Über die aktuelle Lage des Landes und die Arbeit der Welthungerhilfe vor Ort.
Mit Bildung gegen Gewalt
Afghanistan ist ein von bewaffneten Konflikten zerrütteter Binnenstaat in Zentralasien. Nach über 25 Jahren Bürgerkrieg ist das Land bis heute nicht zur Ruhe gekommen. 2002 schien es Hoffnung zu geben, als die Menschen nach dem Sturz des fundamental-islamistischen Taliban-Regimes ein Parlament und einen Präsidenten wählen konnten.
Dennoch dauert der bewaffnete Konflikt zwischen Regierung, Taliban und regionalen Warlords bis heute an und fordert täglich neue Opfer. Die Menschen haben Angst und verlassen ihre Heimat. Sie suchen Asyl in anderen Staaten oder Zuflucht in den Flüchtlingscamps afghanischer Städte. Als Folge dieser Flucht liegt die Wirtschaft brach.
Die Menschen kennen nur den Krieg
Besonders heftig tobt die Gewalt auf dem Land, viele Menschen fliehen in die – im Vergleich zum Rest des Landes – relativ sichere Provinz Kabul. Die Hauptstadt muss rund 40.000 Binnenflüchtlinge versorgen. Diese leben in provisorischen Slums. Marode Lehmhütten ohne fließendes Wasser, Stromversorgung oder angemessene Toiletten prägen das Bild.
Familien die hier leben, haben alles verloren. Sie haben ihr Haus, ihr Land, ihr Vieh verlassen, um zu überleben. In der Stadt ist ihre Kultur bedroht, Perspektiven für die Zukunft gibt es kaum. Die Eltern in diesen Familien sind aufgrund von einem Vierteljahrhundert Krieg nie zur Schule gegangen. Sie sind, genau wie ihre eigenen Kinder, durch den Krieg zutiefst traumatisiert. Friedenszeiten haben die meisten von ihnen nie erlebt. Ihnen fehlt jede ärztliche Versorgung und der Zugang zu Bildung. Arbeit gibt es keine.
Grundlagenarbeit der Welthungerhilfe
In diesem Umfeld betreibt die Welthungerhilfe entwicklungspolitische Grundlagenarbeit und setzt dabei in den Familien an. Traumatisierten Kindern wird Selbstvertrauen und Vertrauen zu ihren Mitmenschen vermittelt; gleichzeitig sollen diese demokratische Prozesse kennenlernen.
Erwachsene – und hier besonders Frauen – nehmen an Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen teil, um die Familie besser unterstützen zu können. Das alles würde ohne die Einbindung lokaler Behörden jedoch nicht nachhaltig wirken. Also schafft die Welthungerhilfe bei Behördenmitarbeitenden ein Bewusstsein für die Belange der Binnenflüchtlinge.
So hilft die Welthungerhilfe
- Rund 25.000 Binnenvertriebene werden in der Provinz Kabul unterstützt. Erwachsene lernen lesen und schreiben.
- Die meisten von ihnen sind Frauen, die gleichzeitig an Schulungen für einkommensschaffende Maßnahmen teilnehmen. Dort lernen sie, wie sie unter den erschwerten Bedingungen der Camps Geflügel züchten oder Gemüse anbauen. Schneidereikurse bieten den Frauen eine Perspektive auf ein eigenes Einkommen.
- Dabei muss die Welthungerhilfe sehr behutsam vorgehen. Das Land ist extrem traditionell geprägt. Gerade die Erwerbstätigkeit von Frauen rüttelt am Selbstverständnis der Männer. Daher werden die Männer in die Projekte miteinbezogen. Ihnen wird vermittelt, wie wichtig das Einkommen der Frau für das Überleben der Familie ist.
- In 22 Flüchtlingslagern der Provinz betreibt die Welthungerhilfe mit lokalen Partnern Spielplätze. Dabei geht es nicht um Freizeitgestaltung, sondern um das spielerische Lernen sozialer Kompetenzen wie gewaltfreie Konfliktlösung oder gegenseitige Hilfe. In einem Land, in dem Kinder nur Krieg kennen, ist das eine Investition in eine friedliche Zukunft.
- Gleiches gilt für die Vermittlung demokratischer Prozesse an Kinder durch Kinder- und Jugendversammlungen. Sie lernen, ihre Anliegen zu formulieren und vorzutragen.
- 75 Mitarbeitende der öffentlichen Verwaltung werden geschult, die besonderen Belange der Binnenflüchtlinge zu erkennen und zu unterstützen. Damit sollen eigentliche Selbstverständlichkeiten wie Schulbesuch, Gesundheitsversorgung, menschenwürdiger Wohnraum und gesunde Ernährung sichergestellt werden.