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21.12.2009 | Blog

Klimawandel in Kenia

Die Bauern des Kamba-Stammes blicken sorgenvoll in die Zukunft

Mehrere Bauern des Kamba-Stammes schauen in Richtung Kamera.
Warum wird nicht mehr getan für diese von Dürre und Armut geplagten Menschen? Warum? © Krebber
Iris Krebber Landesbüro Kenia (bis 2010)

Kurz vor Weihnachten habe ich mich noch einmal aufgemacht nach Makueni in Südostkenia. Diese generell sehr trockene Region ist seit mehreren Jahren von einer schlimmen Dürre betroffen. Dort leben neben den Elefanten, Büffeln und Löwen des weltbekannten Tsavo-Nationalparks vor allem die zumeist vergessenen, chronisch armen Bäuer*innen des Kamba-Stammes – über eine Million sind es inzwischen allein in diesem Distrikt. Eigentlich ist jetzt Regenzeit und alles sollte besser werden…

Vor fast neun Jahren kam ich zum ersten Mal in diese Region am Fusse des Kilimandscharo. Damals erinnerte der riesige Berg mit seiner Schneekuppe noch an den berühmten Film nach dem Buch von Ernest Hemingway. Schon damals war die Region extrem trocken, und Dürren waren für die lokale Bevölkerung nichts Unbekanntes. Jetzt ist die Situation aber trotzdem ganz anders. Die weltbekannte Schneekuppe des Kilimandscharo gibt es nicht mehr; sie ist weggeschmolzen. Flüsse, die am Anfang dieses Jahrzehnts noch Wasser führten, sind nicht mehr da. Zumindest fliesst kein Wasser mehr. Auch jetzt – mitten in der Hauptregenzeit – regnet es kaum, und die Landwirt*innen schauen schon wieder ganz besorgt zum Himmel. Wenn es hier nicht schleunigst einige Tage lang ausgiebig regnet, werden die Erwartungen auf eine Ernte und auf ein baldiges Ende des auch für die Armen peinlichen Hungers und auf ein bisschen mehr Selbstrespekt dieses Jahr an Weihnachten erneut enttäuscht. Auf den Äckern wächst nur noch alle fünf Jahre etwas, das die bäuerlichen Haushalte für ein paar Monate mehr schlecht als recht über Wasser hält.

Schon damals, als ich zum ersten Mal herkam, waren die Menschen furchtbar arm. Jetzt sind sie fast komplett verelendet. Viele Menschen haben die Hoffnung fast verloren – wie sollen sie sich nur jemals aus ihrer Armut befreien, wenn alle Umweltbedingungen sich so schnell verschlechtern und sie keinerlei Einfluss darauf haben?! Der Klimawandel schreitet voran – mit immer mehr Problemen für die Wasserversorgung, aber auch für die selbständige Ernährungssicherung. Und auch wenn es inzwischen viele nachweislich funktionierende Lösungsansätze gibt, wird nicht schnell genug geholfen.

Und heute kann niemand mehr sagen, dass wir es nicht besser wüssten! Warum also wird nicht mehr getan, um diesen Menschen bei ihren zunehmend verzweifelten und immer wieder bewundernswerten Anstrengungen zu helfen, sich ein besseres, menschenwürdigeres Leben aufzubauen? Weshalb beschäftigen uns gefallene Aktienkurse und die neue Frühlingsmode eigentlich mehr als das Leid und immer mehr auch der sinnlose Tod von Menschen, die das Los, in das sie hineingeboren wurden, nicht verdienen? Weil das alles so weit weg und unvorstellbar ist? Wir leben im Internetzeitalter, und was wir wissen wollen, können wir auch wissen – zumindest im reichen Westen. Wir müssen uns nicht einmal mehr in den Flieger setzen, um manche Dinge direkt vor Augen zu haben.

