Es ist voll in Bidibidi
Ich bin Anfang Dezember ins größte Flüchtlingscamp Ugandas Bidibidi in der Nähe der Stadt Yumbe gereist. In dem Camp im Norden Ugandas leben rund 150.000 Menschen, es ist damit das zweitgrößte Flüchtlingscamp der Welt!
Ein erster Stopp am Wegesrand und gleich kommt eine Gruppe von aufgebrachten südsudanesischen Flüchtlingen auf uns zu: Es gebe seit drei Tagen kein Wasser in den eilig aufgestellten Wassertanks. Kein Wasser zum Trinken, Waschen, Kochen.
Mir wird sofort klar, was diese prekäre Situation für die vor ein paar Tagen und Wochen angekommenen Flüchtlinge bedeutet. Nach Rückfragen durch unseren Projektkoordinator zeigt sich, dass offenbar die Pumpe nicht läuft, die die Tankwagen mit Trinkwasser befüllt. Ein paar Telefonate später kann das Problem behoben werden und das lebensnotwendige Wasser wird wieder fließen.
Die Situation der Flüchtlingsfamilien ist schwierig, aber der heimischen Bevölkerung geht es auch nicht viel besser. Der Norden Ugandas ist jahrzehntelang vernachlässigt worden. Die Regierung legt deshalb großen Wert darauf, dass nicht nur den Flüchtlingen geholfen wird, sondern auch der sogenannten „Host Community“, also den aufnehmenden Gemeinschaften.
Uganda wird nicht umsonst weltweit für seine großzügige Flüchtlingspolitik gelobt. Seit Juli 2016 sind rund 400.000 Flüchtlinge aus dem Südsudan in Uganda angekommen. Zusammen mit Flüchtlingen aus der Demokratischen Republik, Burundi und Somalia bietet Uganda nun mehr als 900.000 Flüchtlingen eine Zuflucht und ist damit noch vor Äthiopien das afrikanische Land mit der größten Flüchtlingsbevölkerung.
Die Welthungerhilfe hat mit Unterstützung des Entwicklungsministeriums (BMZ) als eine der ersten Organisationen damit begonnen, die Trinkwasserversorgung in den Camps zu verbessern. Die Versorgung von so vielen Menschen erfordert allerdings eine koordinierte Vorgehensweise vieler Organisationen unter der Leitung der ugandischen Regierung.
„Soforthilfe ist wichtig. Wir wollen aber selbst in dieser Situation den Menschen Perspektiven aufzeigen.“
Die Welthungerhilfe hat begonnen, ein viel beachtetes Ausbildungszentrum mitten im Camp zu errichten. Das Angebot richtet sich ausdrücklich an die Menschen der Host Community und an die Flüchtlinge. Es werden Ausbildungskurse in den Sparten Schreinerei, Gastronomie, Metall und Bau angeboten. Dazu lernen alle Auszubildenden Grundlagen der Landwirtschaft.
Die jungen Leute schließen die Kurse mit einem Zertifikat, dem sogenannten „Worker’s PAS“, ab. Mit diesem können sie sich bei Unternehmen bewerben. Ein Lichtblick in dieser Gegend, in der es ansonsten kaum Angebote für junge Menschen gibt. Die Jugendlichen, die ich antreffe sind begeistert vom Ausbildungsangebot. Jennifer, die Ausbildungsleiterin für Gastronomie erklärt mir stolz, dass bereits die ersten Absolventen gut bezahlte Jobs in den Hotels der Provinzhauptstadt Arua bekommen haben.
Gemeinsam sparen und Kapital aufbauen
Eine andere Aktivität richtet sich vor allem an Flüchtlinge, denen Land von der Host Community zugewiesen worden ist. Dieses Land möglichst produktiv zu bewirtschaften, um Ernährung und Einkommen zu verbessern, ist Ziel von Peter Jander und seinem Team. Die Welthungerhilfe vermittelt vor allem Kenntnisse, verteilt aber auch Ausrüstungsgegenstände, wie z.B. einfache Tretpumpen, mit denen die Gärten bewässert werden können.
Ein spannendes und gut funktioniertes Modell sind die Spar- und Kreditgruppen. In Gruppen von bis zu 30 Personen lernen die Menschen, sich in Spar- und Kreditgruppen zu organisieren, nach und nach Ersparnisse aufzubauen und diese dann unter sich mit einem Zinssatz zu verleihen. Auf diese Weise vergrößert sich das Kapital nach und nach und es können immer größere Kredite vergeben werden. Die Rückzahlungsquote liegt bei fast 100%! Das Modell funktioniert tatsächlich, auch in einem Flüchtlingscamp. Die meisten der Teilnehmer sind zwar schon länger da, aber auch Neuankömmlinge interessieren sich für dieses Modell.
Dass das Flüchtlingscamp in Bidibidi wieder schrumpft ist leider nicht absehbar, solange der Bürgerkrieg im Nachbarland Südsudan absehbar endet. Mein Vorstandskollege Till Wahnbaeck hat gerade in einem Blog von seiner Reise dorthin berichtet. Weiter südlich in Uganda engagiert sich die Welthungerhilfe mit Spendengeldern aus Deutschland, aber auch mit Mitteln der Bundesregierung und der Europäischen Union, Perspektiven für die Menschen zu schaffen. Ich konnte mich davon überzeugen, dass das Geld ankommt und sinnvoll eingesetzt wird.