Die Arbeit der Welthungerhilfe in Uganda.
Wir fangen einfach an
Jetzt spendenAkoy ist 30 Jahre alt und Lehrer an der Ayilo 2A Grundschule in Adjumani, Nord-Uganda. Auf den ersten Blick sieht die Schule aus wie viele andere in Uganda, vielleicht sogar ein bisschen besser, weil sie noch nicht so alt ist. Doch sie steht im Zentrum einer großen, weitflächigen Siedlung, bewohnt von südsudanesischen Flüchtlingen. Mehr als 200.000 Menschen, die ihre Heimat im Südsudan verlassen mussten, leben im Distrikt Adjumani – vor allem Frauen und Kinder, kaum Männer.
Hoffnung auf einen Neubeginn in Uganda
Akoy ist auch aus dem Südsudan geflohen. „Meine Frau und ich haben uns vor etwas mehr als zwei Jahren auf den Weg gemacht. Wir sind in der Nacht aufgebrochen. Es war gefährlich.“ Auf die Frage, ob er etwas über die Flucht und seine eigene Geschichte erzählen kann oder möchte, neigt Akoy den Kopf etwas, seine Augen konzentrieren sich und sein Mund verzieht sich zu einem etwas gezwungenem, ganz leichtem Lächeln. Er sagt nichts. Es muss eigentlich auch nichts gesagt werden. Sein Blick spricht Bände und es ist auch ohne Worte klar, dass seine Geschichte eine traurige ist.
Es ist dieselbe Geschichte der vielen Menschen, die hier in Adjumani eine sichere Bleibe gefunden haben. Sie erzählt von Angst und Gewalt, von Leben und Tod und der Hoffnung, zumindest das eigene Leben retten zu können und in Uganda Schutz zu finden. Dann spricht Akoy doch: „Wissen Sie, meine Frau und ich kamen hier im Juni 2014 an. Wir waren sehr glücklich, als wir die Grenze erreicht hatten. Man hat uns sofort mit Wasser und Essen versorgt. Wir waren so glücklich!“ Und immer noch wirkt Akoys Gesicht starr und ernst. Seine Stimme ist ruhig, fast tonlos.
Seine Frau und er blieben nicht lange im ugandischen Aufnahmezentrum der Vereinten Nationen an der südsudanesischen Grenze. Es ist das Konzept der ugandischen Regierung, Flüchtlinge wohlwollend aufzunehmen und sie möglichst schnell anzusiedeln und nicht in Camps leben zu lassen. Jeder ankommende Flüchtling darf bleiben. Bei der Aufnahme wurde Akoy nach seinem Beruf gefragt. Er ist Lehrer, Grundschullehrer. Nicht im Traum hatte er daran gedacht, seinen Beruf in Uganda fortführen zu können.
Für ein Stück Normalität im Flüchtlingscamp
In Adjumani aber wurden Lehrer gebraucht, so viele Kinder sind hierher geflohen. Akoy erzählt: „Man sagte mir, wenn ich wollte, könnte ich sofort mit der ‚Schule unterm Baum‘ anfangen.“ Das ist Unterricht im Freien, wo es vielleicht kein Schulgebäude gibt. „Es sei allein meine Initiative, mit dem Unterricht zu beginnen. Man sagte mir: Fangen Sie einfach an!“
Und jetzt zieht doch ein kleines Lächeln in Akoys Gesicht: „Natürlich habe ich sofort angefangen. Ich komme aus dem Jonglei State im Südsudan, ich bin ein Dinka und spreche die Sprache vieler Kinder, die hierher geflohen sind. Ich habe die Chance genutzt, Sprachmittler und Lehrer zu sein. Die Kinder hatten doch denselben Weg wie ich. Ich dachte, ich kann ihnen helfen und mich so nützlich machen.“
Die Kinder danken es ihm. Man spürt es an ihrem lebendigen Lachen und Rufen. Menschen wie Akoy sind nicht ausschließlich Lehrer. Sie helfen den Kindern, ein Stück Normalität wiederzugewinnen und ihnen den Eintritt in ein neues Land, eine neue Sprache und eine neue Umgebung zu erleichtern. Er kennt und teilt ihre traurige Geschichte. Gemeinsam können sie ihr Lachen wiedergewinnen und nach vorne schauen.
Unterricht endlich auch bei Regen
Die Leitung der Ayilo 2A Grundschule wurde aufmerksam auf Akoy und fragte ihn, ob er nicht als Lehrer an die Schule kommen wollte. Ja, natürlich, das wollte er sehr, sehr gern. Kurz nach seiner Ankunft in Adjumani wurde er also Lehrer für Mathematik, Englisch und Sachkunde für an der Ayilo 2A Grundschule. Akoy ist stolz auf die Schule. „Unsere Kinder sind glücklich hier. Wir haben jetzt schöne Klassenräume und Lehrer-Häuser. Und auch wenn es regnet, können wir weiter unterrichten.“
Er geht zu einer Schüler-Gruppe, die unbedingt vor ihrer Schule fotografiert werden möchte. Sie sind schon älter, besuchen aber hier ebenfalls den Unterricht. Die Klassen sind zurzeit sehr groß, 150 Kinder lernen in einem Raum, anstatt wie üblich 55. Aber es sind eben gerade sehr viele Kinder angekommen.
Die Zukunft ist ungewiss
Am Ende eines Besuchs steht oft die Frage, was die Zukunft bringen wird. Diese Frage sorgt aber manchmal auch für Stille und Sprachlosigkeit, doch Akoy ist vorbereitet. Seine Antwort kommt ohne Überlegung: „Wir wissen es nicht. Hier geht es uns erst einmal gut. Aber wenn Sie so fragen, könnten Sie vielleicht in Deutschland Danke sagen und vielleicht auch darum bitten, dass wir noch etwas mehr Platz für die Lehrer bekommen könnten? Es wäre sehr schön, wenn wir etwas mehr Raum hätten.“
Die Welthungerhilfe hat in Kooperation mit der Höller-Stiftung die Ausstattung der Schule gefördert. Akoy selbst lebt in der Siedlung mit seiner Familie zusammen in einer kleinen Rundhütte, aber die Lehrer von außerhalb, die zum Arbeiten hier sind, leben in kleinen Häusern hinter der Schule, zu zweit in einem Raum. Da ist es tatsächlich sehr eng.
Beim Verlassen des Schulgeländes hört man wieder das Rufen und Lachen der Kinder. Akoy verabschiedet sich – sein Gesicht ist jetzt wieder ohne Mimik. Aber im Gespräch hatte es sich geöffnet und gezeigt, wie viel Stärke und Stolz sich dieser Mann bewahrt hat. Den Funken Hoffnung, den man in seinen Augen erahnen kann, gibt er an die Kinder weiter.