Fünf Jahre, 50.000 Kilometer und zwei Füße
Ronny Lasner ist für die Welthungerhilfe unterwegs: Auf seiner Weltreise will er Spenden sammeln. Ein Interview.
Ein Rucksack, drei paar Schuhe und eine Reisegitarre gehören zu den wenigen Besitztümern, die Ronny Lasner noch hat. Der 35-jährige hat seinen Job gekündigt und geht auf Weltreise. Start ist am 30. April: Zu Fuß will er 50.000 Kilometer in fünf Jahren zurücklegen. Dabei plant er auch, Spenden für die Welthungerhilfe zu sammeln. Wie er das schaffen will? Und was hat ihn zu seiner ungewöhnlichen Tour bewogen? Im Telefoninterview hat er es mir verraten.
In fünf Jahren zu Fuß um die Welt. Wie kommt man auf so eine Idee?
Ich bin vermutlich das, was man einen Workaholic nennt. In den letzten 13 Jahren meines Lebens hat sich alles um Arbeit, Karriere und Geld verdienen gedreht. Als Vertriebsleiter in der Maschinenbaubranche, war ich durchaus erfolgreich. Ich habe lange in den USA gelebt und dort zum Beispiel eine Niederlassung für meinen damaligen Arbeitgeber erschlossen. 2014 kam ich nach Deutschland zurück.
Auch hier hatte ich bergeweise Arbeit. Das hat mich nicht mehr erfüllt. Ich dachte: Was machst du eigentlich? Du lebst ein gutes Leben, hast genügend Geld, aber mit deinem Lebensstil hilfst du am Ende nur dir selbst. Auf der Welt werden Krisen und Armut durch solches Denken ausgelöst. Der Gedanke hat mich angewidert. Ich habe beschlossen, nochmal bei null anzufangen.
Wie funktioniert so ein radikaler Neubeginn?
Ich habe meinen Job gekündigt. Und ich habe all meine Besitztümer verkauft, gespendet und verschenkt.
Tut das nicht weh?
Es war okay, denn ich habe nicht alles auf einmal aufgegeben. Zuerst ein paar Möbel und Klamotten. Stückchenweise dann Sachen, an denen ich mehr hing. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich viel Zeug mit mir herumtrage, das ich nicht brauche. Es war befreiend, sich davon zu trennen.
Wie haben Freunde und Familie auf die Nachricht von der Weltreise reagiert?
Die meisten waren begeistert. Ich glaube, viele Menschen würden so etwas selbst gerne tun, trauen sich aber nicht. Meine Familie hat sich nicht groß aufgeregt. Berufsbedingt war ich die vergangenen Jahre ständig in der Welt unterwegs…
Warum hast du dir eine Frist von fünf Jahren gesetzt?
In der Zeit kann ich einen kompletten Schlussstrich ziehen. Ein, zwei Jahre, das wäre so Sabbatical-mäßig gewesen. Da wäre immer der Gedanke präsent gewesen: Bald kehre ich zurück nach Hause. Außerdem werde ich für die 50.000 Kilometer, die ich zurücklegen möchte, tatsächlich so lange brauchen.
Der Rucksack ist schon gepackt. Was ist drin?
Drei paar Schuhe, Klamotten für warme Gegenden und welche für kalte. Kochzeug. Ein Stuhl, eine Angel. Mein Zelt. Ich habe es schon mal im Wohnzimmer aufgebaut. Zum Glück hat es geklappt. Ehrlich gesagt war ich in meinem Leben noch nie campen… Insgesamt schleppe ich Ausrüstung von 34 Kilo mit mir rum. Ich bin gespannt, ob und wie ich das auf Dauer tragen kann.
Gibt es einen groben „Laufplan“?
Ich müsste etwa 30 Kilometer am Tag schaffen, was für Tagestouren schon sehr viel ist. Von Eichstätt in Bayern aus laufe ich los. Die ersten Wochen taste ich mich auf sicheren Wegen in Europa vor. Dann geht es auf extremeren Routen über Estland und Russland weiter bis nach China. Krisengebiete und unsichere Regionen meide ich. Am Ende meiner Weltreise will ich auf Kuba landen. An meinem 40. Geburtstag möchte ich dort eine Havanna rauchen.
Fünf Jahre Auszeit aus dem Leben – wie willst du das finanzieren?
Unterwegs wird es immer wieder die Gelegenheit geben, zu jobben: Zum Beispiel in einer Kakaoplantage oder ich werde auf der Straße Musik machen. Ich habe auch ein paar Rücklagen, mit denen ich mich finanzieren kann. Ich habe mir ausgerechnet, dass ich im Schnitt umgerechnet drei Euro am Tag für Lebensmittel brauche. Teuer werden die Visa, oder wenn ich mal eine Strecke mit der Bahn fahre oder mir eine Übernachtung im Hotel gönne.
Eine Luxusreise wird es also nicht werden…
Nein, ich denke, ich werde auch nicht überall die Möglichkeit haben, im Supermarkt Essen zu kaufen. Ich werde im Nirgendwo sein und mich fragen: Wie komme ich an Wasser und an ein Abendbrot?
Andere Menschen müssen sich solche Fragen täglich stellen. Das ist für mich auch die Verknüpfung zur Welthungerhilfe: Sie unterstützt Menschen, die tagtäglich dem Kampf gegen Hunger aufnehmen müssen. Mit meiner Reise möchte ich auf diese Menschen aufmerksam machen und etwas für sie tun.
Wie willst du auf der Reise Geld für die Welthungerhilfe sammeln?
Von unterwegs aus werde ich über Facebook und YouTube bloggen, ich werde Videoclips und Nachrichten auf Facebook posten. Ich möchte witzige und wichtige Eindrücke meiner Reise verarbeiten und meine – hoffentlich stetig wachsende – Fangemeinde permanent daran erinnern: Gebt was von ab von eurem Reichtum an Leute, die weniger haben als ihr! Spendet an die Welthungerhilfe!
So kurz vor Reisebeginn. Hast du Angst?
Ich setze mich jetzt ja schon länger mit dem Thema Weltreise auseinander. Sagen wir, ich habe Respekt, vor dem was kommt. Es gibt tausend Dinge, die schief oder auch gut gehen können. Man kann es nicht voraussehen. Deshalb gehe ich die Sache locker an. Es wird schon gut werden.