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19.09.2018 | Blog

Endlich faire Landrechte

Ein Gewinn für die Bürger: Liberias neu überarbeitetes Landrechtsgesetz ist ein großer Schritt in Richtung Frieden und Ernährungssicherheit. Zum ersten Mal gestaltete die Zivilgesellschaft ein Gesetz aktiv mit.

Frauen protestieren für bessere Landrechte und Gleichberechtigung in Liberia.
Frauen protestieren für bessere Landrechte und Gleichberechtigung in Liberia. © Welthungerhilfe

Gute Nachrichten aus Liberia: Die Regierung hat kürzlich eines der progressivsten Landrechtsgesetze Afrikas verabschiedet. Für ein Land, dessen Mehrheit der Bevölkerung abhängig von Landwirtschaft ist, ist dies ein großer Schritt nach vorn in Richtung friedlichem Zusammenleben und Ernährungssicherheit. Bisher durften viele kleinbäuerliche Familien kein eigenes Land besitzen und waren der Willkür korrupter Landbesitzer*innen maßlos ausgesetzt. Einer von ihnen ist Edwin Saye.

Kleinbäuerliche Familien verlieren ihren Lebensunterhalt

Edwin lebt in Kinjor, einer Stadt im Nordwesten des Landes. Landwirt*innen wie er mussten 2.500 Liberianische Dollar (ca. 20 USD) Pacht pro Jahr an sogenannte „Landverwalter*innen“ bezahlen, um ein Stück Land zu bestellen, erzählt Edwin. Keiner der Bäuer*innen kann sich das leisten, doch die Arbeit auf dem Feld ist für sie überlebenswichtig. Einige von ihnen haben daher angefangen, Nahrung im Wald anzubauen. Werden sie dabei erwischt, müssen sie eine noch höhere Summe an Strafe bezahlen, sonst wird ihnen ihre Farm weggenommen.

Edwin Saye mit seinen beiden Kindern.
Edwin Saye mit seinen beiden Kindern in Kinjor, Liberia. © Welthungerhilfe

Wie in vielen anderen Ländern sind unzureichende Landrechte in Liberia Ursache von Konflikten. Landdispute trugen zum verheerenden Bürgerkrieg zwischen 1989 und 2003 bei. Obwohl der Konflikt vor 14 Jahren endete, wurde für die meisten Landbewohner*innen keine gesicherten Landbesitzverhältnisse erreicht. Die Grundbesitzregelungen des Landes spiegeln die lange bestehende Kluft zwischen der städtischen Elite und der indigenen Bevölkerung wider.

Urbane Landrechte unterliegen einem westlichen Gesetzessystem. Ländliche Gemeinschaften – die laut dem Sustainable Development Institut (SDI) aber 85 Prozent der Bevölkerung des Landes ausmachen und größtenteils Landwirtschaft zur Selbstversorgung betreiben – verwenden ihre eigenen Systeme. Für den Großteil der Flächen gibt es jedoch keine Eigentumsurkunden und der Staat besitzt per Gesetz alle nicht durch Landtitel gesicherten Grundstücke. Die Regierung erkennt das Recht der ländlichen Bevölkerung an, dieses Land zu nutzen, aber nicht, es zu besitzen.

Gemeinsam gegen Landraub

Es wird gehofft, dass die neue Landrechtsreform die Ungerechtigkeiten des alten Systems ausgleicht. Bisher verloren viele Liberianer*innen ihr Land durch die Vergabe von Landrechten an fremde Investor*innen. „Wenn ausländische Investor*innen Land kaufen wollten, diskutierten und verhandelten sie nur mit der Regierung und nicht mit den wahren Eigentümern, den Gemeinden“, erklärt Alphonso B. Henries, Vertreter der Civil Society Organization Working Group on Land Rights Reform in Liberia. Gemeinsam mit 50 anderen engagierten Menschen setzte er sich dafür ein, dass das Parlament das neue Gesetz verabschiedet, welches das Leben Tausender Liberianer*innen, wenn nicht sogar aller 4,1 Millionen Bürger*innen erleichtern könnte.

Eine Gruppe von Teilnehmern einer Schulung, mit der die Welthungerhilfe die Landrechtsbewegung in Liberia unterstützt hat.
Eine Gruppe von Teilnehmer*innen einer Schulung, mit der die Welthungerhilfe die Landrechtsbewegung in Liberia unterstützt hat. © Welthungerhilfe

Die Civil Society Organization Working Group on Land Rights Reform in Liberia, die aus mehr als 30 zivilgesellschaftlichen Organisationen besteht, hat in den vergangenen Jahren den Prozess der Landreform unter die Lupe genommen und sich mit Mitgliedern des Senats getroffen, um das Gesetz kritisch zu prüfen und das Ergebnis mitzugestalten. Dank der gemeinsamen Bemühungen mehrerer Gruppen und Institutionen erfüllt das neu verabschiedete Gesetz 95 Prozent ihrer Forderungen, z.B. erfordern alle Land-Lizenzen und -Investitionen jetzt die „freie, vorherige und gut unterrichtete Zustimmung“ der betroffenen Gemeinschaft. Die Welthungerhilfe hat durch ein Landrechte-Projekt den zivilgesellschaftlichen Organisationen Trainings-, Netzwerk-, Advocacy- und Informationskompetenz vermittelt und so zu diesem großen Erfolg beigetragen.

Für Frieden in Liberia

Neben der direkten Beeinträchtigung der Existenzgrundlagen der Menschen hatte das alte Landrechtssystem auch andere Folgen: Je mehr Gemeinschaften aus ihren Lebensbereichen verdrängt wurden und um Land konkurrierten, desto mehr entwickelten sich Konflikte zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen. Der überarbeitete Gesetzesentwurf lässt nun auf eine friedliche Zukunft hoffen. Die nächste Herausforderung ist, das Gesetz in die Praxis umzusetzen und Edwin und vielen anderen zu ihren Landtiteln zu verhelfen.

Ein solcher Erfolg, der einer lebendigen Zivilgesellschaft zu verdanken ist, ist nicht nur eine gute Nachricht für Liberianer*innen, sondern kann auch vielen anderen Nationen als Vorbild beim Kampf für bessere Rechte dienen.

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