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15.06.2018 | Blog

Die Welt wird besser

Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit ist ein Ende des Hungers möglich. Hängt das auch mit Erfolgen der Entwicklungszusammenarbeit zusammen? Ja, sagt Till Wahnbaeck und liefert Gründe dafür.

Lucio Bravo und Willy Miguel Sanchez mit einer Kakaopflanze
Peru, Departamento Pasco: Lucio Bravo, Mitarbeiter des Welthungerhilfe-Partners DESCO, berät den Kakaobauer Willy Miguel Sanchez bei seinen regelmäßigen Besuchen in allen Fragen um den Kakaopflanzenanbau. © Karin Desmarowitz
Dr. Till Wahnbaeck Vorstandsvorsitzender (bis 08/2018)

Bei uns in Deutschland denken viele Menschen, Entwicklungshilfe komme nicht an: zu korrupt die Regime, zu hoch das Bevölkerungswachstum und zu viele Bürgerkriege, die Erfolge wieder zunichtemachen. Und während weltweit 815 Millionen Menschen hungern, wechselt für knapp eine halbe Milliarde US-Dollar ein Gemälde den Besitzer; geht ein Haus in London für 200 Millionen Euro an einen Milliardär und das reichste Prozent der Weltbevölkerung besitzt laut Oxfam mehr Vermögen als der gesamte Rest.

Und trotzdem glaube ich, dass die Welt besser wird. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit ist ein Ende des Hungers realistisch; wir können die Generation sein, die ihn abschafft. Ich habe einmal eine interessante Definition von Optimismus gelesen: Optimist ist nicht, wer glaubt, dass alles gut wird.

Portrait Till Wahnbaeck, Vorstandsvorsitzender der Welthungerhilfe bis 08/2018

Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit ist ein Ende des Hungers realistisch; wir können die Generation sein, die ihn abschafft.

Dr. Till Wahnbaeck Ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Welthungerhilfe

Optimist ist, wer alles dafür tut, dass es gut wird. Optimismus heißt nicht, dass die Welt gut ist. Es heißt, dass sie besser wird. Beides ist richtig: die Welt ist schlecht, und sie wird besser. Oder in den Worten meines Hamburger Gemeindepastors Martin Hofmann: Verzweiflung ist einfach, für Hoffnung muss man sich schon etwas anstrengen.

Die Welt ist besser geworden:

Natürlich ist jedes gestorbene Kind eines zu viel. Jeder Arme ist in einer Welt des Überflusses eigentlich ein Hohn. Aber dennoch: es gibt große Erfolge und Beispiele dafür, dass die Welt besser geworden ist.
 

Erfolge weltweit und trotz des Bevölkerungswachstums

Aber das liege ja nur an der Entwicklung Chinas, und das Bevölkerungswachstum fresse diese Erfolge ohnehin sofort wieder auf – das ist häufig die reflexhafte Antwort auf eine solche Weltsicht. Fakt ist: auch außerhalb von China zeichnet sich ein ähnliches, wenn auch abgeschwächtes Bild ab. Lebten 1981 weltweit 29 Prozent der Bevölkerung in extremer Armut waren dies 2013 rund 12 Prozent und bevor Sie fragen: China ist dabei schon ausgeklammert, sonst wäre der Rückgang von 42 Prozent auf weniger als 11 Prozent noch deutlicher. Der Trend setzt sich fort: heute sind es – mit China –weniger als zehn Prozent.

Und obwohl Bevölkerungswachstum in der Tat eine Herausforderung ist: seit den 1980er Jahren sinken die Geburtenraten weltweit. Der Trend ist überall auf der Welt derselbe: wenn Einkommen steigt und Kinder nicht mehr die einzige Altersvorsorge sind, sinken die Geburtenraten. Wenn weniger Kinder sterben, wächst zunächst die Bevölkerung. Aber nach einigen Jahren sinken die Geburtenraten, es kommt zu einem neuen Gleichgewicht.

Portrait von Anjula Devi, eine von 32 Vertreterinnen in der Women's Federation in Jharkand (Indien)
Anjula Devi aus Dulodih wurde als eine von 32 Frauen in die Women's Federation in Jharkand, (Indien) gewählt. Die Gruppe setzt sich dafür ein, dass arme Dorfbewohner*innen ihre gesetzlich festgeschriebenen Rechte, z.B. auf subventionierten Reis, erhalten. © Christina Felschen/ Welthungerhilfe

Entwicklungszusammenarbeit hat zu Armutsbekämpfung beigetragen

Wo liegen die Gründe für diese Fortschritte? An Menschen, die ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen und Teilhabe einfordern. Aber auch an „entwicklungsorientierten“ Regierungen und funktionierenden Institutionen, die sich die Bekämpfung von Armut auf die Fahnen geschrieben haben. Und genau dabei hat die Entwicklungszusammenarbeit eine wichtige Rolle gespielt und zu diesen Erfolgen beigetragen.

