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13.08.2015 | Blog

Kongo: Frauen suchen Schutz und Hilfe gegen die Gewalt

Im Osten der Demokratischen Republik Kongo sind Gewalt und Vergewaltigungen an der Tagesordnung. Bei FEPSI erhalten Frauen Hilfe.

Frauen warten auf Behandlung im Fepsi Krankenhaus
Drei Frauen warten im Flur des Fepsi Krankenhauses im Kongo darauf, behandelt zu werden. © Andreas Herzau

Izelte Kavira dreht die Schleife ihres Kleides unablässig in der Hand. Die Schleife ist so farbenfroh wie das Kleid mit dem großen gelbvioletten Muster. Dazu trägt die 17-jährige Kongolesin einen passenden, adrett geknoteten orangegelben Kopfschmuck. Schwarz ist die Geschichte, die Izelte mit monotoner Stimme erzählt, als habe sie jedes Gefühl zu ihren Erinnerungen vergessen. Ihr einjähriger Sohn sei ein Lichtblick: "Ich liebe ihn, er ist mein Kind". Es hat allerdings eine Weile gedauert, bis sie ihn lieben konnte. Eli kam zur Welt, nachdem Izelte Kavira von drei Milizionären vergewaltigt worden war. Immer wieder. Von Milizionären, die ihre Eltern vor ihren Augen getötet hatten.

Dass sie jetzt überhaupt davon erzählen kann, wenn auch nur mit emotionsloser Stimme, als spräche sie über eine andere Person, verdankt sie den Mitarbeiterinnen von FEPSI, den "Frauen für die Förderung ganzheitlicher Gesundheit". Die kongolesische Organisation unterstützt Überlebende sexueller Gewalt, von denen es viele gibt in Izeltes Heimatregion, dem Osten der demokratischen Republik Kongo. Kongolesinnen gründeten FEPSI im Jahr 2000, "weil wir der Not der Überlebenden nicht länger tatenlos zusehen wollten", wie die Krankenschwester Marie-Dolorose Masika Kafanya sagt.

Für den Kongo spenden

Izelte kochte gerade Reis, als die Milliozionäre in ihre Hütte kamen

Seit 2007 wird die Organisation von der Welthungerhilfe unterstützt. Für FEPSI arbeitet auch die Krankenschwester Vivienne Esperance Masika, die den kleinen Eli gerade auf dem Arm hat. Izelte erzählt ihr mit starrem Gesicht ihre Geschichte, den Blick ins Unbestimmte gerichtet: An einem Tag im Juni 2013 saß sie in der Hütte ihrer Familie in Kamango, einem Dorf, gut 50 Kilometer von der Stadt Beni entfernt. Sie kochte gerade Reis für das Abendessen, als plötzlich drei bewaffnete Männer auftauchten. Die drei trugen keine Uniformen, sondern weiße Gewänder. Derart gekleidete Milizionäre haben den Ruf zur Miliz Allianz der demokratischen Kräfte, kurz: ADF-Nalu, zu gehören, einer islamistischen Gruppe aus dem Nachbarland Uganda.

Nachdem sie Geld und Telefone aus der Hütte gestohlen hatten, trieben die Milizionäre Izelte mit ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder Ezichiel in den Wald. "In den vergangenen Tagen waren sie mehrfach im Dorf gewesen, hatten insgesamt 30 Menschen mit Macheten getötet", erzählt Izelte. Sie hatte die verstümmelten Leichen gesehen. Massaker wie diese werden seit Herbst 2014 verstärkt in der Region Beni verübt.

Izelte und ihre Familie ahnten also, was beim Auftauchen der Bewaffneten in ihrer Hütte auf sie zukommen würde. Izelte musste zusehen, wie die Rebellen erst ihren Vater erstachen, dann ihre Mutter erschossen. Noch während sie davon wie erstarrt war, wurde sie von den drei Bewaffneten vergewaltigt. Gehen konnte sie anschließend nur noch, "weil ich mich dazu zwang". Einen Monat lang war sie unterwegs, aß wilde Bananen und trank aus Bächen. Ihr jüngerer Bruder überlebte die Anstrengung nicht. "Ich habe seinen Leichnam mit Blättern bedeckt und bin weitergegangen". 

Medizinische und psychologische Betreuung sowie juristische Hilfe für die Opfer

Der Gedanke, der sie weiterlaufen ließ: Dass in dem Ort Butembo noch eine Tante lebte. Als sie Butembo an einem Abend im Juli 2013 tatsächlich erreichte, brachte jemand sie zu FEPSI. "Sie war unglaublich schmutzig", erzählt die Krankenschwester Vivienne Esperance Masika. "Ihre Füße waren blutig und geschwollen. Wir gaben ihr als erstes ein Bett." Masika, die psychologisch geschult ist, ermunterte Izelte in den kommenden Wochen zum Reden, hörte ihr zu. "Sie haben mich behandelt, wie mich auch meine Eltern behandelt hätten", sagt Izelte im Rückblick. 

Bei FEPSI werden sie und andere Überlebende nicht nur medizinisch betreut, sondern auch juristisch beraten. Außerdem bekommen sie Hilfe beim wirtschaftlichen Neustart. Izelte Kavira ist zutiefst dankbar für die Unterstützung, die sie bekam. Inzwischen wagt sie Gedanken an die Zukunft. Sie möchte weiterlernen und Wirtschaftsinformatikerin werden. Auch für Eli hat sie einen Wunsch: "Ich hoffe, dass er später in die Schule gehen kann."

Dieser Beitrag von Bettina Rühl erschien in Originallänge in der Welternährung 2/2016

Die Welthungerhilfe arbeitet gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt in der DR Kongo.

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