Die humanitäre Lage in Äthiopien ist so kritisch wie noch nie in den vergangenen 50 Jahren, in denen die Welthungerhilfe im Land aktiv ist. Seit November 2020 leiden die Menschen in der Region Tigray und in den Nachbarregionen Afar und Amhara unter dem eskalierten Konflikt zwischen der Volksbefreiungsfront von Tigray und dem äthiopischen Militär. Die Kämpfe forderten täglich neue Opfer, auch durch gezielte Angriffe auf die Zivilbevölkerung. Es gibt Berichte von brutalen Vergewaltigungen und Tötungen. Bäuerinnen und Bauern konnten ihre Ernte nicht mehr einholen und sich selbst versorgen.
Im November 2022 wurde ein Friedensabkommen zwischen den Konfliktparteien unterzeichnet. Doch da viele Transportwege blockiert waren und der Zugang in die Region Tigray sowie die umkämpften Regionen Afar und Amhara sehr schwierig war, wurden selbst die Grundnahrungsmittel unerschwinglich. Es wird vermutet, dass allein in Tigray rund 5,5 Millionen Menschen hungern (Quelle: UN OCHA). Die Hungerkrise spitzt sich immer weiter zu. Das Leid der Menschen wird von Tag zu Tag größer.
Die beobachteten Zerstörungen sind schockierend, die Versorgungslage der Menschen in Tigray aber auch großen Teilen Afars ist katastrophal. Die Menschen drohen zu verhungern, wenn keine schnelle Hilfe erfolgt. Auch viele Binnenflüchtlinge in Afar und Amhara sind noch immer dramatisch unterversorgt.
Matthias Späth Welthungerhilfe-Länderdirektor in ÄthiopienMehr als zehn Millionen Menschen sind in den drei nördlichen Regionen Äthiopiens von dem Konflikt betroffen. Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht – allein in der Afar-Region leben derzeit schätzungsweise 600.000 Vertriebene bei einer Gesamtbevölkerung von knapp 2 Millionen Menschen. Viele mussten schon mehrmals fliehen, um den ständig wechselnden militärischen Frontlinien zu entkommen.
Sich überlagernde Krisen: Extreme Dürre verschärft die Lage
Neben dem Konflikt überlagern sich in Äthiopien weitere Krisen: Aktuell leidet die Bevölkerung in vielen Regionen unter den Auswirkungen einer extremen Dürre. Auch in Afar, Amhara und Tigray hat es seit September 2021 kaum geregnet. Die Weidevegetation ist größtenteils ausgetrocknet, tausende Ziegen und Kamele sind bereits gestorben. Eine Katastrophe für die Viehhirt*innen und ihre Familien: Die Milch ihrer Herden ist ihre wichtigste Protein- und Einnahmequelle. Auf den lokalen Märkten gibt es teilweise überhaupt keine Lebensmittel mehr zu kaufen. Die noch vorhandenen Lebensmittel sind für viele Familien viel zu teuer. Viele Kinder sind lebensbedrohlich unterernährt und kämpfen täglich ums Überleben.
Nach einer schweren Heuschreckenplage und Überflutungen haben Menschen keinerlei Reserven mehr. Die Corona-Pandemie hat die Lage zusätzlich verschärft. Auch der Krieg in der Ukraine erschwert die Situation der Menschen, da Äthiopien stark von Getreide- und Düngerlieferungen aus der Ukraine abhängig ist. 24,1 Millionen Menschen in Äthiopien leiden Hunger und können sich ohne Hilfe nicht ausreichend ernähren.
Die Welthungerhilfe leistet Nothilfe in Tigray und den Nachbarregionen Afar und Amhara
Trotz des schwierigen Zugangs zu den betroffenen Gebieten und der labilen Situation sind wir mit unseren Partnerorganisationen vor Ort und leisten Nothilfe für die Menschen in Tigray und in den Nachbarregionen Afar und Amhara. Hier verteilen wir z.B. lebensnotwendige Nahrungsmittelhilfen, sauberes Wasser, Hygieneartikel, Notbehausungen und andere Güter des täglichen Gebrauchs sowie Bargeld für die Bedürftigen, um schnelle Hilfe zu leisten – aber auch, um den Zusammenbruch der noch zum Teil funktionierenden lokalen Märkte zu verhinden.
Aktuell verändert sich die Situation vor Ort ständig. Um mittelfristig zu einer Verbesserung der Ernährungssituation beizutragen, plant die Welthungerhilfe Saatgut und landwirtschaftlichen Geräte an kleinbäuerliche Landwirt*innen zu verteilen. So können sie die nächste Ernte vorbereiten. Maßnahmen zur Hygieneaufklärung, aber auch zum Erhalt der dringend als Proteinlieferanten benötigten Viehbestände tragen dazu bei, die Widerstandskraft der betroffenen Menschen zu erhalten und die Ausbreitung von Krankheiten, wie Covid-19 oder Cholera, zu hemmen.
Helfen Sie jetzt den Menschen in Tigray, Amhara und Afar
Menschen fliehen vor dem gewaltsamen Konflikt
Bereits mehr als 2,6 Millionen Menschen sind allein aus Tigray geflüchtet (Quelle: UN OCHA) und haben in den äthiopischen Nachbarregionen Amhara und Afar sowie im Sudan Schutz gesucht. Unser Team befindet sich seit Ausbruch der Krise dort und unterstützt zusammen mit Partnerorganisationen die Geflüchteten mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser und provisorischen Unterkünften. Wir sind flexibel aufgestellt und können die Maßnahmen je nach Entwicklung der Krise auch kurzfristig anpassen. Um unsere Arbeit in der Krisenregion weiter zu gewährleisten und auszuweiten, sind wir in Äthiopien und Sudan auf Spenden angewiesen. Bitte unterstützen Sie unsere Nothilfe mit Ihrer Spende!
So helfen wir mit Ihrer Spende
- In der Provinz Tigray helfen wir mit sauberem Wasser, Hygieneartikel und Notunterkünfte sowie mit anderen Gütern des täglichen Gebrauchs
- Wir reparieren außerdem zerstörte Wasserversorgungsinfrastruktur
- Dort, wo die lokalen Märkte noch ganz oder teilweise funktionieren, verteilen wir zeit- und kosteneffizient Bargeld an besonders bedürftige Familien
- In der Grenzregion Äthiopien-Sudan schaffen wir Zugang zu sauberem Wasser für mindestens 8.000 Menschen
- Für die am stärksten gefährdeten Flüchtlinge stellen wir lebenswichtige Hilfsgüter für den täglichen Gebrauch bereit
- Gesundheitshelfer*innen untersuchen die vertriebenen und von der Dürre betroffenen Menschen auf Unterernährung und führen sofortige Behandlungen durch, klären über Hygiene und sanitäre Einrichtungen auf und verteilen Seife
- Vieherden erhalten tierärztliche Versorgung
- Zur Prävention von Krankheiten wie Covid-19 setzen wir Hygienemaßnahmen um