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12.06.2015 | Blog

Tadschikistan – ein Land zwischen Aufbruch und Krise

Ich bin zurück von einer Reise in ein Land zwischen Aufbruch und Krise. Tadschikistan ist der ärmste Staat der ehemaligen Sowjetunion, auch wenn das Land in den letzten Jahre große Fortschritte gemacht hat und die Wachstumsraten dabei fast durchgehend bei über 5% lagen.

Ein Imker bei der Honigproduktion
Die Honigproduktion von nur vier Bienenvölkern reicht für die Grundversorgung einer Familie für zwei Jahre. © Welthungerhilfe

Geld für die Heimat: Junge Migrant*innen kurbeln Wirtschaft Tadschikistan an

Das wirtschaftliche Wachstum war allerdings vor allem deshalb möglich, weil eine Million junger Tadschik*innen im Ausland arbeiten und ein Teil des Einkommens an ihre Familien in der Heimat schicken. Doch durch eine immer restriktivere Migrationspolitik, insbesondere in Russland, haben tausende Arbeiter*innen ihren Job verloren und müssen zurück. Dies hat direkte Auswirkungen: So verzeichnete Tadschikistan im letzten Jahr erstmals einen starken Rückgang der Wirtschaftsleistung.

Die Welthungerhilfe ist schon lange im Land tätig, so haben wir in den letzten 20 Jahren Aufbauarbeit geleistet, insbesondere im Zerafshantal, das nördlich der Hauptstadt Dushanbe liegt. Jetzt, Ende Mai, ist hier noch Frühjahr. Die steilen Hänge der teilweise bis zu 3.000 m hohen Berge sind mit einem zarten Grün überzogen. Ansonsten ist die Landschaft äußerst karg und erinnert an eine Mondlandschaft, die nur ab und zu vom Grün der Dörfer im Tal unterbrochen wird. Im Tal schlängelt sich wie in einem Canyon der Fluss Zerafshan.

Tickende Zeitbombe? – Es gibt nicht genügend Arbeitsplätze für junge Menschen im Land

Wir sprechen hier im Tal den Bürgermeister von Aiiny und fragen ihn nach den Auswirkungen der rückläufigen Migration.

Es gehen weniger junge Menschen fort, das heißt, wir brauchen dringend Jobs für diese Leute. Leider ist nicht genügend Land verfügbar, deshalb müssen wir Jobs außerhalb der Landwirtschaft schaffen.

Der EU-Botschafter in Dushanbe spricht in diesem Zusammenhang von einer „tickenden Zeitbombe“ im Land, die jederzeit hoch gehen kann. Es gibt einfach nicht genügend Arbeitsplätze, die jungen Menschen brauchen eine Perspektive im Land und nicht außerhalb.

Was ist machbar? Was ist umsetzbar? Was passt in die abgelegenen Orte? Honig für die Zukunft

Im Zerafshantal hat die Welthungerhilfe in den letzten Jahren an vielen Stellen versucht, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. Erfolge sind deutlich sichtbar. So wurde zum Beispiel die Imkerei eingeführt, bis dahin im Tal weitgehend unbekannt. Der Berghonig wird über einen Bienenhalterverband an die Hotels in Dushanbe vermarket, lässt sich aber auch gut vor Ort verkaufen. Das Einkommen der Bienenhalter*innen hat sich durch den Honigverkauf signifikant gesteigert. Mit der Honigproduktion von nur vier Bienenvölkern kann sich eine Familie zwei Jahre lang mit Mehl zum Brotbacken versorgen. Brot ist das Hauptnahrungsmittel der Tadschik*innen.

Lebenswelt im Zerafshan-Tal: Energie ist knapp, die Winter lang und kalt, Brennholz kaum noch vorhanden

Die Welthungerhilfe hat daher in den letzten Jahren Handwerker*innen darin ausgebildet, energiesparende Techniken einzuführen.

Diese tragen wesentlich dazu bei, dass weniger Feuerholz gebraucht wird und Bäume wieder eine Chance haben zu wachsen. Bäume sind wiederum wichtig, damit das wenig verfügbare Land nicht noch weiter weggespült wird. Mit den Aktivitäten ist dieser Bereich mittlerweile ein Selbstläufer geworden: Das Isolationsmaterial gibt es vor Ort zu kaufen, die Menschen lassen ihre Häuser von den örtlichen Handwerker*innen isolieren, neue Innovationen denken sich die Handwerker*innen selbst aus. Ein echter Erfolg des Projektes. Dennoch, all diese Maßnahmen bedingen, dass ein Minimum an Einkommen vorhanden ist.

Ohne die Rücküberweisungen der jungen Tadschik*innen, die in Russland auf dem Bau arbeiten wird es schwer sein, diese Innovationen weiter zu finanzieren!

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