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10.02.2015 | Blog

Kleine Bauern, große Wirkung

Die Mehrheit der hungernden Menschen lebt auf dem Land und von der Landwirtschaft. Kleinbauern können also enorm zur Überwindung des Hungers beitragen – und müssen genau deshalb mehr gefördert werden.

Kleinbäuerin in Äthiopien mit Ernte
Kleinbäuerin in Äthiopien. © Tsegaye
Anna Kröger Team Communications

“Setting the Course for a World without Hunger – North-South Dialogue on the Role of the G7”: Unter diesem Titel lud die Welthungerhilfe am 4. Februar zur internationalen POWA-Konferenz nach Berlin ein, um über die Verantwortung der G7-Nationen zu diskutieren und die Handlungsempfehlungen des “Berlin Memorandum” vorzustellen. Hier berichte ich von meinen Eindrücken.

“Als ich kürzlich in einem Dorf in Indien die Kinder fragte, was sie später mal werden wollen, nannten viele ‘Arzt’, Polizistin’ oder ‘Lehrerin’. Kein einziges Kind sagte ‘Bauer’. Obwohl sie in einem Dorf aufwachsen, das von der Landwirtschaft lebt. Wir müssen den Beruf und das Leben der Landwirt*innen wieder attraktiv machen. Die Freude an der Arbeit und damit das Ansehen in der Gesellschaft sind verloren gegangen.” Diese Erzählung von Ashish Gupta ist nur eine von vielen, die mich bei der POWA-Konferenz besonders beeindruckt und zum Nachdenken angeregt haben. Der kulturelle Aspekt gerät bei der Debatte um Landwirtschaft und die Bekämpfung von Hunger oft in Vergessenheit.

Wie kann der weltweite Hunger bis 2030 beseitigt werden?

Ashish ist Vorstandsmitglied der Karsog Valley Farmers Group in Indien, Vizepräsident von IFOAM Asia und hat einen Bioladen in Delhi. Als Mitglied der internationalen POWA-Beratergruppe war er über die letzten Monate daran beteiligt, die Inhalte des Berlin Memorandum zu erarbeiten. Das zweiseitige Dokument enthält Forderungen an die G7-Staaten. Was muss geschehen, um den weltweiten Hunger bis 2030 zu beenden?

Eine ganz besondere Rolle nehmen dabei die sogenannten “smallholders” ein – das heißt kleinbäuerliche Familien, Viehhirt*innen, Fischer*innen, Jäger*innen und Sammler*innen, Indigene und Landlose. Diese produzieren 70 Prozent der Nahrungsmittel in Entwicklungsländern. Trotz dieser enormen Leistung erhalten sie nicht genügend Unterstützung von ihren Regierungen und den Industrienationen. Die POWA-Konferenz in Berlin wollte genau darauf aufmerksam machen – und die Grundsteine dafür legen, dies zu ändern.

Viele verschiendene Nationen kommen zu Wort

Die Konferenz war hochrangig und vielfältig besetzt: Neben Bundesentwicklungsminister Gerd Müller, der Vorsitzenden des UN-Komitees für Welternährungssicherheit, Gerda Verburg, dem Geschäftsführer der Bill & Melinda Gates Foundation, Joe Cerrell, und der Leiterin des G7-Sherpa-Stabs im Bundeskanzleramt, Dr. Gesa Miehe-Nordmeyer, nahmen auch jede Menge Vertreter aus Partnerländern der Welthungerhilfe teil. Stimmen und Input aus verschiedenen Nationen zu hören, fand ich besonders spannend und wertvoll. Denn wie Gerd Müller schon in seiner Eröffnungsrede sagte:

"Wir wollen nicht übereinander reden, sondern miteinander."

Ich selbst war auch vor Ort, um live bei Twitter von der Konferenz zu berichten. Ich hatte alle Hände voll zu tun, denn interessante Inhalte, Reden, Diskussionen und Fragen gab es den ganzen Tag. Vormittags wurde Deutschlands besondere Rolle in diesem Jahr diskutiert, denn schließlich haben wir 2015 die G7-Präsidentschaft inne. “Frau Merkel hat die Chance, dieses Jahr Geschichte zu schreiben – oder zumindest wichtige Impulse zu setzen,” so sagte Wolfgang Jamann, Generalsekretär der Welthungerhilfe. Das Thema kleinbäuerliche Landwirtschaft hoch auf der G7-Agenda zu platzieren, wäre ein guter Anfang. Auch Bundesminister Gerd Müller sieht das so. „Eine Welt ohne Hunger bis 2030 zu schaffen, das ist machbar. Und darauf sollten wir die G7 auch verpflichten,“ so sagte er.

Vertiefende Diskussionen in “World Cafés”

Interaktiv wurde es in den drei “World Cafés”. Hier wurden die Themengebiete des Memorandums vertieft diskutiert und gemeinsam mit den Teilnehmenden Verbesserungen des Papers entwickelt – denn das ganze sollte weniger in Stein gemeißelt und viel mehr Diskussionsgrundlage für die Konferenz sein.

Das Tolle an der Veranstaltung war: Jeder hatte die Chance, sich einzubringen – ob Politiker*in, Studierende, Landwirt*innen oder Journalist*in, Wortmeldungen und Nachfragen waren erwünscht. Fehlt etwas im Berlin Memorandum? Was kann verbessert, ergänzt, präzisiert werden? In der Gruppe von Michael Windfuhr, Stellvertretender Direktor beim Deutschen Institut für Menschenrechte, ging es um die Rechte von kleinbäuerliche Landwirt*innen. Ashish Gupta leitete das World Café zum Thema Existenzgrundlagen von smallholders. Dr. Ursula Hudson, Präsidentin von Slow Food Deutschland, bat ihre Gruppe um Input zum Thema Umwelt und nachhaltige Entwicklung. Die Ergebnisse sollen in eine überarbeitete Version des Memorandums einfließen.

Wir waren Papst, wir sind Weltmeister…

Auch aus dem Publikum gab es zahlreiche Wortmeldungen. So berichtete die Botschafterin von Niger, dass dank eines neuen staatlichen Förderprogramms die Infrastruktur für kleinbäuerliche Landwirt*innen stark verbessert wurde. Während es vor einigen Jahren nur vier Traktoren in ganz Niger gab, stehen den Landwirtschaft betreibenden Familien heute 1.500 zur Verfügung. Ernährungskrisen könnten durch mehr Involviertheit des Staats nun besser gemeistert werden.

Was die G7-Staaten tun müssen

Am Vortag der Konferenz hatte ich bereits die Gelegenheit, einige kluge Köpfe der POWA-Beratergruppe persönlich kennenzulernen. Vor laufender Kamera verrieten sie mir, was die G7-Staaten aus ihrer Sicht tun müssen, um den Hunger in der Welt zu beenden. Umdenken ist angesagt! Ich hoffe, dass die Bundesregierung die Chance nutzen wird, in diesem wichtigen Jahr etwas zu bewegen. Wir waren Papst, wir sind Weltmeister… Viel lieber würde ich einmal sagen können: “Wir sind Hungerbesieger.”

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