Wie soll Klimaschutz finanziert werden?
Fakt ist: Mehr Investitionen in den Bereichen Klimaschutz und Anpassung sind dringend nötig. Experten betonen zudem, das sich der Bedarf an Geld proportional zu den Investitionsversäumnissen erhöht. Vorsorge, um so Mittel zu sparen, wäre die Devise.
Doch die internationale Finanzarchitektur für private und öffentliche Investitionen für Klimaschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels sind zurzeit viel zu komplex.
Klimafinanzierung: Wo stehen wir, was muss getan werden?
Auf der Klimakonferenz in Lima wurden Zusagen für den Grünen Klimafond gemacht.
Doch es gibt noch immer keine Roadmap für eine langfristig angelegte Klimafinanzierung.
Statt verifizierbare Ziele für die Aufstockung neuer, zusätzlicher und vorhersagbarer finanzieller Zusagen für die kommenden Jahre zu verankern, beschränkt sich der COP20-Text zur langfristigen Klimafinanzierung auf eine Wiederholung der Cancún-Entscheidung aus 2010. Für die am meisten vom Klimawandel betroffenen Länder, die in der Regel auch über die geringsten Ressourcen verfügen ist das ein Problem, da es weder für Transformations- noch Anpassungsprozesse Planbarkeit gibt.
Die Finanzierungsfrage ist entscheidend dafür, ob in Paris ein ehrgeiziges Klimaschutzabkommen überhaupt erreicht werden kann. Denn es geht dabei nicht nur um die Zuweisung von Mitteln, sondern auch um internationale Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit.
100 Milliarden US-Dollar pro Jahr ab 2020
In Kopenhagen 2009 versprachen die Industrieländer, Klimafinanzierung für Entwicklungsländer zu mobilisieren. Vorgesehen waren 30 Mrd. USD für die Zeit von 2010 bis 2012 als eine Art „Fast Start Finance“ und 100 Mrd. USD pro Jahr ab 2020. Dieses Versprechen wurde in den darauffolgenden Klimakonferenzen mehrfach wiederholt.
Welche Finanzierungsfonds für Klimaschutz und Anpassung gibt es?
- Der Green Climate Fund: Ein Teil dieser Finanzen soll durch den in Cancún 2010 beschlossenen Grünen Klimafond (GCF) abgewickelt werden. Seit Mai 2014 wird in den Fond eingezahlt und in Lima 2014 wuchs er auf knapp über 10 Mrd. USD. Er soll erneuerbare Energien und langfristig angelegte Anpassungspläne in Entwicklungs- und Schwellenländern finanzieren1. Im Oktober 2015 hat der Fond zum ersten Mal acht Projekte in Lateinamerika, Asien und Afrika bewilligt.
- Der Special Climate Change Fund (SCFF) wird von der Globalen Umweltfazilität (GEF) verwaltet, die die Umsetzung der Rio-Konventionen in Entwicklungsländern fördert. Der Fond unterstützt Entwicklungsländer, die Mitglieder von United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) sind, bei deren Maßnahmen zur Anpassung sowie beim Technologietransfer. Er soll als Katalysator zusätzlicher Multi- und binationaler Finanzierung dienen.
- Der Least Developed Countries Fund (LDCF) untersteht ebenfalls dem GEF. Er unterstützt die 48 am wenigsten entwickelten Länder bei der Bewältigung der Anpassungskosten.
- Der Adaptation Fund (AF) wurde 2001 eingerichtet und nahm 2008 seine Arbeit auf. Der Fond finanziert Anpassungsprojekte in Entwicklungsländern, die Unterzeichner des Kyoto-Protokolls sind, und ermöglicht ihnen durch Mittel aus dem Handel mit zertifizierten Emissionsrechten und freiwilligen Spenden direkten Zugang zu Finanzmitteln ohne den Umweg über multilaterale Institutionen.
- Multi- und bilaterale Fonds: Neben diesen Fonds der UNFCCC gibt es andere multilaterale Fonds, beispielsweise der EU und bilaterale Fonds wie die durch Deutschland geförderte internationale Klimaschutzinitiative oder den britischen International Climate Fund.
