Im mehrheitlich buddhistisch geprägten Myanmar wird die muslimische Minderheit der Rohingya seit Jahrzehnten verfolgt. Im August 2017 kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Rohingya Rebellen und der Armee sowie der Polizei des Landes. Insgesamt sind rund 1 Million Menschen aus Myanmar nach Bangladesch geflüchtet; davon allein über 700.000 seit dem 25. August 2017.
Für mich war es das Schlimmste, meine Eltern und meine Kinder hungern zu sehen
Sher Mohammad Er flüchtete mit seiner Familie aus Myanmar nach BangladeshDie meisten Rohingya hatten während ihrer Flucht aus Myanmar tagelang nichts zu essen. „Es ist schwer zu erklären, was wir durchgemacht haben. Für mich war es das Schlimmste, meine Eltern und meine Kinder hungern zu sehen“, sagt Sher Mohammad, 32 Jahre alt, der acht Tage lang mit seiner Frau, seinen drei kleinen Kindern und den betagten Eltern zu Fuß unterwegs war. Im Flüchtlingscamp teilt die Rohingya-Familie sich nun ein Zelt aus Bambusstangen und Planen mit einer anderen Familie. Überleben können sie dank der wenigen verteilten Lebensmittel.
Mehr als die Hälfte der geflüchteten Rohingya sind Kinder
Wie Sher hausen tausende verzweifelte Menschen in einem der Flüchtlingscamps des Unterdistrikts Ukhia in provisorischen Unterkünften. In dem Flüchtlingscamp leben insgesamt 911.000 Menschen unter schwierigsten Bedingungen (Stand Juni 2019). Mehr als die Hälfte davon sind Kinder.
Chumi, 14, and Nazmul, 8 haben keine Familie mehr, ihre Mutter starb vor vielen Jahren und ihr Vater wurde ein Opfer der Gewalt. „Vier Männer kamen und haben unser Haus angezündet. Wir konnten fliehen, aber während wir zum Wald rannten, wurde mein Vater erschossen,” erzählt das 14-jährige Mädchen.
Die Situation in Cox’s Bazar ist weiterhin eine große Herausforderung. Viele Menschen sind traumatisiert und leben in prekären Bedingungen. Es fehlt an Nahrungsmitteln, sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen. Im Sommer und Herbst drohen zudem Monsune und Zyklone. Derartige extreme Wetterereignisse sind eine Katastrophe in der Katastrophe für die Menschen, die größtenteils in fragilen improvisierten Unterkünften leben. Landrutsche haben bereits viele Menschen erneut obdachlos gemacht.
Corona im größten Flüchtlingslager der Welt
Die aktuelle Gefahr durch das Corona-Virus macht es noch schwerer, die Menschen in den weitflächigen Flüchtlingscamps zu versorgen. Im größten Flüchtlingslager der Welt in Bangladesch gibt es 13 bestätige Fälle, wie viele unentdeckt erkrankt sind, ist unklar. Daher werden die Hygienemaßnahmen verstärkt. Neben dem Bau von Latrinen, Waschhäusern und Wasserleitungen verteilt die Welthungerhilfe auch Hygiene-Pakete und stellt Handwascheinrichtungen auf.
In den letzten Wochen haben wir viel Aufklärungsarbeit geleistet und die Möglichkeiten zum Händewaschen vermehrt, aber trotzdem sind die Lebensbedingungen in den Camps katastrophal. Abstand halten und regelmäßiges Händewaschen sind kaum möglich.
Charlotte Weibl Junior Expert der WelthungerhilfeEine Rückkehr nach Myanmar ist für die meisten Rohingya aus Angst vor Gewalt und Verfolgung bislang keine Option. Ein mit UN-Vermittlung getroffenes Abkommen zwischen Myanmar und Bangladesch zur Rückführung der Menschen greift derzeit noch nicht. Auf Dauer ist das Gastland jedoch mit der Krisensituation überfordert.
Knapp eine Million Rohingya sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Unterstützen Sie die Nothilfe-Maßnahmen der Welthungerhilfe mit einer Spende.
Die Welthungerhilfe in Bangladesch
- Gemeinsam mit dem einheimischen Partner ANANDO versorgt die Welthungerhilfe Menschen in den Flüchtlings-Unterkünften im Distrikt Cox’s Bazar (Leda Camp und Jadimura Camp) in Bangladesch.
- Es wurden Verteilungen von Nahrungsmittelpaketen durchgeführt. Die Pakete enthielten: 4kg Linsen, 2kg Öl, 1kg Zucker, ½ kg Salz(Ration für eine Familie von 5-6 Personen für 2 Wochen). Diese Verteilungen erfolgten in Ergänzung zu Reisrationen des Welternährungsprogramms.
- Mittlerweile fokussieren sich die Hilfsmaßnahmen der Welthungerhilfe in den Rohingya Camps auf den Bereich WASH. So verteilt die Welthungerhilfe über ihre Partnerorganisation ANANDO Hygiene-Pakete, um die Menschen vor Krankheiten zu schützen. Diese Pakete enthalten unter anderem Seife, Menstruations-Pads, Zahnbürsten und Zahnpasta.
- Bau und Entstandhaltung von Latrinen, Waschhäusern, und Wasserversogungspunkten, sowie Abfallmanagement, Hygieneförderung und andere Aufklärungsaktivitäten, zum Beispiel zu den Risiken von Kinderarbeit, -heirat und Menschenhandel.
- Freiwillige Helfer*innen aus den Camps werden mit Regenschutz und Taschenlampen ausgestattet, um den Menschen besser beistehen zu können.
- In Theatergruppen werden Hygiene-Maßnahmen vermittelt. So erlernen die Menschen auf einfache und anschauliche Weise, sich vor Infektionen und Krankheiten zu schützen.
- In der Vergangenheit half die Welthungerhilfe außerdem mit ihrem Partner FIVDB im Camp 14 (Hakimpara) mit der Verteilung von Küchenbrennstoffen und effizienten Öfen zur Zubereitung von Speisen.
Die Namen in diesem Artikel wurden von der Redaktion geändert.