Antworten auf die häufigsten Fragen zum Thema Hunger.
Ernährungssicherheit – eine Frage der Gerechtigkeit
Ziele und nachhaltige Wege, um gesunde Ernährung zu sichern
Eine gesunde Ernährung erfordert nicht nur ausreichend Nahrung, sondern auch deren ausgewogene Zusammensetzung. Etwa zwei Milliarden Menschen weltweit leiden am „Verborgenen Hunger“, da ihnen essenzielle Vitamine und Mineralien fehlen. Besonders Kinder sind von den Folgen betroffen, da Mangelernährung ihre körperliche und geistige Entwicklung beeinträchtigt, sie anfälliger für Krankheiten macht und ihre Sterblichkeitsrate erhöht.
Um dies zu bekämpfen, ist es notwendig, nachhaltige und resiliente Anbaumethoden zu fördern, die zu besseren Ernten führen und so die Ernährungssicherheit gewährleisten. Gleichzeitig muss der Zugang zu einem erschwinglichen und nährstoffreichen Nahrungsmix gewährleistet werden. Besonders in Ländern des Globalen Südens ist gesunde Ernährung oft auch eine Frage des Geldes. Eine abwechslungsreiche Ernährung ist entscheidend für die Entwicklung und das Wohlbefinden von Kindern, Müttern und Menschen weltweit.
Ernährungssicherheit gewährleisten
Hunger und Unterernährung sind weiterhin ein weitverbreitetes Problem, das körperliche und kognitive Beeinträchtigungen verursacht, das Wirtschaftswachstum hemmt und Armut aufrechterhält. Im Jahr 2020 litten weltweit 149 Millionen Kinder unter Entwicklungsverzögerungen, 45 Millionen waren unterernährt und 38,9 Millionen übergewichtig oder fettleibig. Mangelernährung ist für 45 % der Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren verantwortlich. Besonders Mikronährstoffmängel, wie Eisen, Zink und Vitamin A, stellen ein bedeutendes Gesundheitsproblem dar.
Der Klimawandel, zunehmende Ungleichheit, Konflikte und die Folgen der COVID-19-Pandemie verschärfen die ohnehin kritische Lage. Diese Faktoren sind eng mit Unterernährung und deren Auswirkungen auf Ernährungssicherheit, Gesundheit, Gleichstellung der Geschlechter und Regierungsführung verbunden. Daher sind sektorübergreifende und integrierte Ansätze erforderlich, um die Ursachen der Unterernährung wirksam zu bekämpfen. Die Welthungerhilfe verfolgt dabei einen systemischen Ansatz, um Hunger und Armut zu mindern.
Ernährungssicherheit ist die Verantwortung von uns allen
Um eine Welt ohne Hunger zu erreichen, sind auch die Länder des Globalen Nordens gefordert. Denn ihr Bedarf an Biomasse für Kraftstoffe, Viehfutter oder Industrieprodukte ist immens.
Der Raubbau an der Natur hat vielerorts auch gravierende soziale Auswirkungen, wie Landraub oder steigende Nahrungsmittelpreise. Unsere ressourcenintensive Lebensweise beschleunigt den Klimawandel und steigert die Anfälligkeit für die Folgen desselben. Folgen, die in Form von immer häufigeren Dürren, katastrophalen Unwettern oder Überschwemmungen in den Entwicklungsländern zu Armut, Hunger und Mangelernährung führen.
Deshalb engagiert sich die Welthungerhilfe in zahlreichen nationalen und internationalen Netzwerken in Deutschland, Europa und den Vereinten Nationen. Mit dieser politischen Arbeit leistet die Welthungerhilfe einen Beitrag zur Veränderung der strukturellen Ursachen für Hunger und Mangelernährung und der Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung.
Ziele der Welthungerhilfe zur Ernährungssicherheit
- Kleinbäuerliche Landwirtschaft steht weltweit im Fokus der Ernährungssicherung.