Sie ist zwar kein Allheilmittel und darf nicht mit zu hohen Erwartungen überfrachtet werden. Aber sie wirkt - unter bestimmten Bedingungen.

Zunächst unterscheidet sich Erfolg je nachdem, ob es um Humanitäre Hilfe, Wiederaufbaumaßnahmen oder langfristige Entwicklungszusammenarbeit geht. Für eine Hilfsorganisation ist es in Krisensituationen oberstes Gebot, Leben zu retten. Jedes Kind, das nicht verhungert, ist ein Erfolg unserer Arbeit. Aber unser Ziel ist Hilfe zur Selbsthilfe. Echter und langfristiger Erfolg heißt für uns, wenn sich zum Beispiel die Ernährungssituation verbessert und das auch so bleibt, wenn wir uns zurückziehen.

Positive Wirkungen zeigen sich oft erst nach Jahren. Betrachtet man größere Zeiträume, werden die Erfolge sichtbar. Die Zahl der Hungernden ist nach FAO-Angaben 2016 um 38 Millionen auf 815 Millionen gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Aber: In den letzten dreißig Jahren hat sich der Anteil der Hungernden auf der Welt etwa halbiert.

Zentrale Arbeitsfelder

So strebt die Welthungerhilfe größere soziale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und politische Teilhabe an:

Allerdings ist es gar nicht immer einfach, Erfolge zu messen. Lange wurde nicht systematisch untersucht, welche Wirkung Aktivitäten langfristig haben, also ob sich bspw. nach dem Bau von Brunnen oder Schulen das Leben der Menschen tatsächlich verbessert hat. Das hat sich grundlegend geändert. Seit über 25 Jahren gibt es fünf zentrale Kriterien, an denen sich auch die Welthungerhilfe orientiert und die helfen bei der Vergleichbarkeit verschiedener Programme: z.B. Relevanz (Tun wir das Richtige?), Effizienz (Werden die Ziele wirtschaftlich erreicht?) oder Nachhaltigkeit (Sind die Wirkungen von Dauer?).

Zahlen und Fakten zur Arbeit der Welthungerhilfe im Jahr 2017.

Aber selbst, wenn eine Organisation die besten Programme hat - politische und wirtschaftliche Akteure entscheiden mit über die Wirkung. Entwicklungszusammenarbeit ist dann erfolgreicher, wenn die Rahmenbindungen stimmen. Es braucht bspw. in den Ländern politischen Willen zur Verwirklichung von Entwicklungszielen, die Politik muss sich auf die ärmsten Menschen konzentrieren und diese entlasten, Institutionen wie Steuer- oder Rechtssystem müssen funktionieren und Bürger*innen sich aktiv einbringen und Reformen einfordern.

Nicht nur Veränderungen vor Ort entscheiden über Erfolg von Entwicklungszusammenarbeit. Die Veränderung politischer Rahmenbedingungen auf internationaler Ebene ist nötig, um die eigentlichen Armuts- und Hungerursachen an der Wurzel zu bekämpfen. Ein Erfolg kann hier sein, wenn z.B. EU und Bundesregierung größere Politikkohärenz walten lassen, was Fragen von Handel, Landwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit angeht und so zu einer Verwirklichung des Rechts auf Nahrung beitragen.

Familie beim essen
Die Familie von Adeu (2. v. l.) im Dorf Khaysone, Laos, beim gemeinsamen Essen. © Eva Haeberle/ Welthungerhilfe

Entwicklungshilfe zeigt Erfolge - wenn sich Rahmenbedingungen ändern

Mein Fazit: die Welt ist nicht gut, aber sie wird besser. Entwicklungshilfe wirkt. Aber nur, wenn sich auch die Rahmenbedingungen ändern. Wir brauchen mehr Fairness: zwischen Nord und Süd im Bereich Handel. Zwischen Stadt und Land bei den Investitionen in ländliche Entwicklung, die afrikanische Länder in Höhe von 10 Prozent versprochen hatten und von denen sie noch weit entfernt sind. Zwischen Alt und Jung durch Jobs für die 20 Millionen junge Afrikaner, die jährlich auf den Arbeitsmarkt strömen. Und zwischen Mensch und Umwelt, denn wir im Norden tun so, als gäbe es vier Planeten, statt dem einen, auf dem wir alle leben. Die Antwort auf die Fragen nach Korruption, Bevölkerungswachstum und Leid auf der Welt ist immer die gleiche: Entwicklung.

Unsere Erfolge in Haiti, Indien und Ruanda

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