Ein Bericht über die Situation und unsere Maßnahmen im Jemen.
Seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges im Jemen 2015 hat sich die humanitäre Lage im Land dramatisch verschlechtert. Die Vereinten Nationen schätzen die humanitäre Krise vor Ort als eine der schlimmsten weltweit ein.
Von den rund 30 Millionen Einwohner*innen des Jemens haben etwa zwei Drittel keinen gesicherten Zugang zu Nahrungsmitteln und leiden Hunger. Das zerstörte Gesundheitssystem und die schlechten hygienischen Bedingungen haben zur Folge, dass sich gefährliche Krankheiten wie die Cholera weiter ausbreiten.
Am schlimmsten trifft es Frauen und Kinder. Laut dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung stirbt im Jemen alle zehn Minuten ein Kind an den Folgen übertragbarer Krankheiten. Über drei Millionen stillende Mütter, Schwangere und Kinder bis zum fünften Lebensjahr sind mäßig oder schwer unterernährt – und mit jedem weiteren Jahr des Kriegs werden es mehr.
Im sogenannten Fragile States Index (FSI) vom „Fund for Peace” schneidet der Jemen am schlechtesten ab. Fragile Staaten sind solche, in denen sich der Staat nicht angemessen um seine Bürger*innen kümmern kann oder will. Öffentliche Einrichtungen verfallen, Konflikte führen zu Flucht – und die Menschen hungern.
80 Prozent der jemenitischen Bevölkerung ist auf humanitäre Hilfe angewiesen. Doch Hilfsprogrammen fehlt es immer noch an ausreichend finanziellen Mitteln und der Krieg im Jemen ist kaum mehr in den internationalen Medien präsent.
Mit einem Ernährungsprogramm tausende Leben retten
Die Welthungerhilfe arbeitet mit drei international agierenden Organisationen zusammen, die in 10 von 22 Gouvernements im Jemen tätig sind und die Menschen vor Ort mit direkten Hilfsmaßnahmen unterstützen. Dazu gehört auch Islamic Relief, eine Hilfsorganisation, die im Jemen Zugang zu vielen Notleidenden hat. Sie führt in den Gouvernements al-Hudaida, Raymah, Amrān, Dhamār und Saʿda im Norden des Landes Ernährungsprogramme speziell für akut unterernährte, schwangere und stillende Frauen sowie Säuglinge und Kleinkinder durch. In diesen Regionen werden insgesamt 154 Gesundheitseinrichtungen unterstützt, in denen die Mütter und Kinder versorgt werden können.
Von akuter Unterernährung Betroffene werden hier mit sogenanntem Ready-to-Use Supplementary Food (RUSF) versorgt. Dabei handelt es sich um eine therapeutische Spezialnahrung, oft in Form einer Paste, die sogar für Kinder leicht zu verzehren ist und neben ausreichend Kalorien die wichtigsten Nährstoffe in hoher Konzentration liefert. Geschultes Gesundheitspersonal begleitet die Menschen über mehrere Monate, um sicherzustellen, dass sich ihr Zustand stabilisiert.
Für einen nachhaltigen Erfolg wird Müttern zudem das nötige Wissen vermittelt, um mit den Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen, sich und ihre Kinder so gesund wie möglich zu ernähren. In Hygieneschulungen wird ihnen beigebracht, wie sie sich vor Krankheiten schützen können, um so die hohe Kindersterblichkeitsrate schnellstmöglich wieder zu senken.
Bei allen Maßnahmen ist es wichtig, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen und sie dazu zu ermächtigen, eine dauerhaft funktionierende Versorgung aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Das stabilisiert ihre Lebenssituation und stärkt zugleich den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Zugang zu den Menschen nur mit Hilfe internationaler Partner möglich
Der im Jemen vorherrschende Krieg und die Zerstörung und Fluchtbewegungen, die er über die Jahre nach sich gezogen hat, erschweren die Versorgung der Menschen mit dem Nötigsten. Nur wenige Unternehmen sind in der Lage, Märkte vor Ort zu beliefern – etwa, weil Straßen zerstört sind oder der Zugang blockiert wird.
Die Kämpfe haben Fabriken und Anbauflächen zerstört sowie Millionen Menschen zu Flüchtlingen im eigenen Land gemacht, die nicht mehr ihrer Arbeit nachkommen können. Die Wirtschaft ist extrem geschwächt und der Jemen in immer weiter zunehmendem Maße von Importen abhängig – auch im Hinblick auf Lebensmittel. Doch die Preise für Lebensmittel sind unter anderem durch den Ukraine-Krieg seit Frühjahr 2022 so rasant gestiegen, dass sie sich kaum noch jemand leisten kann.
„Durch die Zusammenarbeit mit unseren spezialisierten Partnern, die unterschiedliche Schwerpunkte abdecken, können wir die Menschen im Jemen passgenau dort unterstützen, wo Hilfe am dringendsten benötigt wird.“
Renate Becker Regionaldirektorin Ost- und südliches AfrikaUnter all diesen Umständen ist es auch für Hilfsorganisationen eine große Herausforderung, ihrem Auftrag nachzukommen. Die Welthungerhilfe unterstützt deshalb Partner wie Islamic Relief, die im Jemen bereits verankert sind und über bestehende zuverlässige Netzwerke verfügen. So können wir sicherstellen, dass die Hilfe bei den Menschen ankommt und nachhaltig wirkt.
So hilft die Welthungerhilfe im Jemen
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In Zusammenarbeit mit Organisationen wie Islamic Relief unterstützen wir Ernährungsprogramme für akut unterernährte Kinder unter fünf Jahren und schwangere sowie stillende Frauen.
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Zusätzlich werden den Betroffenen wichtige Hygienepraktiken vermittelt und Krankheiten stationär behandelt.
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Insgesamt 41.903 Kinder unter fünf Jahren und 20.834 schwangere und stillende Frauen wurden bereits identifiziert und in die Ernährungsprogramme aufgenommen.
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Auch eine weitere Zusammenarbeit mit nationalen und lokalen Organisationen ist geplant, um diese bei Konfliktlösungen und einem zukünftigen Friedensprozess zu unterstützen.