Bildung darf nicht warten!
Bildung darf nicht warten!
„Ich möchte meine Kinder zur Schule schicken!“ Werden Menschen in Krisen- und Konfliktgebieten zur ihren größten Bedürfnissen befragt, wird dieser Satz am häufigsten genannt. Warum Bildungsangebote in Krisengebieten so wichtig sind.
Bildung bedeutet Zukunft. In schwierigen Lebenslagen schafft sie Hoffnung auf ein besseres Leben für die junge Generation. Lernräume bieten zudem Stabilität, schaffen Routine und, – ganz wichtig, Schutzzonen für Kinder vor Missbrauch und Ausbeutung. Außerschulische Qualifizierungsmaßnahmen, ein Fokus der Welthungerhilfe, ermöglichen die dringend erforderlichen Perspektiven für Jugendliche und Erwachsene. Aus ihnen erwachsen Beschäftigungsmöglichkeiten und Unternehmertum – der Schlüssel zur Überwindung von Hunger und Armut.
Millionen von Kindern besuchen jahrelang keine Schule
Aktuell können rund 75 Millionen Kinder in Krisen- oder Konfliktgebieten nicht zur Schule gehen. Ihr Bildungsweg ist oft über Jahre unterbrochen. Häufig ist die Rede von der „Verlorenen Generation“. Bei dieser dramatischen Zahl, die durch die global anhaltenden Krisen und Konflikte immer weiter wächst, wird die dringende Notwendigkeit von guten, breitenwirksamen Bildungsangeboten mehr als deutlich. Es wird zunehmend wichtiger, diese als elementaren Teil der humanitären Soforthilfe zu sehen und mit einzuplanen – zusätzlich zur Versorgung der Menschen mit Nahrungsmitteln, Unterkünften, Wasser und Sanitäreinrichtungen. Wir erleben es täglich in unseren Projekten vor Ort etwa in den Krisenregionen Syrien – Türkei – Irak oder im Südsudan.
Bildungsmaßnahmen gehören zur humanitären Soforthilfe – Das Engagement der Welthungerhilfe
Deshalb engagiert sich die Welthungerhilfe u.a. im Südosten der Türkei, indem sie für geflüchtete syrische Kinder den Schultransport organisiert, Schulmahlzeiten und Sprachkurse in Türkisch finanziert oder wo nötig laufende Kosten für den Schulbetrieb oder psychosoziale Betreuung übernimmt. In Syrien und im Irak konnten wir Programme für temporäre Lernzentren und sogenannte Summer Schools / Ferienlager und Begegnungszentren auflegen. Dabei ist uns die Kooperation und Arbeitsteilung mit lokalen Akteuren, anderen, auf Grundbildung spezialisierten Nichtregierungsorganisationen und (supra-)staatlichen Akteuren sehr wichtig.
Reicht der deutsche Beitrag zur Förderung von Bildung in Krisen und Konflikten?
Die Globale Bildungskampagne (GBK), ein Zusammenschluss von Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen wie der Welthungerhilfe, hat nun das Engagement der Bundesregierung in diesem Bereich in einer Studie auf den Prüfstand gestellt und fragt: Wird das richtige und genug für die Bildung von Kindern in Krisen und Konflikten getan?
Die Studie untersucht, welche Mittel die Bundesregierung für die Förderung von Bildung im Konfliktkontext aufwendet und wie gut die verantwortlichen Ressorts dabei zusammenarbeiten. Auf Basis der Analyse von politischem Willen, Planung, Kapazitäten und Rechenschaftslegung der Bundesregierung werden Empfehlungen formuliert. Für die Studie wurden qualitative Interviews mit Fachleuten im Auswärtigen Amt, im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), in der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und in diversen Nichtregierungsorganisationen geführt.
Unsere Forderungen: Bildung von Kindern in Krisen und Konflikten braucht mehr Fokus
- Die deutsche Entwicklungspolitik soll hinsichtlich ihres Bildungs-Engagements kohärent sein: Wenn Bildung tatsächlich ein Schlüsselbereich der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ist, muss dies konsequent umgesetzt werden, auch in der humanitären Hilfe und Übergangshilfe; diese verzahnt humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit.
- Mehr Ehrgeiz bei der Finanzierung! Der deutsche Finanzierungsbeitrag für Bildung soll der Wirtschaftskraft Deutschlands entsprechen.
- Bildung als Querschnittsaufgabe der deutschen Entwicklungszusammenarbeit darf bei der Rechenschaftslegung nicht untergehen.
- Die Bundesregierung soll eine proaktive Rolle bei der Ausgestaltung des „Education Cannot Wait Fonds“ einnehmen. Ziel des Fonds ist es, bis 2030 alle krisenbetroffenen Kinder und Jugendlichen mit sicherer, freier und qualifizierter Bildung zu erreichen.
- Schnittstellenmanagement: In Sachen Bildungs-Engagement braucht es eine engmaschige, institutionalisierte Koordinierung zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem Auswärtigen Amt.
- Das internationale Engagement im Bildungssektor darf dem Aufbau von Parallelstrukturen keinen Vorschub leisten
Rolle des Auswärtigen Amtes klären
Trotz aller im Rahmen der Studie benannten Probleme, erkennen Akteure der humanitären Hilfe wie auch der Übergangshilfe zunehmend die Bedeutung von Bildung in Krisen und Konflikten. Wir fordern, dass die Rolle des Auswärtigen Amtes geklärt wird. Wenn die Verantwortung für Bildungsmaßnahmen ausschließlich im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung verortet ist, kommen Bildungsmaßnahmen für Kinder in Krisen und Konfliktgebieten zu spät. Die betroffenen Menschen selbst – Kinder wie Erwachsene – wünschen sich ein frühes Engagement.
Zur Studie
Die Studie der Globalen Bildungskampagne „Bildung darf nicht warten – Analyse des deutschen Beitrags zur Förderung von Bildung in Krisen und Konflikten“ wird am 29. März 2017 von Claudia Roth, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, in Berlin vorgestellt.
Weitere Informationen zum Thema Bildung in Krisen und Konflikten auf: www.ineesite.org/en/