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Welthunger-Index

Wie steht es um die Hungersituation weltweit? Wurden Fortschritte erzielt oder sind Rückschläge zu verzeichnen? Der Welthunger-Index liefert eine umfassende Berechnung und Bewertung der globalen Hungersituation.

Miriam Wiemers Team Politik und Außenbeziehungen

Der Welthunger-Index (WHI, auf Englisch: Global Hunger Index, GHI) misst und vergleicht jährlich die Ausprägung von verschiedenen Hungerindikatoren wie Unterernährung und Kindersterblichkeit in der Welt, verschiedenen Regionen und einzelnen Ländern. Er soll zu einer erhöhten Aufmerksamkeit für das Engagement gegen den Hunger führen, zeigt auf, in welchen Weltregionen zusätzliche Ressourcen am dringendsten benötigt werden, und liefert Handlungsempfehlungen, um den Hunger zu beenden.

Welthunger-Index 2024: Stagnation bei der Hungerbekämpfung durch mehr Gendergerechtigkeit überwinden

Der Welthunger-Index 2024 zeigt: Wir sind weit davon entfernt, das für 2030 angestrebte Ziel Zero Hunger zu erreichen. In 36 Ländern wird die Situation als ernst, in sechs sogar als sehr ernst eingestuft. Nach Jahrzehnten großer Fortschritte bei der Bekämpfung des Hungers ist die Entwicklung in eine Phase der Stagnation eingetreten. In einigen Ländern steigt der Hunger sogar wieder an. 2,8 Milliarden Menschen können sich keine gesunde Ernährung leisten. In vielen Ländern und Regionen herrschen zudem aktuell akute Ernährungskrisen bis hin zu Hungersnöten. Das Recht auf Nahrung und humanitäres Völkerrecht werden weltweit eklatant missachtet.

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Der Grund ist eine Vielfalt von Krisen und Herausforderungen, die sich in ihren Auswirkungen oft überschneiden. Klimawandel und Umweltzerstörung gefährden in vielen Regionen die natürlichen Voraussetzungen, um Wirtschaft und Landwirtschaft zu betreiben. Bewaffnete Konflikte, wie der Bürgerkrieg im Sudan, zwingen Menschen zur Flucht und stören die Nahrungsmittelversorgung und das Ernährungssystem stark: Felder können nicht mehr bewirtschaftet werden, Fabriken werden zerstört, und Transporte werden gefährlich. Dies alles zählt zu den Gründen für die hohen Lebensmittelpreise in vielen Weltregionen, die vor allem vulnerable Länder und Menschen gefährden. Gleichzeitig stecken viele arme Länder in der Schuldenfalle und müssen ihre Staatseinnahmen auf die Bedienung der Auslandsschulden verwenden – Geld, das für Entwicklung und soziale Maßnahmen fehlt.

Besonders stark von Ernährungsunsicherheit und den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind oft Frauen. Diskriminierende Normen und Gewalt erschweren ihren Zugang zu Ressourcen und begrenzen ihre Fähigkeit, Krisen zu bewältigen. Die Verbesserung ihrer Handlungsmöglichkeiten könnte ein wichtiger Hebel sein, um die Stagnation bei der Hungerbekämpfung zu überwinden.

2024: Wirtschaftskrisen, Klimawandel und Konflikte erschweren Fortschritte

Weltweit wird die Bedrohung durch Hunger 2024 als mäßig kategorisiert – der Welthunger-Index-Wert für den ganzen Planeten liegt bei 18,3 und liegt damit nur minimal unter dem Wert von 2016 von 18,8. (Niedrigere Werte bedeuten weniger, höhere Werte bedeuten mehr Hunger.) Seither hat sich die Hungersituation in 22 Ländern mit mäßigen, ernsten oder sehr ernsten Hungerwerten verschlechtert, in 20 weiteren Ländern dieser Kategorien ist der Fortschritt zum Stillstand gekommen. Beim derzeitigen Entwicklungstempo werden mindestens 64 Länder das Ziel niedriger Hungerwerte bis 2030 nicht erreichen.

Am schwierigsten ist die Lage weiterhin in Afrika südlich der Sahara, wo die Ernährungslage insgesamt als ernst klassifiziert ist. Hier gibt es die weltweit höchsten Raten von Unterernährung und Kindersterblichkeit. Die Region ist stark vom Klimawandel betroffen; die bewaffneten Konflikte in Somalia und dem Sudan führen geradewegs in die nächste Hungerkrise. Ernst ist die Ernährungssituation auch in Südasien, wo vor allem Afghanistan, Indien und Pakistan vor großen Herausforderungen stehen. Auch hier hat die Häufung schwerer Naturkatastrophen positive Entwicklungsansätze teilweise konterkariert.

