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07.12.2015 | Blog

Hinter den Kulissen der Klimakonferenz in Paris

Auch wenn die Verhandlungen am Klimaabkommen hinter verschlossenen Türen stattfinden, ist die öffentliche Meinung doch ein wesentlicher Faktor.

Der Stand von Indien auf der Klimakonferenz Paris
So präsentiert sich Indien auf der Klimakonferenz Paris.
Andrea Crasselt Team Communications (bis 2012)

Man hört ihn, sobald man um die Ecke biegt. Der indische Pavillon hier auf der Klimakonferenz in Paris ist als Erlebnis für alle Sinne angelegt. Auf einen etwa drei Meter breiten Wasservorhang werden die Worte „India“, „COP21“, „Paris“, „Energy“ und „Wind“ projiziert. Sie fallen wie über einen Wasserfall in ein Bassin. Dahinter ist ein Banyan-Baum aufgebaut, der in Indien üblicherweise das Zentrum eines Dorfes darstellt. “Indien möchte seine Botschaft über das Wasser übertragen”, sagt mir ein Mitarbeiter, der mir das Konzept erklärt.

Auf großen Bildschirmen und Computer Tablets wird erläutert, unter welchen Probleme Indien als Folge des Klimawandels leidet: Hitzeperioden, Ernteausfälle, verdorbenes Saatgut. Immer wieder geht es ums Wasser. 92 Millionen Menschen in Indien haben keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser zeigt eine interaktive Grafik.  Viele Besucher*innen bleiben beeindruckt vor der Fontäne stehen und versuchen ein Foto mit einem COP21 Logo in Regenform zu schießen. Indien hat mit seinem Konzept eines der Symbole der Weltklimakonferenz geschaffen. Und eben das wollte die indische Delegation erreichen.

Das  Konferenzgelände ist wie eine riesige Messe angelegt und ich bin erst einmal überrascht, dass selbst Wirtschaftsunternehmen wie Facebook und Unilever die Klimarettung nutzen, um bei der Konferenz ihr Unternehmen zu präsentieren. Auch die einzelnen Länderdelegationen sind hier auf dem Gelände untergebracht.

Fast alle Delegationen auf der Weltklimakonferenz haben Pavillons eingerichtet

Sie erfüllen zwei wichtige Aufgaben. Sie sind der Rückzugsort für die Delegationen. Hier feilen sie an ihren Positionen und verabreden sich mit anderen Unterhändlern zu wichtigen Gesprächen. Hier versuchen sie allerdings auch für ihre Positionen zu werben – gegenüber den 3.000 Medienvertreter*innen und den 14.000 Vertreter*innen von Nichtregierungsorganisationen, die die Verhandlungen begleiten.

Deutlich wird das etwa am deutschen Pavillon. Hier finden den ganzen Tag über hochrangige Diskussionsrunden statt. So etwa am vergangenen Samstag. Da diskutierten Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, der parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerministerium für Entwicklungshilfe Thomas Silberhorn sowie der peruanische Umweltminister Pulgar Vidal mit hochrangigen Vertreter*innen unter dem auf allen Wänden plakatierten Slogan “Below 2 degree C – together we will make it!”

Die meisten Länder allerdings haben sich sehr spartanisch eingerichtet: In einfachen Boxen aus Spanplatten, die wie Legosteinchen in die Hunderte Meter langen Messehallen drei und zwei von Le Bourget geworfen wurden.

Wie präsentieren sich Keyplayer wie China und Russland?

Selbst Key Player wie China und Russland haben ihre Events in diesen schlichten Boxen untergebracht. China, das kürzlich verkündete, dass es spätestens 2030 den Höhepunkt seiner CO2-Emissionen erreichen will, setzt vor allem auf Information. Am Eingang ist ein langer Tisch mit dutzenden Broschüren aufgestellt, die etwa über Erfolge in der Kontrolle von CO2 Gasen berichten. Große Plakate weisen auf den Low-Carbon City Day am heutigen Montag in Zhenjiang hin.

