Was denkt die Bevölkerung über deutsche Entwicklungspolitik?
Deutschen liegt Hungerbekämpfung am Herzen
Was denken die Deutschen über Entwicklungspolitik? Die Welthungerhilfe hat sie befragt. Neun von zehn Bürgerinnen und Bürgern ist es wichtig oder sogar sehr wichtig, dass der weltweite Hunger bekämpft wird.
Wir erleben zurzeit eine Phase, in der alt Gewohntes in der internationalen Politik ins Wanken zu geraten scheint. Populistische Regime rütteln an den Festen der bisherigen Weltordnung. Multilaterale Abkommen wie etwa das Klimaabkommen oder die Welthandelsordnung geraten ins Wanken. Gleichzeitig erreichen uns immer mehr Nachrichten und Bilder über Umweltkatastrophen und kriegerische Auseinandersetzungen. Bilder von Elend, Flucht und Migration rücken immer näher. Das Schicksal der Menschen in anderen Kontinenten scheint uns mehr anzugehen als bisher angenommen.
Entwicklungspolitik wird in solchen Zeiten wichtiger und nötiger und sollte nicht kurzfristigen innenpolitischen Zielen untergeordnet werden. Diese Überzeugung teilen wir mit einem Großteil der Deutschen Bevölkerung. Das geht aus den Ergebnissen einer aktuellen repräsentativen Studie hervor, die Infratest-dimap für die Deutsche Welthungerhilfe durchgeführt hat. Die Ergebnisse sind ein klarer Auftrag für unsere Arbeit: 84% der Deutschen halten Entwicklungshilfe für wichtig. 39% sind sogar der Meinung, dass der finanzielle Beitrag dafür erhöht werden soll. An oberster Stelle steht für die Deutschen die Bekämpfung von Hunger: 90% halten die Bekämpfung von Hunger weltweit für sehr wichtig oder wichtig.
Bevölkerung zeigt solidarische Haltung
Die neuen UN Angaben zeigen, dass die Zahl der hungernden Menschen weltweit wieder zugenommen hat. 821 Millionen Menschen können sich nicht ausreichend ernähren. Das wollen die Deutschen nicht hinnehmen. Es zeigt sich, dass die Sorgen und Hoffnungen der Deutschen für das Jahr 2030 die realen Herausforderungen wiederspiegeln: Für 2030 wünschen sie sich eine Welt mit guter Bildung (39%), ohne Hunger (34%), mehr Gerechtigkeit zwischen Arm und Reich (33%) sowie eine Welt, in der der Klimawandel verhindert oder zumindest reduziert ist (33%). Diese solidarische Haltung zeigt sich ohne Unterschiede zwischen West- und Ost-Deutschland.
Die Debatte über Flucht und Migration hat die Medien und viele öffentliche Veranstaltungen in den letzten Jahren stark geprägt. Die Zahlen sind in der Tat erschreckend: mehr als 68 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Die deutsche Bevölkerung hat ein gutes Gespür für die Hauptursachen für weltweite Fluchtbewegungen. Über Zweidrittel nannten kriegerische Auseinandersetzungen, gefolgt von Armut und Perspektivlosigkeit, Menschenrechtsverletzungen bzw. Repressionen sowie Hunger als Gründe dafür, warum Menschen ihre Heimat verlassen. Dies deckt sich mit unseren Ergebnissen des Welthunger-Index, indem Flucht und Vertreibung als größte Hungertreiber erkannt werden.
Ein klarer Auftrag an die Bundesregierung
Zur Prävention der weltweiten Flucht möchten 95% der Bevölkerung, dass Deutschland sein Engagement zur Bekämpfung von Hunger und für eine verbesserte Gesundheitsversorgung erhöht oder beibehält, gefolgt vom Engagement für humanitäre Hilfe, Maßnahmen zur Stärkung von Demokratie und Menschenrechten, von Klimaschutz und zur Bekämpfung von Armut. Militärische Hilfen und Auslandseinsätze finden nur vergleichsweise wenig Unterstützung. Nur 11% befürworten eine Erhöhung des militärischen Engagements. Ebenso sind gerade einmal fünf Prozent der Deutschen dafür, dass Deutschland zur Lösung globaler Fragen vorrangig Geld für die Entwicklung von Militär und für Verteidigung ausgeben sollte. Die Prioritäten der Deutschen liegen vielmehr bei Umwelt- und Klimapolitik, humanitäre Hilfe, Entwicklungshilfe und Außenpolitik. Dies ist auch ein klarer Auftrag an die Bundesregierung für die künftigen Haushaltsverhandlungen.
Dieser Text ist als Gastbeitrag im Offenburger Tageblatt erschienen.