- Das Menschenrecht auf Nahrung wird ausnahmslos umgesetzt.
- Die globalen Agrar- und Ernährungssysteme sorgen für soziale Gerechtigkeit, ökologische Tragfähigkeit und nachhaltiges Wirtschaften.
- Lokale und regionale Produktions- und Versorgungssysteme zielen auf eine gesunde Ernährung.
- Die ökologischen und sozialen Folgekosten industrieller Massenproduktion spiegeln sich in der Preiskalkulation wieder. So werden nachhaltige Anbaumethoden und Tierhaltung konkurrenzfähig.
- Die Nationalregierungen berücksichtigen die Auswirkungen sämtlicher Politikmaßnahmen auf die Ernährungssysteme anderer Länder.
- Die Bundesregierung schafft Anreize für eine gesunde Ernährung aus nachhaltiger Produktion.
- Der Fisch- und Fleischkonsum in den Industrie- und Schwellenländern geht zurück.
- Die Zivilgesellschaft kann ihre Aufgabe, staatliche Außen-, Handels- und Entwicklungspolitik zu überwachen, ungehindert wahrnehmen.
Der strategische Ansatz der Welthungerhilfe
Die Welthungerhilfe fördert systemische, sektorübergreifende Programmansätze, um das Thema Ernährung, einschließlich Landwirtschaft, Lebensgrundlagen, Ernährungssicherheit, Klimaresistenz, wirtschaftliche Anpassung und Entwicklung von Fähigkeiten.
- Ernährungsprogramm: In den meisten Projekten wird ein ganzheitlicher Ernährungsansatz verfolgt, bei dem die Welthungerhilfe die systemischen Ursachen, die zur Unterernährung beitragen, adressiert.
- Sektorale Integration: Alle relevanten Sektoren werden systematisch zusammengeführt, um Mangelernährung aus einer ganzheitlichen Perspektive anzugehen.
- Zusammenarbeit und Koordination: Es erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit anderen Sektoren (z. B. Gesundheit) sowie verschiedenen öffentlichen und privaten Akteuren auf nationaler und subnationaler Ebene, um durch gebündelte Ernährungskapazitäten und -kenntnisse Mangelernährung effektiver und effizienter zu bekämpfen.
- Kapazitätsaustausch: Die Welthungerhilfe und ihre Partner fördern den internen und externen Kapazitätsaustausch, um eine nachhaltige Verbesserung der Ernährungssituation zu gewährleisten.
- Contextual Analysis of Nutrition (CAN): Eine vertiefte Analyse der Ernährungspraktiken, der Faktoren, die zur Unterernährung beitragen, sowie der Trends der wichtigsten Ernährungsindikatoren und eine Kartierung von Wegen zur Verbesserung der Ernährungssicherheit dient als Grundlage für den Ansatz.
Tiefer ins Thema einsteigen
Ergebnisse unserer Arbeit im Bereich Ernährungssicherheit
95
Projekte mit Ernährungskomponente
28
Länder
3 Mio.
Menschen in Projekten erreicht
>500.000
Teilnehmende im Nutrition Smart CommUNITY-Programm
Im Jahr 2024 erreichten die 95 ernährungsbezogenen Projekte der Welthungerhilfe direkt 3 Millionen Menschen, wobei 36 Millionen EUR in die Verbesserung der Ernährung investiert wurden. Zu den ergriffenen Maßnahmen gehören:
- Verbesserung der Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern: Durch die Stärkung der Fähigkeiten von Müttern und Betreuern auf Gemeindeebene werden eine bessere Kinderbetreuung und Verhaltensänderungen innerhalb der Familien gefördert.
- Behandlung akuter Unterernährung: Dies erfolgt durch die Unterstützung lokaler Gesundheitssysteme, z. B. mithilfe von App-basierten Messungen, Früherkennung von Unterernährung, aufsuchender Hilfe, mobilen Kliniken, therapeutischer Ernährung, häuslicher Nachsorge und Ernährungsberatung.
