
Zahnstocher gegen Hexenkraut
+++ Aktuell: Extreme Dürre in Kenia +++
Nachdem in Kenia dieses Jahr beide Regenzeiten sehr dürftig ausgefallen sind, herrscht in mehreren Teilen des Landes extreme Dürre. Ernten blieben aus und ganze Herden von Vieh verenden auf der Suche nach Wasser. Die kleinbäuerlichen und pastoralen Familien haben kein Einkommen mehr und können sich Lebensmittel kaum noch leisten. Viele müssen Mahlzeiten reduzieren oder sogar ganz ausfallen lassen. Laut UN-Schätzungen befinden sich rund 3 Mio. Menschen in einer Hungerkrise. Sie benötigen dringend Nahrungsmittel und Trinkwasser für sich und ihr Vieh, ebenso wie Reparaturen von Wasserstellen und Wasserauffangsystemen und einen Veterinärdienst für von der Dürre betroffenes Vieh.
Die Welthungerhilfe ist vor Ort und unterstützt die Menschen in Kenia mit Nothilfemaßnahmen: Unter anderem bekommen Mütter in Marsabit Unterstützung für ihre unterernährten Kinder. Mit Impfkampagnen tragen wir zur Aufklärung der Viehiert*innen bei, damit sie ihre Tiere gegen tödliche Krankheiten impfen.
Pilz-Innovation als biologisches Pflanzenschutzmittel
Hexenkraut - oder wie es wissenschaftlich genannt wird Striga hermonthica - befällt vor allem Mais und Hirse und verursacht Ertragsverluste zwischen 20 und 100 Prozent. Mit einem innovativen Social Business unterstützt die Welthungerhilfe Kleinbäuer*innen im Kampf gegen den Parasiten, um Ernten zu steigern.
In Afrika kämpfen 300 Millionen kleinbäuerliche Landwirt*innen auf rund 50 Millionen Hektar Agrarland gegen das verheerende Unkraut. Die damit verbundenen Ernteausfälle bedrohen die Existenz vieler Menschen. Die Wurzeln des Pflanzenparasits Striga setzen sich bereits kurz nach der Keimung an den Wurzeln der Maispflanze fest und entziehen ihr während der Wachstumsphase Nährstoffe, die dann für die Entwicklung fehlen. In schweren Fällen stirbt die Pflanze völlig ab. Da Mais in Kenia das Grundnahrungsmittel der Landbevölkerung ist, kann mit der erfolgreichen Bekämpfung von Striga ein wichtiger Beitrag zur Hungerbekämpfung und damit zur Ernährungssicherung geleistet werden.

Biologische Lösung mit großer Wirkung
In einer Forschungskooperation zwischen Prof. David Sands von der Montana State University in den USA und der kenianischen Forschungseinrichtung für Landwirtschaft und Viehzucht (KALRO) wurde ein Schimmelpilz als biologisches Pflanzenschutzmittel entwickelt. Im Rahmen eines Pilotprojekts pflanzten kenianische Landwirt*innen Mais an, der mit diesen Pilzstämmen geimpft war. Die Ernte stieg im Vergleich zu unbehandelten Parzellen im Durchschnitt um mehr als die Hälfte. So verfügten die beteiligten Bauernfamillien nicht nur über deutlich mehr Nahrungsmittel für den Eigenbedarf, sondern konnten darüber hinaus die Überschüsse verkaufen.
Zahnstocher gegen Unkraut - Wie funktioniert's?
- Es beginnt im Labor: Ein in Kenia heimischer Pilz-Stamm wird auf einem Stück Holz gezüchtet. Anfangs wurden Zahnstocher verwendet, daher der Name: "Toothpick-Project".
- In verschiedenen Dörfern wurden Landwirt*innen geschult: Sie füllen gekochten Reis und das pilzhaltige Holz in einen sterilisierten Behälter und verschließen ihn.
- Über drei Tage wird die Mischung zweimal täglich geschüttelt – der Pilz wächst auf dem Reis.
- Ein halber Teelöffel des Bio-Herbizids wird neben dem Saatgut in jedes Saatloch gegeben.
- Von da an wächst die Pflanze und ist gegen Striga geschützt.
Innovatives Social Business bekämpft den Hunger in Kenia
2016 startete die Welthungerhilfe Kenia ein Pilotprojekt in Form eines Sozialunternehmens (Social Business) und 2018 wurde die Toothpick Company Limited registriert. Auf über 500 Demonstrationsflächen im Westen Kenias wurden Bäuer*innen mit der Technologie vertraut und konnten das Mittel testen. Nach drei Versuchsjahren auf den Feldern wurde im Februar 2021 die Produktzulassung in Kenia erteilt.
Die Toothpick Company ist ein privates Unternehmen an dem die Welthungerhilfe als Anteileigner beteiligt ist. Das Unternehmen arbeitet eng mit den Forschern in Montana und der Kenya Agriculture & Livestock Research Organization (KALRO) zusammenarbeitet um so gemeinsam ein Social Business aufzubauen. Das Produkt auf Pilzbasis wird Landwirt*innen in West-Kenia unter dem lokalen Handelsnamen Kichawi KillTM zur Verfügung gestellt.
Eigenproduktion vor Ort - eine Chance für die ärmere Bevölkerung
Das biologische Pflanzenschutzmittel kann zukünftig kostengünstig in den betroffenen Dörfern produziert werden, unabhängig von der chemischen Industrie. Damit ist es auch für ärmere Bevölkerungsgruppen finanziell erschwinglich. Außerdem schafft die lokale Herstellung neue Einkommensmöglichkeiten.
Wir bilden Dorfbewohner*innen zu lokalen Unternehmer*innen aus. Sie lernen das Bioherbizid gegen Striga zu produzieren. Ziel ist es, dass sie das Endprodukt in guter Qualität und zu einem erschwinglichen Preis an die Landwirt*innen verkaufen können.
Zukunftsperspektiven mit biologischem Pflanzenschutzmittel in Kenia
Im Westen Kenias ist eine Ausweitung des Toothpick-Projekt-Ansatzes geplant. In naher Zukunft sollen zusätzlich auch weitere kenianische Regionen und afrikanische Länder von dem sozialen Unternehmen profitieren. In den nächsten Jahren planen wir eine Erweiterung der Toothpick Company, um ein ausgereiftes Verteilungssystem vom Labor zum Feld zu etablieren und den Landwirt*innen einen einfachen und kostengünstigen Zugang zur Technologie zu ermöglichen.
Die Welthungerhilfe investiert in die Firma Toothpick
Mit finanzieller Unterstützung von Dr. Peter Lüth und der DBU (Deutsche Bundesstiftung Umwelt) startete die Welthungerhilfe 2017 das kenianische Toothpick-Projekt. Als einer der drei Hauptgesellschafter der Kenyan Toothpick Company Limited sitzt ein Vertreter der Welthungerhilfe im Vorstand und hat den Vorsitz inne. Die weiteren Vorstandsmitglieder sind Dr. Peter Lüth und Claire Baker Sands, die Tochter von Prof. David Sands (Montana State University). The Toothpick Company war die erste Beteiligung der Welthungerhilfe an einem Social Business und damit ein Vorbild für weitere Investitionen in soziale Unternehmen.
Detaillierte Informationen und FAQs finden Sie auf unserer englischsprachigen Seite.
Investor*innen gesucht
Zur Erweiterung des Social Businesses "Tootpick Company" und Verbreitung des innovativen biologischen Herbizids werden weitere Investor*innen gesucht. Bei Interesse nehmen Sie gerne Kontakt auf.