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03.12.2015 | Blog

Nepal nach dem Beben: Das Benzin wird knapp

In Nepal wird der Treibstoff knapp: Nach dem Erdebeben droht sich die humanitäre Notlage zu verschärfen. Die Welthungerhilfe sucht Auswege.

Ein Platz in Nepal voller Leute
Die Straßen in Nepal sind ungewöhnlich ruhig dieser Tage. Motorisierte Fahrzeuge sieht man kaum. Das Benzin ist knapp. © Daniel Pilar

An die autofreien Sonntage in meinen Kindertagen aufgrund der Benzinkrise der 70er Jahre kann ich mich noch gut erinnern. Auch an die Radler*innen auf deutschen Autobahnen. Ein ähnliches Bild bietet sich derzeit in Nepal, besonders augenfällig in der sonst chronischen von Autos und Mopeds verstopften Hauptstadt Kathmandu. Jetzt überwiegen die Radfahrenden auch hier. Treibstoff ist absolute Mangelware.

Hintergrund sind die seit gut zwei Monaten anhaltenden Proteste der Madhesi- und Tharu-Volksgruppen, Minderheiten im Süden des Landes, der Grenzregion nach Indien. Sie blockieren die Grenzübergänge und lassen kaum noch Transporte ins Land. Sie fühlen sich diskriminiert durch die neue Verfassung, die am 20. September verabschiedet wurde. Ihrer Meinung nach profitieren von ihr vor allem die herrschenden Eliten in Kathmandu. Darüber hinaus befürchten sie weitere Benachteiligung durch die geplante neue, föderale Aufteilung des Landes. In ihren Protesten werden sie von Indien unterstützt, das seinen Einfluss in dem Himalaya-Staat gefährdet sieht.

Nepals Abhängigkeit von Indien ist groß, viele Waren kommen von dort

Die Krise verdeutlicht noch einmal, wie groß die Abhängigkeit vom großen Nachbarn im Süden ist. Benzin, Diesel, Gas zum Kochen, Medikamente, Nahrungsmittel, Waren aller Art kommen aus Indien. Nepal selber hat keine ausreichenden Ressourcen. Die Verknappung insbesondere von Treibstoff, Gas und Medikamenten bedeutet eine dramatische Verschärfung der durch die schweren Erdbeben im April und Mai 2015 bestehenden humanitäre Notlage. Denn nun steht der kalte Winter vor der Tür. Die Regierung war in den vergangenen Wochen vor allem mit sich selbst und dem Konflikt beschäftigt. Der nach den Beben vollmundig angekündigte Wiederaufbau und die finanzielle Unterstützung für die betroffenen Haushalte, für die die internationale Gebergemeinschaft Nepal großzügig Gelder zur Verfügung gestellt hatte, wurden bisher kaum realisiert. Was bisher aufgebaut wurde, haben hauptsächlich Bevölkerung und Hilfsorganisationen gestemmt.

Auch wir und unsere nepalesischen Partnerorganisationen sind von der Treibstoffkrise stark betroffen. Dringend benötigte Hilfsgüter können mangels Treibstoff nicht so schnell wie erhofft in die betroffenen Bergregionen transportiert werden. Dort wird vor allem Baumaterial für Unterkünfte weiterhin benötigt. Aufgrund einer schlechteren Ernte werden mancherorts die Nahrungsmittel knapp.  

Benzinkrise verschärft humanitäre Notlage. Wir suchen nach Auswegen

Das Team der Welthungerhilfe sucht kontinuierlich nach Wegen aus der Misere. Beispielsweise werden für den erdbebensicheren Wiederaufbau der sechs Schulen durch die Welthungerhilfe und ihre Partner überwiegend lokal verfügbare Materialien verbaut. Die müssen gar nicht erst antransportiert werden. Unsere Mitarbeiter*innen bewegen sich in Kathmandu nun auch vor allem mit dem Fahrrad. Die derzeitige Krise hat weitreichende und langfristige Folgen für Nepal und wird die Entwicklung des Landes um viele Jahre zurückwerfen.

Nichtregierungsorganisationen, Rotes Kreuz und UN, kürzlich von oberster Ebene durch den UN Generalsekretär Ban Ki Moon, haben deshalb schon mehrfach an die nepalesische Regierung und die Madhesi-Vertreter*innen appelliert, den Konflikt zu lösen und vor allem die dringend benötigten Warentransporte umgehend wieder ins Land zu lassen.

Doch ein Ende der von der Weltöffentlichkeit bisher kaum wahrgenommenen humanitären Notlage durch die Treibstoffkrise ist leider nicht in Sicht. Die Erdbebenopfer sehen mit Schrecken einem sehr kalten Winter entgegen.

Dieser Artikel wurde von der Welthungerhilfe-Mitarbeiterin Regina Feindt geschrieben, die im Jahr 2015 in Nepal tätig war.

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