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11.10.2018 | Blog

Gestatten, mein Name ist Josephine

Abgeordnete, Journalistinnen und Entwicklungsexperten in aller Welt - sie alle werden ein Bild von ihr bei sich tragen. Josephine ist auf dem Cover des Welthunger-Index 2018 abgebildet. Fotografiert wurde sie Anfang 2018 in einem Flüchtlingscamp im Südsudan von der Journalistin Stefanie Glinski. Sie hat die Geschichte hinter dem Bild aufgeschrieben.

Im Vordergrund eine Frau mit einem gelben Kanister, im Hintergrund sieht man Zelte.
Coverfoto des Welthunger-Index 2018: Josephine, unterwegs zu einer Wasserstelle in einem Flüchtlingscamp in Bentiu, Südsudan (2018). © Stefanie Glinski
Stefanie Glinski Journalistin

Das Lager für Binnenflüchtlinge in Bentiu hat die schönsten Sonnenaufgänge, jedoch den hartnäckigsten Staub. Hier leben mehr also 100.000 Menschen, manche mit den schlimmsten Erinnerungen, jedoch mit uneingeschränkter Gastfreundschaft - sogar trotz großer Armut. Die Gegensätze reichen hier weit.

Noch vor dem Sonnenaufgang mache ich mich auf in das große Camp, welches am Morgen noch in Stille liegt. Mit mir trage ich meine Kamera und einen Notizblock, mehr brauche ich nicht. Eine dünne Leinenhose und Sandalen sind die beste Bekleidung, denn später wird es heiß. Einige Frauen sind schon wach, kochen Tee auf glühenden Kohlen, andere sind mit ihren Kanistern unterwegs, um für ihre Familien frisches Wasser an der Quelle zu pumpen. So früh am Morgen sind eigentlich nur Frauen zu sehen; die meisten Männer schlafen noch. Es ist eine ideale Zeit, um zu fotografieren.

Der Welthunger-Index berechnet und bewertet jedes Jahr die globale Hungersituation.

Das Camp bietet der dreifachen Mutter Schutz

Genau hier traf ich auch Josephine, eine Mutter von drei Kindern aus Unity State, die aufgrund von Kämpfen und Gewalttaten in ihrem Dorf mit ihren Kindern in das Lager geflohen ist. Sie ist eine der Menschen, die hier in weißen Zelten aus einfachen Plastikplanen lebt, auf Strohmatten auf dem Boden schläft und ihre Lebensmittel - meist Hirse und Erbsen - von der Welthungerhilfe erhält.

Seit Ende 2013 herrscht im Südsudan Krieg und obwohl kürzlich ein neues Friedensabkommen zwischen Regierung und Opposition unterschrieben wurde, herrscht in vielen Teilen des Landes weiterhin Unsicherheit.

Josephines Heimat Unity ist eine ölreiche Provinz, die seit Jahren von schwerer Gewalt gekennzeichnet ist. Soldaten überfallen hier Dörfer, rauben Häuser aus und setzen diese in Brand und vergewaltigen Frauen und Kinder. Tausende hat es in die Flucht getrieben, viele sind so in Bentiu, einer nördlichen Stadt nahe der sudanesischen Grenze gelandet.

In Bentius Lager gibt es fast alles: aus Holz gebaute Schulen, Krankenhäuser unter Zelten, einen einfachen Markt und monatliche Nahrungsmittelverteilungen. Während der Trockenzeit zwischen Dezember und Juli wird es so heiß, dass sich der Boden in dünnen Staub auflöst, der pausenlos durch die Luft wirbelt. Die einzigen Tiere im Camp sind streunende Hunde, Schlangen, Skorpione und Kakerlaken. In der Regenzeit gibt es hier so tiefen Schlamm, dass es fast unmöglich ist, sich fortzubewegen. Immerhin bleiben die Skorpione dann aber weg.

Josephines Mann, so erzählt sie, lebt nicht im Camp. ,,Er ist zu Hause in unserem Dorf,” sagt die junge Mutter, die es eilig hat, denn sie möchte schnell Wasser pumpen, um ihren Kindern eine Hirsesuppe kochen zu können. Sie trägt ein buntes Kleid, dass mit einem orangen leuchtendem Tuch kombiniert ist. Nachdem ich sie fotografierte unterhalten wir uns kurz. Ich zeige ihr das Foto und sie lacht lauthals.

Josephines Situation ist kein Einzelfall. Viele Familienväter schicken ihre Familien in die "Sicherheit" des Lagers, entscheiden sich aber selbst, in ihren Dörfern zu bleiben um das zu behüten, was nach Attacken übrig geblieben ist: Ernte, Werkzeuge und Kühe. Andere Väter sind selbst in den Krieg gezogen und dort umgekommen.

Ein Jahr im Land, in dem die Hälfte Hunger leidet

Als Journalistin und Fotografin wollte ich hautnah über das Leben der Menschen im Südsudan berichten. Der Konflikt hier scheint in der Welt fast vergessen, doch die Realität im Land sieht anders aus. Die Hälfte der Bevölkerung - fast 6 Millionen - hat nicht genug zu essen, fast jeder hat mit den Folgen des Krieges zu kämpfen. Menschen wie Josephine möchten ihre Geschichten teilen, haben aber so selten die Gelegenheit dazu. Genau das hat mich motiviert, für ein Jahr in den Südsudan zu ziehen. Mit meinen Berichten möchte ich Unterschiede überbrücken und es ermöglichen, das Menschen auf verschiedenen Kontinenten Verständnis füreinander haben.

Und manchmal heißt das, in einem Container zu schlafen und die frühen Morgenstunden zu nutzen, bevor die Hitze alle in Schweiss badet. In einem solchen Moment lernte ich Josephine kennen. Eine starke Mutter, die sich für ihre Kinder einsetzt und sich nichts mehr als Frieden wünscht.

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