+++ Ein Jahr nach der Machtübernahme der Taliban +++
Ein Jahr ist es her, dass die islamistischen Taliban in Afghanistan wieder die Macht übernommen haben. Seitdem hat sich die humanitäre Lage im Land extrem verschlechtert: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung, rund 23 Millionen Menschen, können sich nicht mehr allein ernähren und 9 Millionen erleben akuten Hunger. Diese Zahlen haben sich seit der Machtübernahme um bis zu 30% erhöht. Niemals zuvor in den letzten Jahrzehnten haben so viele Afghan*innen gehungert. Insbesondere die Kinder leiden: Nach Schätzungen der UN werden mehr als 50% der Kinder unter fünf Jahren bis zum Ende des Jahres unterernährt sein.

Afghanistan befindet sich in einer dramatischen Gesamtlage. Über 95 Prozent der Bevölkerung wissen nicht, wie sie sich ernähren sollen. Hinzu kommt, dass tausende Menschen aus dem Iran nach Afghanistan zurückkommen und auch untergebracht sowie versorgt werden müssen. Die Wirtschaft liegt brach, die Versorgungslage für die Menschen ist generell sehr schwierig.
Thomas ten Boer Landesdirektor der Welthungerhilfe in Afghanistan.
Die Welthungerhilfe hat seit 1980 ununterbrochen im Land Hilfe geleistet. Allein in diesem Jahr wurden bisher Nothilfemaßnahmen in Höhe von rund 12 Millionen Euro durchgeführt. Dazu gehören die Verteilung von Nahrungsmittel, Bargeld und Hygienepakete an bedürftige Familien und ein besonderes Augenmerk wurde auf die Unterstützung von Frauen gelegt. Die Flucht von gut ausgebildeten Afghan*innen hat dazu geführt, dass wir mehr als 90% unseres Personals neu eingestellt haben, darunter auch weiterhin qualifizierte weibliche Mitarbeiterinnen.
Die Welthungerhilfe hat in den den letzten Monaten Nothilfe-Maßnahmen umgesetzt. Zum Beispiel haben wir an über 15.000 Familien Nahrungsmittelpakete, Hygienesets, Heizmaterial, warme Decken und Kinderbekleidung verteilt. Im Rahmen von Cash-for-Work-Maßnahmen erwirtschaften Familien ein kleines Einkommen und tragen zugleich zum Aufbau der Infrastruktur bei, unter anderem von Bewässerungssystemen. Bäuer*innen erhalten zudem Saatgut und Nutztierpakete, damit sie sich wieder eine eigenständige Existenz aufbauen können.
In den letzten Jahren haben wir mit den Menschen in Afghanistan folgende Projekte umgesetzt:
- Frauen lernen, unter erschwerten Bedingungen Geflügel zu züchten oder Gemüse anzubauen.
- Spezielle Spielplätze und Jugendgruppen vermitteln Kindern und Jugendlichen soziale Kompetenzen und helfen bei der Bewältigung von Traumata.
- Rund 25.000 Menschen lernen in der Provinz Kabul Lesen und Schreiben.
- Junge Afghan*innen nehmen an einem Ausbildungsprogramm teil, erhalten kaufmännisches Training oder Start-up-Kredite.
Welthungerhilfe in Afghanistan
Seit 1980 ist die Welthungerhilfe in Afghanistan aktiv; damals mit Soforthilfe für afghanische Flüchtlinge | Alle Aktivitäten der Welthungerhilfe in Afghanistan werden aus dem Landesbüro in Kabul gesteuert | Unsere Arbeit konzentriert sich auf vier Regionen: Jawzjan im Nordwesten, Samangan im Nordosten, Nangarhar im Osten und Kabul im Landesinneren | Hier führt die Welthungerhilfe aktuell 23 Projekte durch, die mit einem Gesamtbudget von 6,69 Millionen Euro im Jahr 2021 588.000 Menschen erreicht haben
Projekt im Fokus
Aktuelle Projekte in Afghanistan
Der Schrecken ist Alltag – jetzt für Afghanistan spenden!
- Im Welthungerindex belegt Afghanistan den 103. Platz von 116 Ländern. Die Hungersituation bewertet der WHI als ernst.