Die USA wagt einen opulenteren Auftritt mit einer großen Weltkugel, die den weltweiten Temperaturanstieg nachzeichnet. Fast im Stundentakt finden hier Informationsveranstaltungen statt. Präsident Obama ist auf einer Stellwand verewigt: If we make our best efforts to protect this planet for future generations, we can solve this problem.”

Viele Staaten tun sich auch zusammen, um gemeinsam ihre Positionen zu präsentieren. Die Afrikanische Union etwa, die 54 Staaten vertritt. Man sei nicht als Bittsteller nach Paris gereist, sagte Yayi Boni, Präsident von Benin, bei der Eröffnung des Pavillons am Freitag.

Man wollte nicht um Geld bitten, sondern um Verständnis für die afrikanischen Positionen.

Yayi Boni, Präsident von Benin

100 Veranstaltungen halten die Afrikaner*innen zu diesem Zweck an ihrem Stand ab. Carlos Lopes, Generalsekretär der Economic Commission for Africa (ECA), sagt: “Afrika spielt eine Schlüsselrolle in den weltweiten Klimaverhandlungen. Seit 2006 arbeiten die afrikanischen Verhandlungsführer sehr hart, nun müssen sie Wege finden ihre Leistungsfähigkeit als Block zu stärken.”

Auch Indien möchte auf seine Lage aufmerksam machen. Nicht ohne Grund hat das Land das Thema Wasser in den Fokus gerückt. Der Monsun, der über Jahrtausende hinweg der natürliche und vorhersehbare Motor der Landwirtschaft gewesen war, ist in den vergangenen Jahren unkalkulierbar geworden. Der Lebensspender wird immer häufiger zu einer Gefahr für das Land.

Indien gehört zu den größten Opfern des Klimawandels

„Indien hat erkannt, dass Klimawandel einen starken Einfluss auf das Land hat und Indien sehr anfällig gegenüber seinen Auswirkungen ist” sagt mir Kartikeya Sarabhai, Direktor des Centre for Environment Education in Ahmedabad. Der Subkontinent will auf Solarenergie setzen, auf erneuerbare Energien allgemein und eine Dezentralisierung der Energieproduktion, sagt Sarabhai. Das von ihm geleitete Centre for Environment Education verfügt über ein Netzwerk von 40 Büros in Indien und gibt Unterrichtsmaterialien für den besseren Umgang und die Anpassung an Klimaveränderungen heraus.

Andere Länder, die auch von den Folgen des Klimawandels betroffen sind, können sich einen ähnlich opulenten Auftritt nicht leisten. Die Marshall Islands etwa, deren 72.000 Einwohner*innen auf 29 Pazifikatolle verteilt sind, haben zur Dekoration aus Bast geflochtene Meeresschildkröten an die Außenwand gehängt. Grüne Meeresschildkröten sind eine bedrohte Tierart, auf den Inseln wird viel zu ihrem Schutz getan. Das Land liegt auf der Rangliste der ärmsten Staaten, gemessen an der Wirtschaftsleistung pro Kopf, auf Rang 147 von 187. Eine starke Stimme haben die Inseln auf der Konferenz trotzdem: erst letzte Woche hat Außenminister Tony de Brum und das Volk der Marshallinseln den alternativen Nobelpreis für deren Vision erhalten, mit rechtlichen Mitteln gegen die Atommächte vorzugehen, weil diese ihren Abrüstungsverpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag nicht nachkommen.

De Brum zog vor dem internationalen Gerichtshof und vor einem Gericht in Kalifornien, um es mit der US-Regierung aufzunehmen. 2014 klagte er und geht demnächst in die nächste Instanz. Der Außenminister des Inselstaats hatte die Atomtests des amerikanischen Militärs in seiner Heimat selbst erlebt. Jetzt gehen die Marshall Inseln die nächste Herausforderung an: den Kampf gegen den globalen Klimawandel.

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