Sauberes Wasser, Wissen um Hygiene und Sanitärversorgung - ohne diesen Dreiklang ist ein gesundes Leben kaum möglich.
Aus Alt mach Neu
Man nehme Sand, Wasser, Kalk und sechs Teile Pappe oder Papier, vermische alles zu einer Masse, forme diese zu Quadern, lasse sie trocknen und erhalte – Mauersteine. Die vier Hände auf dem Foto präsentieren die vier Zutaten, eine davon ist ein Bündel Altpapier.
Und hier kommt die Welthungerhilfe ins Spiel. Denn im Rahmen ihres Müllmanagement- und Recyclingprojektes in Tuléar im Südwesten Madagaskars werden Abfälle nicht nur gesammelt, sondern auch weiterverarbeitet. Wie beispielsweise zu Steinen, die als Mauern in Innenräumen Verwendung finden.
Im Müll versunken
Früher gab es in Tuléar wilde Mülldeponien, die das Grundwasser verunreinigten, und verbrennender Müll verursachte giftigen Qualm. In einer langjährigen Zusammenarbeit der Welthungerhilfe mit den städtischen Behörden ist ein System zur Abfallbeseitigung und Wiederverwertung entstanden, zudem ein Zentrum für die Lagerung und Trennung der Abfälle. All das trägt zum Schutz des Wassers bei und damit zur Gesundheit der Familien.
Und noch einen positiven Effekt hat das Projekt in einer Region, in der fast die Hälfte der Haushalte unterhalb der Armutsgrenze lebt: Es entstehen Arbeitsplätze. Vor allem alleinerziehenden Frauen und arbeitslosen Jugendlichen bietet das Sammeln der Abfälle und ihre Wiederverwertung eine Existenzgrundlage. Dafür erhalten sie eine entsprechende Ausstattung und Schulungen. Aufklärungsarbeit gehört zu den wichtigen Grundpfeilern des Projekts, um die Bevölkerung nachhaltig für einen verantwortungsbewussten Umgang mit ihrem eigenen Abfall zu sensibilisieren.
Recycling hilft der Gesellschaft
Im Rahmen der Projektarbeit sind viele Initiativen zur Wiederverwertung des Abfalls entstanden. Daraus haben sich Arbeitsgemeinschaften gebildet, die Teile des Mülls als Rohmaterial weiterverarbeiten. Unter anderem zu den bereits genannten Mauersteinen – doch das ist bei weitem nicht alles.
Bioabfall lässt sich wunderbar kompostieren und je nach Zusammensetzung auch zu "grüner Kohle" verarbeiten, die zum Heizen dient. Auch aus Papier- und Pappmüll lassen sich Biobriketts herstellen. Aus Abfall gewonnene Düngemittel finden gleich Verwendung in neuen Urban-Gardening-Projekten, die die Stadt lebenswerter machen.
Es geht noch kreativer: Unter dem Label "Green Tocco" stellt eine Gruppe Frauen aus Materialien wie Altpapier, Kaffeekapseln oder Autoreifen in Handarbeit Schmuck und Accessoires her, um mit dem Verkauf unabhängig ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und mit "TuléArt" gibt es seit August 2019 ein ganzes Museum nur für Kunstwerke aus wiederverwertetem Abfall in Tuléar, das nicht nur mit Spaß für verantwortungsvolles Müllmanagement sensibilisiert, sondern auch Touristen anzieht, die die Wirtschaft ankurbeln.
Dort, wo sich einst Müllberge befanden, ist nun Platz für neue Restaurants, Geschäfte oder Freizeiteinrichtungen. Am Ende der Verwertungskette stehen zahlreiche Chancen für die Menschen in Tuléar.
Vorbild für ganz Madagaskar
Für die laufende Phase der Entwicklung des Öffentlichen und Privaten Abfallsektors sollen die bemerkenswerten Erfolge in Tuléar als Vorbild für weitere Städte und Ortschaften in Madagaskar dienen. Dafür können die Verantwortlichen auf das Wissen und die Skills der Menschen in Tuléar bauen. Die Welthungerhilfe unterstützt diese Vorhaben weiterhin mit nötiger Technik und Material.
Konkrete Maßnahmen beginnen in Fort-Dauphin, der Hauptstadt der Region Anosy an der Südostküste des afrikanischen Inselstaats. Doch die Erfolgsgeschichte soll schließlich auch in der Hauptstadt Antananarivo ankommen. Wir engagieren uns, um Entscheider*innen in den zuständigen nationalen Behörden von dem Konzept zu überzeugen. Denn sie können die Rahmenbedingungen dafür schaffen, die Umsetzung des nun erprobten Müllverwertungsprogramms landesweit zu erleichtern.
Bei diesem Text handelt es sich um eine erweiterte Fassung des gleichnamigen Artikels von Gildas Ramanirison, der erstmals im Welthungerhilfe-Magazin, Ausgabe: 04/2022 erschienen ist. Ramanirison arbeitet im Team der Welthungerhilfe in Madagaskar.
So hilft die Welthungerhilfe in Madagaskar
- Wir unterstützen die Stadtverwaltung von Tuléar weiter mit materiellen und technischen Mitteln bei der Abfallverwertung.
- Wir begleiten und beraten die Stadtverwaltung von Fort Dauphin bei der Umsetzung eines eigenen Müllverwertungsprogramms.
- Wir organisieren Bildungskampagnen für Kinder und Lehrer*innen sowie öffentliche Veranstaltungen zur Aufklärung und Sensibilisierung über den Umgang mit Müll auf lokaler und nationaler Ebene – etwa durch Recycling-Aktivitäten, innovative Spiele oder Theater- und Radioprogramme.
- Wir unterstützen Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen.
- Wir arbeiten mit den zuständigen Ministerien zusammen, damit sie Maßnahmen für eine bessere Steuerung der Abfallwirtschaft ergreifen sowie weitere Bildungsprogramme auf nationaler Ebene durchführen können.