- Neben der Klimafinanzierung durch Institutionen des internationalen Klimaregimes und der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit können Finanzmittel aber auch vom Privatsektor oder nationalen und internationalen zivilgesellschaftlichen Organisationen kommen.
Die Klimafinanzierung darf nicht auf Kosten des notwendigen Anstiegs der ODA² auf zu 0,7% des Bruttonationaleinkommen gehen!
Michael KühnParis: Worauf kommt es im Hinblick auf die Klimafinanzierung jetzt an?
- Mobilisierung der Mittel: Die versprochenen Mittel für Minderung und Anpassung müssen von den Staaten auch eingezahlt werden. Finanzielle Beiträge könnten nach dem Verursacherprinzip und der historischen Verantwortungen für Emissionen ermittelt werden. Der Schließung der Finanzierungslücke vor 2020 ist ein entscheidender Baustein nicht zuletzt für die Glaubwürdigkeit der Industrieländer.
- Verteilung der Mittel: Es muss geklärt werden, wie diejenigen Länder und speziell die Bevölkerungsgruppen priorisiert werden können, die den Folgen des Klimawandels gegenüber am verletzlichsten sind, und wie ein solcher Vulnerabilitätsansatz umgesetzt werden kann.
- Definition der Klimafinanzierung: Es sollte eine Einigung auf eine genaue und klare Definition der Klimafinanzierung geben, insbesondere im Hinblick auf Anpassungsmaßnahmen. Es sollte Konsens darüber hergestellt werden, was hierunter verstanden wird, da verschiedene Staaten derzeit jeweils unterschiedliche Definitionen dieser Begriffe benutzen. Auch die Definition „private Klimafinanzierung“ und deren Zuordnung muss geklärt werden.
- Balance von Minderung und Anpassung: Es sollte eine adäquate Balance bei der Bereitstellung von Finanzmitteln für Minderung auf der einen Seite und Anpassung auf der anderen Seite gefunden werden. Obwohl der Kopenhagen Accord und das Cancún Agreement eine solche Balance fordern, wurden bisher weniger als die Hälfte der öffentlichen Mittel für Anpassung bereitgestellt.
- Mittel, um Emissionen zu mindern: Der größte Teil der öffentlichen Klimafinanzierung fließt derzeit für Minderungsmaßnahmen in Schwellenländer. Auch die Investitionen in erneuerbare Energien und Energeieffizienz sind in den letzten Jahren gestiegen; die Finanzierung von Maßnahmen , die Emissionen mindern, scheint für den Privatsektor attraktiv zu sein.
- Anpassungsstrategien finanzieren – mit dem Klimawandel leben: Für die Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen gibt es weniger vielversprechende Geschäftsmodelle. Die am wenigsten entwickelten Länder, ärmere kleine Inselstaaten und Länder in Afrika südlich der Sahara, die am dringendsten Anpassungsfinanzierung benötigen gehen häufig leer aus. Ihnen fehlen nicht nur adäquate Eigenmittel, sondern auch die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, um private und institutionelle Investoren zu akquirieren.
Klimafinanzierung: Was muss die Bunderegierung tun?
Wir fordern die Bundesregierung auf, für Klarheit bei der Klimafinanzierung zu sorgen. Sie muss darauf hinwirken, dass sich die Industriestaaten verpflichten, individuelle Pläne für die vereinbarten 100 Mrd. USD bis 2020 vorzulegen.
VENRO, der Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen spricht sich angesichts des hohen Finanzbedarfs zur Bewältigung der Klimakrise dafür aus, dass sich die 100 Mrd. USD aus öffentlichen Beträgen speisen, um ausreichend privatwirtschaftliche Investitionen umzulenken und die dringend notwendige Anpassung in stark betroffene und vulnerable Ländern zu unterstützen. Zudem sollte sich die Bundesregierung für die Generierung von Finanzen aus dem internationalen Schiffs- und Flugverkehr und der Finanztransaktionssteuer bei den G20 und anderen relevanten Foren einsetzen.
[1] vgl. hierzu die Ausführungen im Sondergutachten des WBGU: Klimaschutz als Weltbürgerbewegung, Berlin 2014: 71f
[2] ODA steht für Official Development Assistance und bezeichnet die Entwicklungszusammenarbeit, die durch Steuergelder finanziert ist.