- Schätzungsweise 3,5 Millionen Kinder gehen in Afghanistan nicht zur Schule.
- 38,2 Prozent der Kinder unter fünf Jahren sind mangelernährt.
- Afghanistan ist der größte Produzent von Opium und Cannabis.
- Der Human Development Index listet Afghanistan auf Platz 169 von 189.
- Nur 38 Prozent der Erwachsenen sind alphabetisiert.
- Durch die Konflikte sind von 2009 bis 2017 mehr als 28.000 Menschen der Zivilbevölkerung getötet und fast 60.000 verletzt worden.
Die islamische Republik Afghanistan ist ein Binnenstaat und liegt im südlichen Asien, genau an der Schnittstelle zu Zentralasien. Das Land ist umgeben von den Staaten Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan, China, Pakistan und Iran. Mit einer Fläche von 652.860 Quadratkilometern ist Afghanistan fast doppelt so groß wie die Bundesrepublik Deutschland, besteht aber zu drei Vierteln aus schwer zugänglichen Gebirgsregionen, die teilweise nahezu menschenleer sind. Die meisten der Einwohner*innen leben in einem von sieben größeren Ballungsgebieten.
Der Alltag vieler dieser Menschen ist geprägt von Krieg, Terror und Armut. Seit über drei Jahrzehnten erschüttern Krisen das Land. Diese haben dazu geführt, dass Afghanistan zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Erde gehört. Von 1996 bis 2001 stand die heutige Republik unter der Schreckensherrschaft der radikal islamischen Taliban. Nach dem Sturz des Regimes durch die Invasion der USA wurde ein Demokratisierungsprozess in Gang gesetzt. Die Bemühungen konnten die Lage jedoch bis heute nicht stabilisieren. Die Taliban – und mittlerweile auch der Islamische Staat – verüben immer wieder Terroranschläge und besetzen vereinzelt Gebiete.
Trotz regelmäßiger Friedensgespräche dauern die Kämpfe an. Die Lage ist ernst: Rund 23 Millionen Menschen haben nicht genug zu essen, etwa 24,4 Millionen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Ein Großteil der Bevölkerung lebt unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Besonders betroffen sind Menschen, die vor Terror und Gewalt fliehen mussten und erst 2015 wieder zurückgekehrt sind.
Seit 1980 ist die Welthungerhilfe in Afghanistan aktiv und hilft, das Leben der Menschen vor Ort zu verbessern. Die aktuellen Schwerpunkte unserer Arbeit liegen auf der Vermittlung von Bildung, Stärkung und der Zivilbevölkerung, humanitärer Hilfe und Förderung der Landwirtschaft. Seit 1992 wurden mehr als 150 Projekte durchgeführt und über 150 Millionen Euro investiert. Mit Ihrer Spende für Afghanistan ermöglichen Sie uns auch weiterhin, einem zerrütteten Land zu mehr Stabilität zu verhelfen.
Direkte Hilfe durch Ihre Spende für Afghanistan
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Nothilfe: Modernere Öfen für die afghanische Landbevölkerung sparen Holz, heizen besser und helfen den Familien durch den kalten afghanischen Winter.

Wirtschaftliche Entwicklung: Ausbildungsprogramme schulen junge Frauen und Männer und geben ihnen eine berufliche Perspektive für die Zukunft.

Stärkung der Zivilgesellschaft: Entwicklungspolitische Grundlagenarbeit vermittelt Kindern demokratische Prozesse und soziale Kompetenzen. Bildungsmaßnahmen schulen Erwachsene im Lesen, Schreiben und in ökonomischen Prozessen.

Die Menschen in Afghanistan, mit denen ich gesprochen habe, fragen nicht nach kostenlosem Essen, sondern nach Frieden.
Thomas ten Boer Welthungerhilfe Landesdirektor Afghanistan