Menschen ernähren und Wald schützen: Landwirtschaft im (Klima-)Wandel
Zahlen können Geschichten erzählen:
- In 40 Jahren wird der gesamte Wald in Malawi gerodet sein, wenn die Entwaldung im jetzigen Tempo fortschreitet.
- 80% der Befragten gaben bei einer Umfrage in Malawi an, aufgrund von Nahrungsmittelknappheit nur noch zweimal am Tag essen zu können.
Die Geschichte hinter diesen Zahlen beschreibt einen Teufelskreis, in dem der Klimawandel eine wichtige Rolle spielt. Dürre und Starkregen bedrohen im Süden Malawis die Ernten der Kleinbäuer*innen. Die große Mehrheit der Menschen ist hier für den Lebensunterhalt auf die Erzeugnisse der eigenen Landwirtschaft angewiesen. Die Auslaugung der Böden durch Monokulturen ist schon länger ein Problem; nun kommen die Folgen des Klimawandels hinzu. Zu allem Überfluss leidet die Region derzeit unter Inflation, Treibstoffknappheit und den wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine.
Hunger als Folge des Klimawandels
Aus all diesen Gründen ist Hunger wieder zum Problem geworden. Wie in den meisten Regionen der Erde waren auch in Südmalawi drei Mahlzeiten am Tag die Regel; heute sind es für die meisten Menschen nur noch zwei – und in den Monaten von Dezember bis April, in denen nicht geerntet wird, können viele sogar nur noch einmal täglich essen. Besonders Kinder leiden unter den gesundheitlichen Folgen von Mangelernährung.
Menschen sind erfinderisch und suchen immer nach Auswegen. Der Ausweg vieler Menschen in Südmalawi führt in den Wald. Knapp ein Drittel des Staatsgebiets von Malawi ist von Wald- und Buschvegetation bedeckt. Schon in der Vergangenheit sind Waldgebiete als Land- und Rohstoffreserven der wirtschaftlichen Entwicklung zum Opfer gefallen. Um diese problematische Entwicklung unter Kontrolle zu bekommen, hat das Land verschiedene Nationalparks und Schutzgebiete eingerichtet.
In der gegenwärtigen Ernährungskrise geraten diese Schutzräume unter Druck. Landwirt*innen roden illegal Waldgebiete, um zusätzliche landwirtschaftliche Anbauflächen zu gewinnen. Andere produzieren aus widerrechtlich gefällten Bäumen Holzkohle zum Weiterverkauf, da ihre Familien zum wirtschaftlichen Überleben ein zweites Standbein brauchen.
Aber dieser Weg ist in doppeltem Sinne ein Holzweg. Wo Wälder gerodet werden, wird Biodiversität zerstört, gewinnt der Klimawandel weiter an Fahrt, verstärkt sich die Erosion der Böden. Ohne die Wasserspeicherkapazität der Wälder etwa wird die Bedrohung landwirtschaftlicher Nutzflächen durch Starkregen künftig noch größer.
Landwirtschaft passt sich an den Klimawandel an
Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, haben die Welthungerhilfe und das Kusamala Institute of Agriculture and Ecology ein Projekt ins Leben gerufen, das Landwirt*innen neue Perspektiven eröffnen und Waldschäden rückgängig machen will. In 20 Dörfern im Distrikt Mangochi werden bäuerliche Familienbetriebe beim Umstieg auf Produktionsweisen unterstützt, die einerseits nachhaltig und andererseits besser an die Klimaveränderungen angepasst sind.
Dazu gehören ein besseres Wasser- und Erntemanagement sowie der Anbau klimatoleranter Nutzpflanzen. Aber auch eine grundsätzliche Diversifizierung der landwirtschaftlichen Produktion gehört zu den Maßnahmen, die die Ernährungskrise entschärfen können: Kleintierzucht und Bienenhaltung machen Bäuer*innen weniger abhängig von ihren Feldfrüchten; der Anbau einer größeren Vielfalt von Nutzpflanzen wirkt der Auslaugung der Böden entgegen.
Der zweite Schwerpunkt des Projekts ist die nachhaltige Waldnutzung. Menschen können von ihren Wäldern profitieren, ohne sie zu zerstören. Das Projekt informiert über die Bedeutung des Waldes und über Möglichkeiten, Waldfrüchte nachhaltig zu nutzen. Gleichzeitig sollen 800.000 Baumsetzlinge neu gepflanzt werden.
Letztlich geht es um Resilienz – um Widerstands- und Anpassungsfähigkeit: Wir alle müssen lernen, mit den wechselhaften Folgen des Klimawandels zu leben und dabei gleichzeitig unseren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. In Malawi bedrohen die Veränderungen bereits die Lebensgrundlagen vieler Menschen. Das Kusamala Institute of Agriculture and Ecology, der langjährige Partner der Welthungerhilfe vor Ort, entwickelt Konzepte zur Anpassung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft an die sich wandelnden ökologischen Voraussetzungen.
Denn nur wenn Menschen heute genug zu essen haben, können sie es sich leisten, sich auch um die Zukunft ihrer natürlichen Umwelt zu sorgen. Und umgekehrt gilt: Nur wenn Bäuer*innen sich an die Erfordernisse einer Umwelt im Wandel anpassen, können sie genug produzieren, um ihre Familien zu ernähren.
So helfen wir in Malawi bei der Klimaanpassung
- Wir pflanzen 800.000 Baumsetzlinge angrenzend an das Phirilongwe-Waldreservat und sichern dadurch Baumbestand und Artenvielfalt.
- 2.400 Haushalte in 20 Dörfern erhalten Saatgut für klimatolerante Nutzpflanzen, Setzlinge für Obstbäume und landwirtschaftliche Geräte.
- Wir schulen 300 Landwirt*innen in nachhaltiger Landwirtschaft, Wasser- und Erntemanagement, Waldschutz und in der Nutzung von Waldfrüchten wie Nüssen und Beeren.
- 800 Haushalte erhalten Kleintiere und 1.200 Bienenstöcke, um die landwirtschaftliche Produktion auf eine breitere Basis zu stellen.
- Mit unserer digitalen App „Zaulimi“ unterstützen wir bäuerliche Familienbetriebe mit Informationen zu Erntepreisen, Markt, Viehbeständen und landwirtschaftlichen Leih-Geräten.
- Wir gründen Ernährungs- und Hygieneclubs, um Informationen zu Gesundheits- und Ernährungsthemen zugänglich zu machen.