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04.08.2015 | Blog

Unterernährung in Indien

Eine Frau berät ganze Dörfer in Ernährungsfragen – um die Tochter mit Down-Syndrom kümmert sich ihr Mann. Eine Geschichte über eine starke Frau.

Frauen mit ihren Kindern
Oft ist Manasi tagelang von ihrer Familie getrennt. Doch die Arbeit mit den Frauen erfüllt sie sehr. © Silke Wernet

Unermüdlich fährt Dr. Manasi Chakraborty jede Woche im Sundarban-Delta von einem Dorf zum anderen, um Frauen darin zu schulen, wie sie sich und ihre Kinder vor Mangelernährung bewahren können.

Manasi Chakraborty hat einen großen Traum. Sie wünscht sich, dass ihre Tochter Prajna eines Tages selbst für sich sorgen kann. "Und, dass die Menschen gut zu ihr sind." Das klingt zunächst nach einem sehr bescheidenen Wunsch, vor allem für eine Frau wie Manasi. Die 37-Jährige Inderin lebt ein sehr ungewöhnliches Leben: Sie hat in ihrer Heimatstadt Kalkutta Hauswirtschaft und Ernährungswissenschaften studiert, darin auch promoviert. Seit rund dreizehn Jahren arbeitet sie nun für Sri Ramkrishna Ashram als Gesundheits- und Ernährungsberaterin für Frauen in den Sundarbans. Die Sundarbans sind die größten Mangrovenwälder der Erde. Die vielen kleinen Siedlungen und Dörfer sind auf tausenden Inseln im Gangesdelta verteilt.

Frauen als Beraterinnen ihrer Gemeinde

Unermüdlich und oft mehrere Tage lang besucht sie die entlegenen Dörfer. Sie schult die Frauen dieser armen Region darin, wie sie sich und ihre Kinder vor Unterernährung bewahren können. "Wir bilden Multiplikatorinnen aus, die dann Familien in ihren Dörfern in Eigenverantwortung beraten", erklärt Dr. Chakraborty. Langfristig sollen dadurch Frauen und Kinder besser während und nach der Schwangerschaft versorgt werden. Wir bieten außerdem monatliche Vorsorgeuntersuchen und Kochtrainings zu vitaminreicher und ausgewogener Ernährung an. Nur so kann der versteckte Hunger - insbesondere die Fehl- und Mangelernährung bei Säuglingen und Kleinkindern erkannt und ihr gegengewirkt werden. Die Versorgung und Ernährung in den ersten 1.000 Tagen sind für Zukunftschancen von Kindern so entscheidend!

Auch nach der Geburt ihrer Tochter unterstüzte Partha seine Frau dabei weiter als Gesundheitsberaterin zu arbeiten. © Silke Wernet/Welthungerhilfe
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Frauen lernen in Schulungen, ausgewogen für sich und ihre Kinder zu kochen. © Silke Wernet
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Die kleine Prajna ist eine begeisterte Schülerin und sehr stolz auf ihre Schuluniform! © Silke Wernet
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Aus dem traditionellen indischen Frauenverständnis ausbrechen

Ihr Mann hat auch zu ihr gehalten, als sie das traditionelle Frauenverständnis ihrer zukünftigen Schwiegereltern erschütterte mit der Entscheidung, den Job im weit entfernten Ashram in Nimpith anzunehmen. Eine Frau, fern von ihrem Mann und ihren Schwiegereltern, in deren Haus sie seit der Hochzeit lebt? Das kommt in Indien nicht oft vor. Erst recht nicht, wenn es sich um eine Mutter handelt. "Das war eine große Herausforderung für meine Schwiegereltern – auch als wir erfuhren, dass unser Kind anders als andere Baby sein würde", erzählt Manasi. "Sie ist ein ganz besonderes Kind", erklärt sie mit einem kleinen Lächeln. Die Diagnose der Ärzte hieß: Down Syndrom.

Behinderte Menschen und besonders behinderte Mädchen haben es nicht leicht in einem armen und überbevölkerten Land wie Indien. Einem Land, in dem körperlich versehrte Bettler im Dreck der Straße leben und sterben, und noch immer viele weibliche Föten abgetrieben werden, weil die Familien die Kosten für die Mitgift nicht zahlen können oder wollen. Auch ihr Mann, der sonst so stark und souverän ist, hatte in den ersten Monaten nach Prajnas Geburt sehr zu kämpfen. Aber Manasi glaubte an ihre eigene Kraft, an die Liebe zu ihrem Kind und die Unterstützung ihrer beider Familien. Schließlich bedeutet der Name ihrer Tochter "Weisheit". Und niemand hier kann sich inzwischen noch ein Leben ohne Prajna vorstellen, ohne ihr Lachen, ihre Zärtlichkeit. Ihre Großfamilie liebt und verwöhnt sie; auch bei den Festen in der Nachbarschaft gehört sie ganz selbstverständlich dazu.

"Unsere Tochter ist ein Geschenk"

Prajna geht es gut; sie geht sogar in eine reguläre Schule. Und ist dabei ganz furchtbar stolz auf ihre dunkelblaue Schuluniform mit dem gestreiften Blüschen. Auch auf ihre Mutter ist sie stolz: Prajna weiß, wohin Manasi fährt, wenn sie montags um halb fünf Uhr früh das Haus verlässt und sie in der Obhut ihres Vaters, ihrer Großeltern und Tanten zurückbleibt. Oft ist Manasi dann tagelang von ihrer Familie getrennt. Doch die Arbeit mit den Frauen erfüllt sie. Und sie ist stolz auf ihre Erfolge, denn bei den medizinischen Vorsorgeuntersuchungen fällt immer seltener die Diagnose Unterernährung.

Wenn sie einmal ein bisschen Zeit hat, möchte Manasi ein Buch schreiben, einen Ratgeber für andere Eltern in Indien mit Down-Syndrom-Kindern. Sie möchte ihnen Mut machen, ihnen von Prajna erzählen. Wie sie ihr Leben bereichert und wie gut sie sich macht. "Wer weiß", sagt Manasi und lächelt versonnen, "vielleicht übernimmt Prajna ja eines Tages die Apotheke."

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