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24.01.2017 | Blog

Aus Mossul geflohen – was kommt danach?

Julia Wisniewski, die Leiterin unserer Mossul-Nothilfeprojekte, berichtet im Interview, wie dramatisch die Situation für die Flüchtlinge vor Ort ist und was die Welthungerhilfe unternimmt, um ihnen zu helfen.

Mutter und Kind bei der Ankunft in der Kurdischen Region im Nordirak (RKI).
Mutter und Kind bei der Ankunft in der Kurdischen Region im Nordirak (RKI). © ACTED
Julia Wisniewski Landesbüro Irak (bis 2019)

Die Großoffensive der irakischen Armee und ihrer Verbündeten auf Mossul läuft seit über 100 Tagen. Laut UNHCR sind bereits mehr als 159.000 Menschen geflohen. Zusammen mit weiteren humanitären Hilfsorganisationen hat die Welthungerhilfe ein gemeinsames Statement zur besorgniserregenden Lage veröffentlicht. Wie aber ist die Situation konkret vor Ort?

Wie hilft die Welthungerhilfe den Menschen, die aus Mossul fliehen?

Die Welthungerhilfe unterstützt im Moment hauptsächlich Menschen in den Gebieten, in denen kürzlich noch der so genannte Islamische Staat (IS) herrschte. Viele der dort lebenden Irakerinnen und Iraker wurden durch die Kämpfe zwischen dem IS und der irakischen Armee beziehungsweise den Peschmerga vertrieben und kehren nun zurück. Andere wurden aus Mossul in die umliegenden Dörfer vertrieben. Die Menschen fliehen in ganz unterschiedliche Richtungen. Unsere Hilfe muss daher flexibel sein, so dass wir die Kinder, Frauen und Männer erreichen können, die am meisten Unterstützung benötigen.

Wir verteilen lebenswichtige Nothilfepakete an Rückkehrer und Vertriebene im eigenen Land. Die Pakete enthalten unter anderem Seife und Shampoo, Windeln, Zahnbürsten und Zahnpasta, Küchenutensilien wie Töpfe, Teller und Besteck sowie Decken, Matratzen, Kerosinöfen und Solarlampen. Gemeinsam mit unseren Alliance2015-Partnern People in Need und ACTED arbeiten wir außerdem daran, die Wasserversorgung wiederherzustellen und Notlatrinen zur Verfügung zu stellen. Auch in der Abfallentsorgung engagieren wir uns. Außerdem ist die Einrichtung temporärer Lernzentren für Kinder geplant.

Was sind die größten Herausforderungen, mit denen die Welthungerhilfe vor Ort konfrontiert wird?

Das ist eindeutig der Zugang zu den notleidenden Menschen. Die Gebiete um Mossul werden von unterschiedlichen militärischen Gruppen kontrolliert. Auch die Identifizierung der Menschen, die am dringendsten Hilfe benötigen, ist schwierig. Daher haben wir entsprechende Mitarbeiter eingestellt, die sicherstellen, dass wir auch ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung erreichen, die nicht zu den Verteilungen der Nothilfepakete kommen können. Die Sicherheit unserer eigenen Mitarbeiter ist ebenso eine Herausforderung, da sich die Situation täglich oder sogar stündlich ändern kann. Wir haben deshalb gemeinsam mit unserem Sicherheitsteam genaue Standards und Richtlinien erarbeitet, die eingehalten werden müssen.

In welchem Umfang ist Mossul auf Unterstützung angewiesen?

Die irakische Armee plant im März eine Großoffensive auf den westlichen Teil von Mossul. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass dort sowie in einem nach Tel Afar reichenden Korridor westlich von Mossul rund 750.00 Menschen ausharren, zu denen es keinerlei Zugang gibt. Die Versorgungsrouten in diesen Teil der Stadt sind seit mehr als zwei Monaten geschlossen. Man kann deshalb davon ausgehen, dass Nahrungsmittel, Strom und Wasser immer knapper werden.

Die Welthungerhilfe erwartet, dass in den kommenden Monaten Menschen aus Tel Afar nordwestlich von Mossul in den nördlichen Teil der Provinz Niniveh vertrieben werden, einer Gegend in der die Welthungerhilfe bereits arbeitet und wir dementsprechend Hilfe leisten können. Ein weiterer Faktor, der sich seit Beginn der Militäroperation im Oktober 2016 verändert hat, ist die Anzahl der vertriebenen Menschen. Es kamen weniger Vertriebene als ursprünglich angenommen. Das bedeutet allerdings keinesfalls, dass die Not der Menschen geringer ist, sondern lediglich, dass sich die Militäroperation länger als geplant hinzieht.

Was berichten die Menschen, die aus Mossul geflohen sind?

Die Menschen, mit denen wir reden, haben eigentlich immer ihr gesamtes Hab und Gut, Familienmitglieder, Nachbarn oder Freunde verloren. Viele sind schwer traumatisiert. Sie wurden entführt, gefoltert oder als menschliche Schutzschilder benutzt. Oft mussten sie Teile ihrer Familien auf der Flucht zurücklassen. Die Menschen sorgen sich enorm um ihre eigene Sicherheit und die ihrer Verwandten. Es gibt jedoch auch die Hoffnung auf Rückkehr, sobald sich die Situation verbessert hat. Allerdings ist es unmöglich zu sagen, wann dies der Fall sein wird. Es gibt immer wieder militärische Rückschläge, die die Sicherheit der Menschen in und um Mossul negativ beeinflussen.

Alle Informationen zur Arbeit der Welthungerhilfe im Nordirak auf einem Factsheet

Welthungerhilfe im Nordirak

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