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21.01.2016 | Blog

Kleine Erfolge gegen Landraub in Kambodscha

Wie schaffen wir Veränderung? Brauchen wir bessere Vorsätze? Die engagierte Welthungerhilfe-Praktikantin Hannah bloggt von ihrer Arbeit in Kambodscha.

Monokulturen Kambodscha
Der Regenwald muss Kautschukplantagen weichen. © Weihermann/JustFilms
Hannah Döttling Online Team

Der WWF lädt zur Blogparade ein, das Thema: Wie schaffen wir Veränderung? Brauchen wir bessere Vorsätze? Unsere engagierte Praktikantin Hannah macht mit und erzählt von ihrer Arbeit in Kambodscha.

Jede große Veränderung beginnt mit einem Vorsatz. Das Ziel der Welthungerhilfe ist es, Hunger und Armut aus der Welt zu schaffen. Das klingt erstmal unmöglich, doch wir arbeiten dran, Schritt für Schritt, und meistens mit Erfolg. Meine Erzählungen aus Kambodscha sollen Mut machen und zeigen, dass das Engagement jedes einzelnen etwas bewirken kann.

Wie muss es sein, wenn dir ALLES genommen wird? Dein Haus, dein Land, deine Heimat. Plötzlich stehst du da, dein Haufen Hab und Gut neben dir. Fragende Augen deiner Kinder, die genau so erstaunt sind wie du, über das brennende Haus vor euch, dass mal euer Zuhause war. Was muss das für ein Gefühl sein, frage ich mich immer wieder, wenn ich Geschichten höre von Landgrabbing-Fällen hier in Kambodscha. Von Bulldozern, die einfach kommen und ein ganzes Dorf platt machen. Die Seen aufschütten und protestierende Anwohner mit einer Flut aus Fäkalien vertreiben. Den Menschen Land ihr wegzunehmen, von dem sie sich und ihre Familie ernähren. Den Wald abholzen und damit spirituelle Werte zerstören. 

Ohne Landtitel keine Chance gegen Landraub

Ich berichte aus Kambodscha, einem Land, das hauptsächlich aus tropischem Regenwald bestand und in den letzten Jahrzehnten verstärkt Opfer massiver Entwaldung wurde. Schuld sind zum einen der Handel von teilweise sehr wertvollem Holz und zum anderen die Anpflanzung von Cash Crop-Plantagen. Steigende Landpreise und Spekulationen haben außerdem in den letzten Jahren zu einer Welle von Landraub geführt (Video-Tipp: Kein Land – Kein Leben). Das geht hier ziemlich einfach: Die wenigsten Bauern besitzen ein Dokument, was beweist, dass das Land wirklich ihnen gehört.

Porträt: Hannah Döttling, Team Communications

Ein Landtitel ist zu teuer, als dass es sich ein einfacher Bauer leisten könnte.

Hannah Döttling

So wird auf Einsicht gehofft, dass die Anbauflächen, die sich schon seit Jahrzehnten im Familienbesitz befinden, nicht weggenommen werden. Leider geschieht genau das Gegenteil, denn landwirtschaftliche Nutzflächen werden im großen Stil in Form von Konzessionen und langfristigen Rechtsverträgen an private Firmen vergeben. Die Bauern haben dagegen kaum eine Chance, wehren sie sich, wird das Land gewaltsam enteignet.

Ausreichend Nahrung trotz weniger Ackerland – wie geht das?

Landlosigkeit betrifft inzwischen jeden fünften kambodschanischen Haushalt. Außerdem gelten 45 Prozent der Haushalte als „land-poor“, das heißt, sie besitzen weniger als einen Hektar Land. Geht diese knappe Anbaufläche auch noch verloren, verschärft das die ohnehin schon ernste Ernährungsproblematik. In der Provinz Ratanakiri, wo 90 Prozent der Bevölkerung indigenen Minderheiten angehören, ist die Lebensgrundlage der selbst angebaute Reis. Jedoch sind die Erträge kaum ausreichend, im Schnitt gibt es im Jahr in vier bis fünf Monaten Versorgungsengpässe. Wenn ich über sowas höre, denke ich immer:

Da muss man doch was tun! Man kann die Menschen doch nicht einfach so ihrem Schicksal überlassen, bloß, weil Macht und Geldgier die Welt beherrschen? Aber wie schaffen wir Veränderung?

Eine kaum zu lösende Frage, denkt man sich. Aber eigentlich gar nicht mal so schwer: Das Wichtigste dabei ist, den Menschen eine Alternative zu geben: In Zusammenarbeit mit unserer lokalen Partnerorganisation CEDAC arbeiten wir daran, dass Kleinbauern mit alternativen Anbaumethoden im Obst- und Gemüseanbau sowie dem Anlegen von Fischteichen nicht nur ausreichend nachhaltige Nahrung erwirtschaften, sondern auch genügend, um ihr Einkommen zu verbessern. In gemeindebasierten Trainings und Workshops lernen sie außerdem mehr über ausgewogene Ernährung und wie sie natürliche Ressourcen nachhaltig nutzen können.

Mit Bambus gegen den Hunger

Schnelle Hilfe erzielen wir mit bereits vorhandenen Ressourcen: Ein wichtiger Rohstoff ist überall im tropischen Wald Kambodschas wie Unkraut zu finden und erstaunt durch seine vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten: Bambus lässt sich sowohl zu Möbelstücken und Körben, als auch eingekocht zu leckeren Gerichten verarbeiten. Eine alternative und nachhaltige Nahrungsquelle, die der Wald in sich birgt. Er zählt im Entwicklungszusammenarbeit-Fachjargon zu den sogenannten „Non-Timber Forest Products“, also zu den anderen forstwirtschaftlichen Erzeugnissen als Holz (Video-Tipp: Mit Reis und Bambus gegen den Hunger).

Aktive Hilfe bei Landdisputen

Das alles hilft zwar, die Ernährungssituation der von Landraub betroffenen Bevölkerung zu verbessern, jedoch bringt ihnen das nicht ihr Land zurück. Seit einigen Jahren arbeitet die Welthungerhilfe daher mit der lokalen Menschenrechtsorganisation LICADHO (Cambodian League for the Promotion and Defense of Human Rights) zusammen, um Opfer von Landraub mit Rechtsbeistand zu unterstützen und sie bereits vorher in ihren Rechten aufzuklären.

In Ratanakiri wurde dafür ein Bürgerzentrum eröffnet. Hier kann sich die lokale Bevölkerung nun über Landrechte informieren und Hilfe finden, sollte sich Jemand in einem Landdisput befinden. Um es gar nicht so weit kommen zu lassen, unterstützen die Welthungerhilfe und CEDAC die Dörfer dabei, einen rechtlichen Landtitel zu erwerben. Erst dann kann ihnen keiner mehr ihr Land wegnehmen. Dies ist jedoch ein langwieriger Prozess und erfordert viel Ausdauer, vor allem auf Dorfebene.

Mein Praktikum bei der Welthungerhilfe in Kambodscha zeigt mir, auf welche Schwierigkeiten man in der Entwicklungszusammenarbeit stößt. Es ist nicht immer einfach und erfordert oft viel Geduld, Kraft und Energie, um etwas Gutes auf der Welt zu bewirken. Aber eines habe ich auch gelernt: Kleine Erfolge können große Veränderungen bewirken!

Ich bleibe daher weiterhin aktiv. Ein kleines Stück immer weiter in Richtung einer Welt frei von Hunger und Armut. Schritt für Schritt. Machst du mit?

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