Allen Krisen zum Trotz gibt es aber nach wie vor auch Erfolgsgeschichten. Mosambik und Nepal zum Beispiel konnten ihren Indexwert seit 2016 um rund 30% verbessern. Auch andere Länder, wie etwa Bangladesch, die Mongolei, Togo und bei allen Schwierigkeiten auch Somalia, haben im gleichen Zeitraum entgegen dem globalen Trend Fortschritte verzeichnet.

Gendergerechtigkeit bedeutet weniger Hunger 

Schaut man sich die Situation in einzelnen Ländern genauer an, dann stellt man fest: Ernährungsunsicherheit und Vulnerabilität durch den Klimawandel korrelieren oft mit Gender-Ungerechtigkeit. In Ländern mit hohem Hungerwert, wie dem Jemen oder Tschad, werden häufig auch Frauen stark benachteiligt, und gerade hier ist das Ernährungssystem besonders anfällig für Auswirkungen des Klimawandels – worunter wiederum Frauen und Mädchen besonders leiden. Gebietsweise liegt der Anteil der von Ernährungsunsicherheit betroffenen Menschen bei Frauen bis zu 19 Prozentpunkte höher als bei Männern.

Alle aktuellen Zahlen, eine interaktive Karte sowie alle WHI-Berichte der letzten Jahre.

Gleichzeitig wird das Potenzial von Frauen, zur Lösung von Ernährungsproblemen und zur Klimaresilienz beizutragen, nicht ausgeschöpft. Frauen haben oft schlechteren Zugang zu Bildung, guten Jobs, Landbesitz und Geld, was dazu führt, dass sie weniger produktiv arbeiten können. Studien der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zeigen, dass es die Weltwirtschaft um 1 Prozent wachsen lassen und 45 Millionen Menschen vor Hunger retten könnte, wenn Frauen genauso produktiv arbeiten könnten wie Männer.

Das Streben nach Gendergerechtigkeit hat verschiedene Aspekte. Gesellschaftliche Regeln, die Frauen benachteiligen, müssen sich ändern, damit man ihre Probleme besser versteht (Anerkennungsgerechtigkeit). Frauen müssen gleichen Zugang zu wirtschaftlichen Ressourcen und Bildungsmöglichkeiten erhalten (Umverteilungsgerechtigkeit). Außerdem müssen sie in Politik und Wirtschaft auf allen Entscheidungsebenen angemessen vertreten sein, damit ihre Perspektiven und Interessen nachhaltig berücksichtigt werden (Repräsentative Gerechtigkeit).

Wo ist der Hunger am größten?

Der diesjährige Welthunger-Index veranschaulicht, dass die Hungersituation in vielen Ländern dringend mehr Aufmerksamkeit benötigt. 

In sechs Ländern – Tschad, Madagaskar, Jemen, Burundi, Somalia und Südsudan – ist die Hungerlage als sehr ernst eingestuft. In weiteren 34 Ländern ist das Hungerniveau ernst. Selbst in Regionen und Ländern, die gut abschneiden, herrscht in einigen Gebieten nach wie vor Ernährungsunsicherheit. Es gibt jedoch Anzeichen für Fortschritte: So sind entgegen dem Trend in fünf Ländern zwischen 2016 und 2024 die WHI-Werte um fünf oder mehr Punkte gesunken, darunter Bangladesch und Nepal.

Welthunger-Index 2024: Gerechtigkeit und Gleichberechtigung sind entscheidend, um #ZeroHunger zu erreichen. © Welthungerhilfe
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Welthunger-Index 2024: Die analysierten Länder können in Kategorien einsortiert werden, je nachdem, ob die Hungerwerte gravierend, sehr ernst, ernst, mäßig oder niedrig sind. © Welthungerhilfe
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Welthunger-Index 2024: Seit 2016 wurde der Hunger kaum reduziert, und das Ziel, bis 2030 #ZeroHunger zu erreichen, ist in Gefahr. © Welthungerhilfe
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Wie wird der Welthunger-Index berechnet? 

Die Hungersituation in den untersuchten Ländern wird anhand von vier Indikatoren als gravierend, sehr ernst, ernst, mäßig oder niedrig eingestuft. Je höher der Wert, desto stärker der Hunger im jeweiligen Land. 

Die 4 Indikatoren des Welthunger-Index

Der Bericht wird gemeinsam von der Welthungerhilfe, dem Alliance2015-Partner Concern Worldwide und dem Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht der Ruhr-Universität Bochum herausgegeben.

Digitale Pressemappe Welthunger-Index 2024

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