Mit Permakultur der Dürre trotzen
Jenifer Dokali hat Schweißperlen auf der Stirn, während sie mit einer 20-Liter-Gießkanne die Pflanzen in ihrem Gemüsegarten gießt. Das Thermometer misst 35 Grad. „Es hat diese Woche noch gar nicht geregnet, da ist das Bewässern besonders wichtig“, sagt die Kleinbäuerin aus dem Dorf Chiwalo am Malawisee. Die Konsequenzen fehlender Bewässerung hat die 42-Jährige während der extremen Dürren der vergangenen Jahre erlebt. Der Mais auf ihrem drei Kilometer entfernten Feld verdorrte. „Es war schwer in dieser Zeit, meinen Kindern jeden Tag etwas zu essen zuzubereiten.“
Natürliche Vielfalt statt einseitiger Monokultur
Die Distrikte Dedza und Mangochi im Westen von Malawi gehören zu den am wenigsten entwickelten Regionen des Landes. Rund 80 Prozent der Bevölkerung hier betreiben kleinbäuerliche Landwirtschaft. In den vergangenen Jahren vernichteten schwere Dürren und Überschwemmungen ganze Ernten in den Distrikten. Weil ein Großteil der Kleinbäuer*innen ausschließlich Mais auf ihren Feldern anbaut, fällt bei Dürre oder Überschwemmungen die komplette Ernte aus. Die Familien müssen hungern.
Zusammen mit ihrer lokalen Partnerorganisation Kusamala setzt sich die Welthungerhilfe dafür ein, der riskanten Monokultur entgegenzuwirken – mit Permakultur. Das Konzept zielt auf die Schaffung von dauerhaft funktionierenden, nachhaltigen und naturnahen Kreisläufen. Grundprinzip der Permakultur ist ein ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltiges Wirtschaften mit allen Ressourcen. Hierbei werden lokale Pflanzen angebaut und die Felder und Gärten so behandelt, dass die vorhandenen Ressourcen optimal genutzt werden. So wird beispielsweise Abwasser zur Bewässerung genutzt, selbsthergestellter Kompost als Dünger verwendet und Pflanzen nebeneinander gepflanzt, die voneinander profitieren.
Natürliche Synergien nutzen
Der Gemüsegarten hinter Jenifer Dokalis Haus wirkt wie eine Oase. Kürbisblätter, Tomaten und Mais gedeihen hier in satten Farben. „Ich hätte nicht erwartet, dass hier überhaupt etwas wächst“, sagt Jenifer und zeigt auf den sandigen Boden, während sie Kürbisblätter für das Mittagessen erntet. „Das ist der Grund, warum alle aus dem Dorf ihr Feld drei Kilometer weit entfernt haben. Dort ist der Boden nicht so sandig.“
Ich habe gesehen, wie viele verschiedene Pflanzen auf einem Feld wachsen können. Jetzt nutze ich die Natur für mich.
Jenifer Dokali Kleinbäuerin aus dem Dorf Chiwalo am MalawiseeAngelegt hat sie den Garten vor vier Monaten nach dem Konzept der Permakultur. „Ich nutze die Natur jetzt für mich und stelle alles wirkungsvoll um.“ Für den Gemüseanbau schaut sie sich Synergien aus Ökosystemen ab. So wachsen hier Pflanzen nebeneinander, die voneinander profitieren. Beispielsweise Ringelblumen als Insektenvertreiber neben dem Kürbis. Stroh auf dem Boden verhindert, dass das Wasser sofort wieder verdunstet. Statt Industriedünger wird Kompost aus Abfällen hergestellt. Das Wissen zur Permakultur hat sich Jenifer in einem Training von Kusamala erarbeitet. „Im Trainingsfeld habe ich gesehen, wie viele verschiedene Pflanzen auf einem Feld wachsen können, so etwas wollte ich auch haben“, berichtet sie.
"Modellfarmer*innen" teilen ihr Wissen
Damit nicht nur sie selbst von dem Training profitiert, ist Jenifer „Modellfarmerin“ in ihrem Dorf. Mit Hilfe von Kusamala-Mitarbeiter*innen Davie Phiri hat sie einen Demonstrationsgarten hinter ihrem Haus angelegt. Ausbildung, Saatgut und Gartengeräte werden von der Welthungerhilfe finanziert. „Uns ist es wichtig, den Landwirt*innen zu zeigen, dass sie auch mehrere Sachen gleichzeitig anbauen können“, sagt Davie. „Die meisten von ihnen bauen ausschließlich Mais an. Das Konzept der Permakultur ist ihnen unbekannt.“ Als Modellfarmerin gibt Jenifer das erlernte Wissen an 20 andere kleinbäuerliche Landwirt*innen aus dem Dorf weiter. „Immer, wenn ich etwas Neues anlege oder Kompost zubereite, hole ich die Anderen zu mir in den Garten“, berichtet Jenifer. Alle seien sehr daran interessiert. „Manche haben bereits angefangen, einen ähnlichen Garten anzulegen.“
Die Aktivitäten sind Teil eines Projekts, bei dem die Welthungerhilfe auf den Dreiklang aus sanitären Anlagen, Hygiene und gesunde Ernährung setzt. Ein weiterer Bestandteil sind sogenannte „Gesundheitsclubs“. In 25 Dörfern in den Regionen Mangochi und Dedza werden die Dorfbewohner*innen für Hygiene sensibilisiert. Außerdem ist das Engagement an Schulen ein wichtiger Teil der Arbeit der Welthungerhilfe. Neben Schul-Gesundheitsclubs setzt sie auch auf ein Schulspeisungsprogramm, damit Schüler*innen täglich eine warme Mahlzeit erhalten. Die ausgewogenen Mahlzeiten helfen den Kindern, den Unterricht regelmäßig zu besuchen und bessere Leistungen zu erbringen. Die Krankheitsraten in den Schulen sind seit Beginn der Aktivitäten deutlich gesunken.
So unterstützt die Welthungerhilfe in Malawi:
- Durchführung landwirtschaftlicher Schulungen, von denen rund 4.500 kleinbäuerliche Haushalte profitieren sollen;
- Bereitstellung von Saatgut und Gartengeräten;
- Pflanzung von Energiewäldern mit schnellwachsenden Baumarten, welche von der Bevölkerung als Quelle für Feuerholz genutzt werden können. So soll die starke Entwaldung in Malawi aufgehalten werden;
- Erarbeitung eines sozialen Plans mit Kleinbäuer*innen zur Vermarktung von Kosmetikpulver aus Baobab, den Früchten des afrikanischen Affenbrotbaums;
- Gründung von Gesundheitsclubs in 25 Dörfern im Projektgebiet. Circa 9.000 Personen werden für Hygiene sensibilisiert. Die Leitung der Clubs übernehmen nach intensivem Training lokale Freiwillige aus der Dorfgemeinschaft.
- 8.000 Schüler*innen an elf Grundschulen erhalten durch das Schulspeisungsprogramm täglich eine warme Mahlzeit und können dadurch regelmäßiger am Unterricht teilnehmen.