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Forecast-based Action – Vorhersagebasiertes Handeln

Jedes Jahr sind rund 230 Millionen Menschen von Katastrophen betroffen. Hilfsgelder fließen in der Regel jedoch erst dann, wenn viele Menschen bereits alles verloren haben. Die Welthungerhilfe setzt auf vorhersagebasiertes Handeln - noch bevor eine Katastrophe zu Hunger, Verlusten und Toten führt.

Dominik Semet Team Humanitarian Directorate

Forecast-based Action (FbA) ist ein innovativer Ansatz und steht für vorhersagebasiertes Handeln in der humanitären Hilfe. Konkret heißt das: Wir setzen auf frühzeitige Hilfe, noch bevor drohende Katastrophen Schäden anrichten. Durch detaillierte Gefahren- und Risikoanalysen können wir Extrem­wetter­ereignisse vorhersagen und es betroffenen Menschen ermöglichen, rechtzeitig überlebenswichtige Entscheidungen zu treffen. Begrifflichkeiten wie vorausschauendes Handeln ("anticipatory action") oder Frühwarnsysteme und frühzeitiges Handeln ("early warning early action") werden im humanitären System synonym verwendet.

Vorhersagebasiertes Handeln durch wissenschaftliche Daten

Factsheet: Forecast-based Action

Frühzeitiges Handeln, bevor eine Katastrophe eintritt, spart Zeit, Kosten und kann Leben retten.

Auf Basis umfassender Datenanalysen entwickelt die Welthungerhilfe gemeinsam mit wissenschaftlichen Partner*innen Vorhersagemodelle, die Katastrophen und deren Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung vorhersagen können. Zum Beispiel können durch die Analyse vergangener Dürren und deren Auswirkungen lokale Risikofaktoren identifiziert und Frühwarn­indikatoren (bei Dürren zum Beispiel der bodenabhängige Wasserversorgungsgrad der Kulturpflanze im Verlauf der Wachstumsperiode) ermittelt und beobachtet werden. Durch die historische Dürreanalyse ist es möglich, einen kritischen Grenzwert zu bestimmen, der eine drohende Dürre ankündigt.

Wird dieser Grenzwert überschritten und somit eine Frühwarnung ausgelöst, greifen vorab entwickelte Katastrophenpläne und die Gelder für frühzeitige Maßnahmen werden automatisch freigegeben. In diesen Katastrophenplänen, den sogenannten "Early Action"-Protokollen, werden schon vor dem Eintreten einer Krise die Verwendung von Hilfsgeldern, Rollen und Zuständigkeiten festgelegt. Auch die Finanzierung von Hilfs­maßnahmen wird vorab mit Geldgebern, wie dem Auswärtigen Amt, vereinbart. So wird eine schnelle und effiziente Hilfe gewährleistet, noch bevor eine humanitäre Katastrophe entsteht.

Vorhersagebasiertes Handeln bei der Welthungerhilfe

Vorhersagebasierte Dürrehilfe der Welthungerhilfe im Nord-Osten von Madagaskar

Forecast-based Action in Madagaskar

Weitere Informationen und Richtlinien zum Forecast-Based Action-Programm in Madagaskar. In Englisch und Französisch.

Im Jahr 2021 kamen in Madagaskar erstmals vorhersagebasierte Dürrehilfen zur Verhinderung von Ernährungsunsicherheit in der Region Alaotra-Mangoro im Distrikt Ambatondrazaka zum Einsatz.

Zuvor hatte hier der bodenabhängige Wasserversorgungs­grad von Trockenreis – dem Grundnahrungsmittel in der Region – im Verlauf der Wachstumsperiode einen kritischen Grenzwert erreicht, welcher eine drohende Dürre und damit verbundene Ernteausfälle ankündigte. Angesichts dieser ökonomischen Bedrohung zahlte die Welthungerhilfe an 1.500 besonders vulnerable Haus­halte über einen Zeitraum von sechs Monaten, Bargeld­hilfen. Insgesamt wurden somit 7.500 Menschen der am stärksten gefährdeten Bevölkerung erreicht. Die direkten Bargeldzahlungen ermöglichen es den Familien je nach Bedarf, Vorräte für die Zeit nach dem Ernteausfall anzulegen oder ihre Nahrungsmittel weiterhin zuzukaufen. Bargeldhilfen dienen ebenfalls dazu, negative Bewältigungsstrategien der Haushalte zu verhindern, welche langfristig negative Folgen für das Wohl der Familie hätten, so z.B. die Einstellung von Schulgeldzahlungen und Schulbesuchen der Kinder oder der Verkauf von wichtigen Tierbeständen und Wirtschaftsgütern.

Versichert gegen die Risiken des Klimawandels

Ein malawischer Kleinbauer steht in einem überschwemmten Feld und blickt in die Kamera.
Patrick Ghembo aus dem Dorf Monyo in Malawi steht in seinem Feld in Malawi. Es wurde durch Zyklon Idai im März 2019 zerstört. © Gavin Douglas/Concern Worldwide
Zwei Mädchen schützen sich im Flüchtlingslager Malakal im Südsudan gegenseitig vor starkem Sandsturm Klimaschäden - Wer trägt die Verantwortung?

Der Klimawandel trifft vor allem Menschen, die am wenigsten zur Erderwärmung beitragen.

Im Rahmen des Ansatzes des vorhersagebasierten Handelns kommen in Ergänzung zur Bereitstellung von Geldfonds zur Finanzierung von Katastrophenplänen auch sogenannte Klimarisikoversicherungen zur Anwendung. Hier werden bei Erreichung vertraglich vereinbarter, kritischer Grenzwerte der Frühwarnindikatoren, vorvereinbarte Versicherungssummen ausbezahlt.

Jedoch kommen versicherungsbasierte Ansätze aufgrund ihrer hohen Versicherungsbeiträge lediglich für extreme Dürreereignisse mit einer verhältnismäßig geringen Häufigkeit zur Anwendung. Im Rahmen ihrer Mitgliedschaft und Mitarbeit in Gremien und Expertenrunden des Start Network unterstützt die Welthungerhilfe den Versicherungsansatz der „African Risk Capacity (ARC) Replica“.

Antizipatives Handeln statt reaktiver Nothilfe

Die Welthungerhilfe ist die erste deutsche Nichtregierungsorganisation, die sich im Bereich Forecast-based Action engagiert. Der Ansatz des vorhersagebasierten Handelns in der Humanitären Hilfe ist ein wichtiger Baustein in der Arbeit der Welthungerhilfe. Zusammen mit Maßnahmen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der lokalen Bevölkerung und einer gründlichen Katastrophenvorsorge- und Nothilfeplanung unterstützt er unser Bestreben, die Auswirkungen von Krisen und Katastrophen abzumildern und so die lokale Bevölkerung vor Notsituationen zu schützen.

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