Indien - Land extremer Gegensätze
Schätze aus dem Urwald
Indien ist ein Land der Gegensätze. 1,25 Milliarden Menschen leben hier. Wenige von ihnen sind sehr reich, über die Hälfte der Bevölkerung lebt in Armut. Vier von zehn indischen Kindern sind unterernährt. Ein Drittel der Weltbevölkerung, die in Armut lebt, lebt in Indien. Obwohl es gelungen ist, die Verbreitung von Wachstumsverzögerung bei Kindern in Indien in den letzten zehn Jahren um nahezu die Hälfte zu verringern, lebt dort immer noch ein Drittel aller Kinder mit Wachstumsverzögerung weltweit. Gerade auf dem Land ist die Ernährung nur selten gesichert. Das bedeutet, viele Menschen sind hier latent von Hunger bedroht.
Klimawandel und Ausgrenzung als Ursache von Hunger
Ein Grund: Der Regenfeldbau ernährt zwar nahezu 40 Prozent der indischen Bevölkerung, diese Art der Landwirtschaft ist aber durch Dürren sehr gefährdet. Eine Folge des Klimawandels, den die Menschen in Indien deutlich spüren.
Eine weitere Ursache für Hunger und Armut: Ausgrenzung. Mädchen, Frauen, Indigene und Mitglieder der niedrigsten Kaste, die sogenannten „Unantastbaren“, gehören zu den Schwächsten der Gesellschaft. Viele von ihnen werden in ihren Menschenrechten, wie dem Recht auf Nahrung, beschnitten, sie gehen seltener zur Schule und haben schlechteren Zugang zu medizinischer Versorgung.
Infos & Facts zu Indien
- 13,7 % der indischen Bevölkerung sind unterernährt, weil sie ihren Kalorienbedarf nicht decken können.
- 35,5 % der Kinder unter 5 Jahren sind in ihrer Entwicklung zurückgeblieben (engl. "stunted"; zu geringe Körpergröße für ihr Alter), ein Beleg für chronische Unterernährung.
- 18,7 % der Kinder unter 5 Jahren sind ausgezehrt (engl. "wasted"; zu geringes Gewicht für ihre Körpergröße), ein Beleg für akute Unterernährung.
- 2,9 % der Kinder sterben, bevor sie 5 Jahre alt werden.
So hilft die Welthungerhilfe in Indien
Die Welthungerhilfe arbeitet seit über 50 Jahren in Indien. Dabei stärken wir vor allem benachteiligte Bevölkerungsgruppen, wie Frauen, Indigene und kleinbäuerliche Landwirt*innen.
- Wissen stärken: In 13 Schulen (Green Colleges) lernt die junge Landbevölkerung, ihre Ressourcen nachhaltig, aber profitabel zu nutzen. 75 Prozent der Absolvent*innen beginnen nach ihrem Abschluss eine Arbeit in der Landwirtschaft.
- Nachhaltige Landwirtschaft fördern: Kleinbäuer*innen lernen, die Erträge auf ihrem kleinen Land zu verbessern, ohne die natürlichen Ressourcen zu übernutzen. Dazu gehört die ökologische Landwirtschaft ebenso wie der Schutz von Wäldern und traditionellem Wissen.
- Demokratie und Frieden stärken: Mit der "Fight Hunger First" Initiative verschaffen wir benachteiligten Gruppen gesellschaftliche Beteiligung, um den Kreislauf der Armut zu durchbrechen. Frauen spielen in der Initiative eine besondere Rolle und übernehmen wichtige Funktionen, etwa in Bildung und der Leitung von Gruppen.
- Zugang zu Wasser und Hygiene verbessern: Wir helfen, hygienische Wasserquellen zu erschließen und nachhaltige Wassersysteme aufzubauen.
- Anpassung an den Klimawandel fördern: Wir arbeiten mit den Menschen daran, sich gegen Dürren, Überflutungen und Stürme zu wappnen.
Initiative „Fight Hunger First“
Heute ist die "Fight Hunger First" Initiative eine unserer wichtigsten Initiativen in Indien. Ziel ist es, Menschen zu befähigen, ihre Entwicklung selbst in die Hand zu nehmen. Dazu werden lokale Organisationen gegründet (Communiy Based Organisations), die alle nötigen Maßnahmen für ihre Dorfgemeinschaft planen und durchführen. Sie klären über Bürger- und Menschenrechte auf, vermitteln Wissen über gesunde Ernährung und nachhaltige Landwirtschaft, bauen Schulen, Gesundheitseinrichtungen und Sanitäranlagen.
Dieser Ansatz wirkt! 2016 gibt es über 900 aktive lokale Organisationen.
In den Gemeinschaften …
- reduzierte sich die Zahl der unterernährten Kinder um zehn Prozent,
- erhöhte sich die Zahl der Kinder, die zur Schule gehen, um zehn Prozent,
- wurden 300 Grundschulen gebaut, von denen 78 Prozent über sauberes Wasser und Sanitäranlagen verfügen.
- ernähren sich die Hälfte der Familien ausgewogen.
Verborgene Schätze, vergessene Nahrungsmittel
Eine ausgewogene Ernährung ist besonders wichtig für Frauen und Kinder. Neben den kultivierten Feldern der Großbauern und den bunten Gärten der kleinbäuerliche Landwirt*innen sind wahre Schätze zwischen großen Urwaldbäumen verborgen. In der Region Jharkhand etwa holen die älteren Frauen, die das traditionelle Wissen noch kennen, Blätter, Wurzeln, Pilze, Insekten und Früchte aus dem Wald. Diese zählen zu den unkultivierten Nahrungsmitteln, da sie bisher nicht im landwirtschaftlichen Sinne bearbeitet werden.
Diese vergessenen Nahrungsmittel könnten ein wichtiges Puzzleteil im Kampf gegen den Hunger in Indien sein, gerade in den weit abgelegenen Dörfern der ländlichen und indigenen Bevölkerung. Die Früchte des Waldes liefern wichtige Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe und sind eine wertvolle Beigabe zur täglichen Mahlzeit. Doch weil sich kaum jemand an diesen Reichtum erinnert, graben wir gemeinsam mit lokalen Partnern altes Wissen über diese verborgenen Nahrungsschätze wieder aus.