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10.12.2018 | Blog

Worum es beim „Globalen Migrationspakt“ wirklich geht

Die hitzige, öffentliche Debatte um den „Globalen Migrationspakt“ war gespickt von Missverständnissen und populistischer Scharfmacherei. Nun wird das Abkommen am 10. und 11. Dezember 2018 in Marrakesch verabschiedet. Unser Kollege Ulrich Post schildert, was den Pakt im Kern ausmacht.

Frauen im Flüchtlingscamp Bentiu im Südsudan
Frauen stehen am frühen Morgen an, um Lebensmittel im südsudanesischen Flüchtlingscamp Bentiu zu empfangen. © Stefanie Glinski
Ulrich Post Mitglied im Redaktionsbeirat

Beginnen wir mit drei Feststellungen: Migration ist eine Realität und zwar weltweit. Das ist sie immer schon gewesen. Auch wenn wir es wollten, wir könnten sie nicht verhindern; auch nicht durch Grenzschließungen und eine Aufstockung der Entwicklungshilfe. Aber jeder Versuch, Migration zu gestalten, verdient unsere Unterstützung. Er ist im Interesse der Herkunfts- und Zielländer und vor allem natürlich im Interesse der Migrant*innen selbst.

Zweitens sind Konflikte zwischen Migrant*innen und der eingesessenen Bevölkerung in den Zielländern sehr häufig. Auch die 5,5 Millionen Deutschen, die zwischen 1820 und 1920 in die USA migrierten, konnten davon ein Lied singen. Oder heute die simbabweschen Auswanderer*innen in Südafrika, die Inder*innen in Ostafrika oder oder oder…

Fast immer fürchten sich viele Menschen, die schon länger in den Zuwanderungsländern leben, vor der Begegnung mit dem Fremden, vor einer Verdrängung am Arbeitsmarkt, vor wirtschaftlichen Verlusten, vor ungewollten Veränderungen – vor allem, wenn die Zahl der Zuwander*innen sehr hoch ist und weitgehend irregulär.

Das alles spricht dafür, dass sich die Staaten dieser Welt zusammensetzen und versuchen, Migration regulärer und geordneter zu machen.

Die tödlichste Außengrenze der Welt

Und drittens sind seit 2016 mehr als 10.000 Menschen allein im Mittelmeer ertrunken - bei dem verzweifelten Versuch, mit Hilfe von Schleppern nach Europa zu gelangen. Die EU hat die tödlichste Außengrenze der Welt; eine Tatsache die ethisch und politisch nicht akzeptabel ist. Man muss Migration unbedingt sicherer machen.

Auch deshalb werden Mitte Dezember die Mitglieder der Vereinten Nationen zwei neue internationale Vereinbarungen verabschieden. Am 10. und 11.Dezember in Marrakesch den „Globalen Pakt für sichere, reguläre und geordnete Migration“ und am 17. Dezember in New York den „Globalen Flüchtlingspakt“.

Jesidische Fluechtlinge im Nordirak Yazidi refugees in Northern Iraq
Eine Gruppe jesidischer Flüchtlinge sitzt innerhalb einer Siedlung von Hausrohbauten. © Imke Lass

Vor allem der Migrationspakt hat in einer Reihe von Ländern, auch in Deutschland, für große Aufregung gesorgt; einige Länder wie die USA, Ungarn und Österreich werden ihn nicht unterzeichnen. Vom „Verlust der nationalen Souveränität“ war die Rede, vom „Öffnen der Schleusen für Masseneinwanderung“ oder von einem „trojanischen Pferd“. Mit dem Vertrag hat all dies nichts zu tun, es ging um politische Scharfmacherei und den Versuch, das hochemotionale Thema Einwanderung - trotz abnehmender Flüchtlingszahlen in Deutschland und Europa-  wieder ins öffentliche Gespräch zu bringen. Gleichwohl hat der Deutsche Bundestag Ende November mit einer klaren Mehrheit dem Pakt zugestimmt, wenn auch mit erstaunlichen 153 Gegenstimmen und 141 Enthaltungen. Falschinformationen mögen da eine Rolle gespielt haben, sicher aber auch Wissenslücken.

Für sichere, reguläre und geordnete Migration

Hunger und Vertreibung werden durch Naturkatastrophen verursacht? So einfach ist das nicht. Fehlannahmen über Flucht und Hunger behindern die Bekämpfung der tatsächlichen Ursachen.

Worum es in Wirklichkeit im Migrationspakt geht, verrät schon der Titel, nämlich um „sichere, reguläre und geordnete Migration“. Es geht also um die Gestaltung legaler Migration – und übrigens um die Eindämmung illegaler, irregulärer Migration. Im Gegensatz zur Flüchtlingspolitik, in der es konkrete weltweite Schutzvereinbarungen gibt und ein für deren Einhaltung zuständige UN-Flüchtlingshilfswerk, existiert kein vergleichbares Regelwerk für Migration und auch keine globale oder UN-Migrationsorganisation. Diese Lücke versucht der Migrationspakt in gewisser Weise zu schließen.

Er legt einen starken Schwerpunkt auf den Schutz, die Rechte und bessere Lebens-und Arbeitsbedingungen von Migrant*innen und ihren Familien. Er fordert die Bekämpfung wirtschaftlicher, umweltbezogener und politischer Fluchtursachen und spricht sich für einen „ganzheitlichen, sicheren und koordinierten Grenzschutz“ aus. Die eigentliche Botschaft des Paktes ist nicht, dass alle Migration positiv ist. Sondern, dass Migration eine positive Wirkung entfalten kann, wenn sie sicher, regulär und geordnet stattfindet.

Nur – leider ist der Pakt unverbindlich; die Regierungen können sich daran halten oder auch nicht. Das ist bedauerlich, wir hätten uns deutlich mehr Verbindlichkeit gewünscht. Es ist jetzt Aufgabe auch der Zivilgesellschaften, trotz der Unverbindlichkeit auf die praktische Umsetzung des Paktes zu drängen.

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