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14.10.2009 | Blog

Gender-Müdigkeit? Für mehr Einsatz für die Gleichstellung

Trotz der politischen Verpflichtung einiger Länder wird die Gleichstellung von Frauen und Männern global nicht ausreichend gefördert.

Bärbel Diekmann auf einem Feld in Äthiopien
Bärbel Diekmann auf einem Feld in Äthiopien © Welthungerhilfe
Bärbel Dieckmann Ehemalige Präsidentin Welthungerhilfe

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

bei der Vierten Weltfrauenkonferenz in Peking im Jahr 1995 verpflichteten sich 189 Staaten dazu, die Gleichstellung der Geschlechter in allen Bereichen der Gesellschaft (d.h. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft) zu fördern, die Rechte der Frauen zu schützen, die Armut von Frauen zu bekämpfen, Gewalt gegen Frauen als Menschenrechtsverletzung zu verfolgen und geschlechtsspezifische Unterschiede in der Gesundheitsversorgung und im Bildungssystem abzubauen.

Der Welthunger-Index 2009 unterstreicht, dass die Umsetzung dieser Verpflichtung nicht nur eine rechtliche Verpflichtung gegenüber den benachteiligten Frauen ist. Sondern dass mehr Gleichstellung sich auch gesamtgesellschaftlich positiv auswirkt: Dort wo mehr Chancengleichheit herrscht, wird weniger gehungert. Andere Studien, durchgeführt zum Beispiel in Ägypten und Mosambik, kommen zu folgendem Ergebnis: Dort, wo sichergestellt ist, dass Mütter zumindest einen Grundschulabschluss erreichen, sinkt der Anteil der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze um 33,7 Prozent beziehungsweise um 23,2 Prozent.

Doch weder wissenschaftliche Beweisführung noch Politikverpflichtungen scheinen wirklich zu fruchten: Zwar wurden im Nachklang zu Peking über nationale Umsetzungspläne in einigen Ländern rechtliche Verbesserungen für Frauen erreicht. Doch fast 15 Jahre nach der letzten Weltfrauenkonferenz klafft nach wie vor eine riesige Lücke zwischen rechtlichen Verpflichtungen und deren tatsächlicher Umsetzung.

Warum ist das so? Warum wird ein Aspekt, der ein solches Potenzial hat, Hunger und Armut wirkungsvoll zu bekämpfen, nicht ausreichend beachtet?

Kaum ein Thema ist so viel beforscht und so ausgiebig beschrieben worden wie ‚Gender’ – Geschlechtergerechtigkeit. Doch mit der Menge der verfügbaren Literatur scheint das Desinteresse an Frauenrechten eher gewachsen zu sein. Und in den post-feministischen Ländern des Nordens, die vielfach die Ernährungssicherungspolitiken in den Ländern des Südens beeinflussen, scheint die Überwindung der Geschlechterungerechtigkeit kein vorrangiges Politikziel mehr zu sein. Ist also ‚Gender-Müdigkeit’ Hintergrund der geringen Umsetzungsfortschritte?

Oder sind die sozialen Rollen der Geschlechter vielerorts einfach tiefer verankert als es nach außen sichtbar wird? Die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise lassen dies vermuten: Haushalte in Indien wurden befragt, ob und wenn ja, wie sich die Krise auf die Ernährungssituation der Familienmitglieder auswirkt. Oftmals berichteten Frauen, dass sie die ersten seien, die ihre Nahrungsaufnahme reduzieren, wenn es zu Einkommenseinbrüchen kommt, da das Essen von Ehemann und Kinder Priorität habe.

Scheitert eine wirkungsvollere Bekämpfung von Hunger und Armut also vor allem an schwer aufzubrechenden Traditionen und einer Verinnerlichung von Rollenbildern?

Was meinen Sie?

Viele Grüße,
Ihre Bärbel Dieckmann

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