Zur Hauptnavigation springen Zur Suche springen Zum Seiteninhalt springen Zum Footer springen

05.11.2014 | Blog

Eine andere Wirtschaft wagen

Anfang Dezember findet in Lima die UN-Klimakonferenz statt. Das Gastgeberland Peru muss ein besseres Vorbild abgeben, so der Soziologe Enrique Fernández-Maldonado Mujica.

Kleinbauern in Peru
Milchbäuerin Martina Mendoza Galindo mit ihrem Schwiegersohn Jacob Quispe Galindo, Peru. © Karin Desmarowitz

Vom 1. bis 12. Dezember findet der UN-Klimagipfel in Lima statt. Die Konferenz erwarten wir mit besonderer Spannung, denn dort sollen die Weichen für den zu unterzeichnenden Weltklimavertrag nächstes Jahr in Paris gestellt werden. Ist das Gastgeberland Peru ein gutes Vorbild in Sachen Klimaschutz? Nein, findet der Soziologe und Klimaaktivist Enrique Fernández-Maldonado Mujica. 

Von Enrique Fernández-Maldonado Mujica

Viele Peruaner fürchten, dass ihre Stimme nicht gehört wird. Dabei leidet der Andenstaat schon heute unter den Auswirkungen des Klimawandels und müsste ein Interesse daran haben, das Kyoto-Nachfolgeprotokoll auf den Weg zu bringen. Doch der Regierung gehe es nur um das Wirtschaftswachstum.

Die peruanische Regierung steht vor einer großen Herausforderung: Sie muss die 20. Internationale Klimakonferenz (COP20) der Vereinten Nationen organisieren und leiten, die vom 1. bis 12. Dezember in Lima stattfinden wird. Hier muss der Weltklimavertrag für den nächsten Gipfel in Paris auf den Weg gebracht werden. Denn das Kyoto-Protokoll läuft 2015 aus und bis heute haben sich noch nicht alle Staaten zur Senkung ihrer Treibhausgas-Emissionen verpflichtet.

Peru übernimmt die Gastgeberrolle als erstes Andenland. Der COP20 fällt in eine Zeit, in der die Umweltpolitik der Regierung heftig kritisiert wird – erst kürzlich wurden Bestimmungen gelockert, um dem Konjunkturrückgang entgegenzuwirken, und gerade haben Journalisten “informelle" Beziehungen zwischen wichtigen Wirtschaftsgruppen und einigen Staatsministern aufgedeckt.

Klimawandel bedroht Kleinbauern im Gastgeberland Peru

Zugleich müsste Peru selbst das größte Interesse an diesem Klimagipfel haben, denn es ist eines der Länder, denen der Klimawandel schon jetzt massiv zusetzt. Mit dem Abschmelzen der Gletscher verlieren die Anden einen erheblichen Teil ihrer natürlichen Wasserspeicher, auf die vor allem die vielen Bewohner der trockenen Küstenregion angewiesen sind. Die Trockenheit führt auch zur Degradierung der Böden. Und das bedroht die kleinbäuerliche Landwirtschaft, die immerhin 80 Prozent der Nahrungsmittel für die Peruaner produziert. Mit erheblichen Konsequenzen für die Ernährungssicherheit ist in naher Zukunft zu rechnen. Daher müssen der peruanische Staat und die gesamte peruanische Gesellschaft ihre Gastgeberrolle bei diesem Gipfel ernsthaft und verantwortungsvoll übernehmen.

Die Leitung der Weltklimakonferenz COP20 bedeutet in dieser Situation die einzigartige Gelegenheit, durch die Vorbereitung der Gesprächsagenda die anstehenden Beschlüsse zu beeinflussen. Diese Einflussmöglichkeiten sind jedoch beschränkt angesichts einer Regierung, die ihre Glaubwürdigkeit in der Umweltpolitik verspielt hat. Der streng geheime Charakter der Verhandlungen sowie die berechtigte Kritik an den kürzlich gelockerten Umweltauflagen lassen Zweifel an der offiziellen Position der Regierung von Ollanta Humala und an ihrer Gastgeberrolle aufkommen.

Alternativer Gipfel: lokale Umweltschutzgruppen engagieren sich

Die peruanische Zivilgesellschaft äußert ihre Zweifel an der Position der Regierung über verschiedene Plattformen. Parallel zum Abschluss der Verhandlungen findet vom 9. bis 12. Dezember der Alternative Gipfel der Völker (Cumbre Alternativa de los Pueblos) statt. Dieser wird von einem Komitee aus peruanischen Gewerkschaftsverbänden, Bauernorganisationen, indigenen Gruppen und Umweltschutzorganisationen organisiert. Sie veranstalten Arbeitsgruppen und kulturelle Aktivitäten, die unter den Augen der Weltöffentlichkeit in Lima stattfinden sollen. Außerdem legen sie eine gemeinsame Position zu den Themen fest, die auf dem Klimagipfel verhandelt werden. Am 10. Dezember wollen sich Menschen in Städten auf der ganzen Welt gleichzeitig auf einen Klimamarsch begeben.

Welthungerhilfe unterstützt lokales Netzwerk

Über 80 zivilgesellschaftliche Gruppen unseres Landes haben sich 2013 im Netzwerk Perú COP20 zusammengeschlossen, das auch von der Welthungerhilfe unterstützt wird: von Frauen- und Jugendorganisationen bis hin zu Gewerkschaftsverbänden. Wir informieren und sensibilisieren die peruanische Bevölkerung zum Klimawandel, entwickeln eine gemeinsame Position und versuchen, gemeinsam mit anderen Netzwerken Einfluss auf den internationalen Verhandlungsprozess und die nationale Umweltpolitik zu nehmen. Wir glauben, dass die aktuelle Diskussion um den Klimawandel nicht nur von Spezialisten, sondern von einer breiten Masse von Bürgerinnen und Bürgern geführt werden sollte. Unser Ziel ist ein neues, gerechtes und verbindliches Klimaabkommen.

Als Gastgeber sollte Peru mit gutem Vorbild vorangehen und seine Prioritäten ändern: Wir hoffen, dass unsere Regierung unter den Augen der Welt ein Rahmengesetz und eine bereits ausgearbeitete Nationale Strategie zum Klimawandel beschließt. Peru sollte besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen schützen, geeignete Klimaanpassungsmaßnahmen entwickeln und seine Ökosysteme schützen. Wie andere Entwicklungsländer muss Peru die Armut bekämpfen, die Lebensqualität seiner Bürger verbessern und die sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten verringern - doch ohne wie jetzt auf ein Wirtschaftswachstum zu setzen, das von Rohstoffausbeutung und der Zerstörung von Ökosystemen lebt.

Das könnte Sie auch interessieren