Mutige Bauern in Kenia
Hungerkrise und Klimawandel zwingen die Menschen, neue Wege zu gehen
Liebe Leserinnen und Leser,
meine Reise führt mich weiter in den Distrikt Makueni, nur ein paar Kilometer vom Amboseli Nationalpark entfernt. Auch hier herrscht Trockenheit. Hier leben keine Massai sondern Kamba, sesshafte Bauernfamilien, deren Ländereien in der Trockenzeit nichts mehr produzieren. Und zwar schon seit über fünf Erntezeiten! Die Kornspeicher sind leer, die Saatbanken – und nicht zuletzt die Mägen der Menschen. Wie in Kajiado werden nun auch hier mithilfe der Welthungerhilfe die Wasserreservoirs repariert, Dächer der Schulgebäude fürs Sammeln von Regenwasser hergerichtet und flache Brunnen wieder hergestellt.
Bei den so traditionsbewussten Landwirt*innen von Makindu tut sich Bemerkenswertes: Der für diese Gegend ertragsarme Maisanbau wird von ihnen selbst in Frage gestellt. Und sie sind offen für die Anpflanzung für widerstandsfähigere Sorten wie Hirse oder Bohnen. Das heißt Umstellung der Essensgewohnheiten zum Besseren, denn der hier übliche Maisbrei ist alles andere als nahrhaft. Nun werden die dürren Felder in mühsamer Handarbeit terrassiert, um das knappe Gut Regenwasser optimal auf den Feldern zu speichern – wenn die kurze Regenzeit denn endlich kommt. Selbst für kleine Bananenplantagen soll es reichen, die Schösslinge sind bereits in kleine Kuhlen gesetzt. All das ist neu und mutig, die Bäuer*innen von Makindu werden innovativ und fortschrittlich dank des Drucks der Hungerkrise. Aber auch dank der Möglichkeiten, die sich durch unsere Unterstützung auftun.
Justin Kerugi ist ein solch progressiver Bauer. Trotz seiner 65 Jahre probiert er vieles aus, was bessere und sichere Erträge bringt. Selbst Gras wird angepflanzt, dessen Saat er für gutes Geld verkauft, damit dürreresistentes Viehfutter angebaut werden kann. Zur Umstellung wird er gezwungen, weil der Klimawandel auch Kenia mit ganzer Wucht trifft – die Regen- und Trockenzeiten sind unvorhersagbar geworden. Solche ‚Anpassungen‘ an den Klimawandel werden demnächst auf der Klimakonferenz in Kopenhagen (7. bis 18. Dezember 2009) hart verhandelt.
Soll es auch hierfür Geld geben, so wie es die Welthungerhilfe und andere Hilfsorganisationen fordern?
Bereits jetzt setzen wir Spenden und Mittel der Europäischen Union ein, um den notwendigen Wandel der Landwirtschaft zu unterstützen. Das Projekt nennt sich ‚Soil and Water Conversation’ – Schutz von Boden und Wasserressourcen‘ und wir führen darin in vier Jahren über 400 Trainingsmaßnahmen durch.
Der Bauer James Kerugi zeigt, wie sinnvoll und notwendig das ist: Ohne die Impulse der Welthungerhilfe, ohne den Austausch der gemeinsam gegründeten Kooperative wären ihm die Möglichkeiten verwehrt geblieben, auf die Dürre zu reagieren. Sogar gemauerte Energiesparöfen stehen in seiner Hütte – nur noch wenig Holz ist zum Kochen nötig – und es qualmt nicht mehr in der Hütte. In nur einem Monat wurden bereits 300 dieser Öfen gebaut und in Betrieb genommen, 2.000 weitere sollen folgen. Hier werden Ressourcen geschont und CO²-Emissionen verringert. Und das in einem Land, das unter dem Klimawandel leidet, und ihn nicht hervorgerufen hat.
Manches Mal ist der Klimawandel abstrakt, wir erleben wärmere Sommer und mildere Winter. Und irgendwie scheint das alles nicht so schlimm. Aber unser Nachbarkontinent spürt bereits jetzt, was irgendwann auch für uns wichtig werden kann – strategische Ressourcen wie Wasser und bebaubares Land werden knapp. Die Welthungerhilfe und ihre Partner*innen stellen sich dieser Herausforderung, der wir vielleicht alle früher oder später ins Gesicht sehen müssen.
Was denken Sie, liebe Leserinnen und Leser? Schreiben Sie mir gerne.
Ihr Dr. Wolfgang Jamann