz unerwähnt lassen, über das, was sie in Afghanistan erlebt hat. Sie erzählt von ihrem Leben auf der Flucht und Situationen, die sie zu diesem Schritt bewegt haben. Es ist die Geschichte einer starken Frau, die allen Schwierigkeiten zum Trotz ihren Weg gegangen ist.
Viele Menschen in Afghanistan stehen schon jetzt vor dem Nichts
Viele sind schon vor längerer Zeit vor dem anhaltenden Konflikt geflüchtet. „Seit Monaten leben Binnenflüchtlinge in informellen Lagern rund um die Hauptstadt in desaströsen Verhältnissen, zwischen Müllhalden und ohne medizinische Versorgung, stabile Unterkünfte und Schulbildung für die Kinder“, sagt Thomas ten Boer. „Hinzu kommt: Dürren haben Ernten geschädigt, und Häuser von Kleinbäuer*innen wurden durch die Kämpfe zerstört. Wenn diese Menschen jetzt zurückkehren, stehen sie vor dem Nichts.“
Viele Kinder leben allein
Viele Frauen leben allein mit ihren Kindern und sind besonders gefährdet; ihre Männer sind gestorben, in Nachbarländer geflüchtet oder sie sind an Kämpfen beteiligt. Oft haben sie keinerlei Einkommen mehr und je nachdem, was die Taliban anordnen, können sie teilweise ihr Haus nicht ohne männliche Begleitung verlassen. Viele von ihnen wissen nicht, wie sie Lebensmittel bezahlen sollen.
Im Norden Afghanistans in den Provinzen Jawzjan und Samargan haben lokale Mitarbeiter*innen der Welthungerhilfe die Lage in ländlichen Gebieten erkundet. Die Ergebnisse sind erschütternd und zeigen das Ausmaß der Katastrophe. Viele Häuser wurden durch die Kämpfe zerstört, die Mehrheit der Menschen hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Viele Kinder leben ohne jegliche Familienangehörige. Die Dörfer sind sehr abgelegen, oftmals zehn Kilometer bis zum nächsten Markt. Vor allem für alleinstehende Frauen und Kinder ist dies ein enormes Problem.
Nothilfe leisten unter dem Taliban-Regime
Die Welthungerhilfe ist bereits seit 30 Jahren in Afghanistan aktiv und hat auch während der ersten Taliban-Regierung im Land gearbeitet. Mehrere tausend Familien im Osten des Landes haben Nahrungsmittelpakete erhalten. Diese enthalten Lebensmittel wie Mehl, Reis, Öl und Linsen und decken den Bedarf eines Haushaltes für zwei Monate. Im Winter läuft außerdem das Nothilfe-Programm der Welthungerhilfe, bei dem Menschen in verschiedenen Regionen Überlebenshilfe erhalten. Mehrere tausend Haushalte bekommen Hygieneartikel, wie beispielsweise Seife. Darüber hinaus erhalte Familien warme Kleidung und Decken gegen die Kälte.
Die Arbeitsmöglichkeiten für Hilfsorganisationen werden durch das nur eingeschränkt funktionierende Bankensystem beeinträchtigt, das bedeutet wir können keine Überweisungen vornehmen, um zum Beispiel Transporteure zu bezahlen, die Hilfsgüter beschaffen und dort hin transportieren wo sie benötigt werden. Die ökonomische Krise hat auch die Sicherheitslage verschlechtert, die Kriminalität wächst. Die Bedingungen für unsere Arbeit unterscheiden sich zum Teil von einem Landesteil zum anderen, in manchen Landesteilen ist es erlaubt, dass Frauen wieder arbeiten können und zum Teil ist ihre Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt.
Die Rahmenbedingungen, unter denen Hilfe geleistet wird, müssen immer wieder neu verhandelt und die Einhaltung nachgehalten werden. Unabdingbar sind dabei der freie und ungehinderte Zugang zu den Bedürftigen, vor allem auch Zugang zu Frauen, Sicherheitsgarantien für die Helfer*innen und die Neutralität der humanitären Hilfe. Denn entscheidend ist: Unsere Unterstützung muss direkt bei den Menschen ankommen.