Alle diese Fragen stelle ich mir wie so oft auf der knapp dreistündigen Fahrt in unser Projektbüro. Es ist in der Kleinstadt Makindu gelegen, mitten in dem Gebiet, wo wir derzeit mit Spendenmitteln sowie großzügigen Finanzierungen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) und des Auswärtigen Amtes sog. „Food for Work“-Maßnahmen durchführen. Mit ihrer Hilfe arbeiten dürrebetroffene Haushalte am Bau von Brunnen, ländlichen Wasserleitungen, Regenwasserauffangeinrichtungen, Wasserspeichertanks und erstellen Terrassen, um die Erosion auf den Feldern zu reduzieren. Im Ausgleich für ihre Arbeitsleistung bekommen sie Nahrungsmittel. Diejenigen, welche aufgrund von Alter, Krankheit, körperlicher Behinderung usw. nicht arbeiten können, bekommen ihre Lebensmittelrationen ohne eigene Arbeitsleistung. Natürlich haben sie später auch am Ergebnis der Arbeiten der gesünderen und oft jüngeren Gemeindemitglieder teil. Das sind vor allem eine verbesserte Trinkwasserversorgung, gestärkter Ressourcenschutz und solidere Marktzugangswege.

Ich freue mich zu sehen, wie unser emsiges Team in kurzer Zeit mit den für die Hilfe sehr dankbaren Menschen so viel auf die Beine gestellt hat. Allein in der Trinkwasserversorgung wird es nach nur wenigen Monaten immerhin 13 geschützte Brunnen, vier verbesserte Dämme, einen Felsregenfang, 23 Kilometer weiterer ländlicher Wasserleitungen mit acht Verkaufskiosken und vier Speichertanks geben, die nach ihrer Fertigstellung in das Eigentum ihrer Nutznießer übergehen und von ihnen selbst bewirtschaftet werden. All das wird von den Gemeinden selbst gebaut. Allein an einem Damm arbeiten beispielsweise bis zu 450 Menschen gleichzeitig. Da wird gegraben, geschaufelt und geschleppt, was das Zeug hält; alles unter fachlicher Betreuung der Welthungerhilfe-MitarbeiterInnen und unterstützt durch Baumaterialien, die sich die armen Zielgruppen allein niemals leisten könnten. Gleichzeitig werden 32.000 extrem von der Notlage betroffene Menschen mit Nahrungsmitteln versorgt, die ihnen dabei helfen, in Zeiten einer schlimmen Dürre eine halbwegs ausgewogene Ernährung aufrecht zu erhalten.

Es macht mich sehr traurig, wenn ich mich in dem maroden Gebiet umschaue, in dem wir den Menschen dabei helfen, ihren Hunger heute und hoffentlich auch in der Zukunft zu bekämpfen. Hier tut sich leider weniger als je zuvor, und mehr Menschen hungern als noch vor Jahren. Denn das Geld für die Hilfe reicht in diesem Jahr hinten und vorne nicht, um all die Opfer der schlimmen Dürrenotlage zu versorgen. In einer der schlimmsten Notlagen seit Jahrzehnten fehlt es mehr denn je an den finanziellen Verpflichtungen derer, die so viel mehr haben und die sich vor gar nicht so vielen Jahren darauf verständigt haben, bis 2015 den Hunger in der Welt zu halbieren. Viele Menschen berichten mir, dass sie im September zum letzten Mal überhaupt etwas zu essen bekommen hätten, das nicht von der Welthungerhilfe kam. Und das, was sie im September bekamen, war die verspätete, fest zugesagte Versorgung für den Juli.

Ich weiß nicht, wie es den Kamba-Landwirt*innen geht, aber ich kann meinen Magen nicht so einfach für zwei Monate vertrösten, wenn ich Hunger habe. Die bereits bestehenden Folgen des Klimawandels können wir nicht ungeschehen machen. Aber wir können dabei helfen, den betroffenen Menschen eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

Ein ruhiges und besonnenes Weihnachtsfest wünscht

Ihre Iris Krebber aus Kenia

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