- Gezielte Ernährungsinterventionen in Notfällen: Dazu gehören das Screening und die Überweisung von Fällen akuter Unterernährung, familiengeführte MUAC-Messungen, die Unterstützung von Stabilisierungszentren sowie das Management von kleinen, ernährungsgefährdeten Kindern unter sechs Monaten und ihren Müttern (MAMI).
- Verknüpfung von Landwirtschaft und natürlichem Ressourcenmanagement (LANN+): Dies zielt auf nachhaltige Ernährungssicherheit durch partizipatives Lernen und Handeln, das Familien hilft, die Ursachen von Mangelernährung zu verstehen und ihre Ressourcen gezielt zu nutzen.
- Förderung sozialer und verhaltensbezogener Veränderungen: Die Diversifizierung der Ernährung und optimale Ernährungspraktiken werden durch Beratungsgespräche und kommunale Gesundheitsclubs unterstützt.
- Ernährungsgärten und nachhaltige integrierte Landwirtschaftssysteme (SIFS): Diese Maßnahmen fördern eine umweltfreundliche Landwirtschaft, um den Zugang bedürftiger Familien zu vielfältigen, nährstoffreichen Lebensmitteln zu sichern.
- Zusammenarbeit mit Schulen: Der Fokus liegt auf der Ernährungsbildung, der Verbesserung der Qualität der Mahlzeiten und dem praktischen Lernen durch Schulgärten.
Mit der Fortführung dieser Arbeit strebt die Welthungerhilfe an, die Integration ernährungsbezogener Interventionen mit anderen Sektoren weiter zu stärken und die bestehenden Kapazitäten zu verbessern, um die Ernährungssysteme ganzheitlich zu optimieren.
Nutrition Smart CommUNITY
Eine nachhaltige Ernährungssicherheit kann nur erreicht werden, wenn dauerhafte und systemische Veränderungen angestrebt werden. Dies hat die Welthungerhilfe dazu motiviert, das Nutrition Smart CommUNITY-Programm über mehr als 10 Jahre hinweg zu entwickeln und zu verfeinern. Als eines der größten Projekte der Welthungerhilfe kombiniert das NSC-Programm Aktivitäten aus den Bereichen Landwirtschaft, Ernährung, WASH (Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene), Gemeindestärkung und Geschlechtergerechtigkeit zu einem integrativen Ansatz mit katalytischer Wirkung.
Gemeinsam mit lokalen Partnern wird das NSC-Programm insbesondere in ländlichen Gebieten umgesetzt, die stark von Mangelernährung betroffen sind. Das Projekt umfasst eine Kombination systemischer Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen, um die Ursachen von chronischem Hunger und Mangelernährung nachhaltig zu bekämpfen. Es basiert auf den folgenden vier ineinandergreifenden Strategien:
- Förderung von Verhaltensänderungen auf Haushaltsebene
- Stärkung und Unterstützung gemeindebasierter Institutionen
- Aktivierung und Verbesserung ernährungsrelevanter Dienste auf Gemeindeebene
- Fürsprache und Förderung eines sektorübergreifenden, gemeindebasierten Modells zur Umsetzung des Rechts auf angemessene Nahrung
Das Nutrition Smart CommUNITY-Projekt, das in mehreren Ländern Südostasiens durchgeführt wurde, erreichte mehr als 500.000 Menschen in 486 Dörfern, darunter 35.000 Kinder im Alter von 6 bis 36 Monaten. Im Laufe des Projekts stiegen die Hygienepraktiken um 30 Prozentpunkte, die Ernährungsvielfalt bei Frauen um 25 Prozentpunkte, und es wurden signifikante Verbesserungen in der Vielfalt der Feldfrüchte verzeichnet – all dies zu relativ geringen Kosten von etwa 10 USD pro Haushalt. Derzeit wird der Ansatz in vier Ländern Afrikas ausgeweitet, wo ähnliche Erfolge erwartet werden.