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Entwicklungsfinanzierung – politischer Wille und finanzielle Mittel

Geld allein schafft noch keine Entwicklung. Aber ohne Geld sind Entwicklungszusammenarbeit und Nothilfe unmöglich. Deshalb ist es wichtig, dass Geberländer ihre Versprechen einhalten.

Frau vor ihrer Produktionsstätte für Recylingprodukte
Entwicklungsfinanzierung stößt selbständige wirtschaftliche Entwicklung an: Eine Frau vor ihrer Produktionsstätte für Recylingprodukte auf einem Markt in Bo, Sierra Leone. © Welthungerhilfe/ Imke Lass

Wir wollen die Welt zusammen weiterentwickeln, damit Menschen überall gut leben können, ohne dabei die natürlichen Grundlagen ihrer Existenz zu zerstören. Für diese Entwicklungszusammenarbeit brauchen wir innovative Ideen und funktionierende Konzepte, aber auch Geld. Denn egal ob wir auf Länder, Regionen oder einzelne Dörfer schauen – der Umbau wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Strukturen ist nicht umsonst zu haben.

Entwicklungsfinanzierung: Die wirtschaftliche Grundlage der Entwicklungszusammenarbeit

Entwicklungsfinanzierung schafft unverzichtbare wirtschaftliche Grundlagen für Entwicklungszusammenarbeit, namentlich für die Erreichung der Ziele nachhaltiger Entwicklung (SDGs – Sustainable Development Goals), die die internationale Gemeinschaft sich auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 2015 gesetzt hat und die bis 2030 umgesetzt werden sollen. 

Dabei ist die nachhaltige Finanzierung von Entwicklungszusammenarbeit selbst ein Ziel: SDG 17 verlangt von allen Staaten, Entwicklungspartnerschaften zu fördern und die Umsetzungsmittel zu stärken.

Umsetzungsmittel stärken und die globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung wiederbeleben

SDG 17: Partnerschaften zur Erreichung der Ziele

Entwicklungsfinanzierung: Woher kommt das Geld?

Die Entwicklungsfinanzierung speist sich aus verschiedenen Quellen:

Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA – Official Development Assistance) wird vor allem aus öffentlichen Haushalten von den Geberländern finanziert, in Deutschland vor allem aus dem Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Auch aus dem Haushalt der Europäischen Union werden Entwicklungsprojekte bestritten.

Eine zweite wichtige Säule der Finanzierung sind Kredite öffentlicher Entwicklungsbanken, sowohl multilaterale wie die Weltbank wie auch bilaterale z.B. der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) in Deutschland. Nicht selten werden Entwicklungsprojekte gemischt finanziert: Ein Teil des Geldes wird als Zuschuss aus dem Haushalt gewährt, der andere Teil ist ein Kredit, der zurückgezahlt werden muss.

Zum Dritten schließlich ist Entwicklungszusammenarbeit auch auf das private finanzielle Engagement von Bürger*innen angewiesen. Dazu gehören Spenden von Privatpersonen und Unternehmen sowie Zuwendungen von Stiftungen.

Dicht gedrängt laufen Menschen in Sportkleidung unter einem Tor mit der Aufschrift #ZeroHungerRun durch
Auch Spendenaktionen wie hier der ZeroHungerRun in Bonn 2023 leisten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklungsfinanzierung. © Dominik Asbach

Selbstverpflichtungen zur Höhe der Entwicklungsausgaben

Die Höhe der Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit ist oft politisch umstritten. 1970 haben sich die Industriestaaten in der UN-Vollversammlung verpflichtet, mindestens 0,7% ihres Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe aufzuwenden. Damit folgten sie wissenschaftlichen Empfehlungen. Die meisten Staaten kommen dieser Verpflichtung immer noch nicht nach. Deutschland hat die 0,7% gerade fünfmal erreicht (2016, 2020-2023).

Jedes wirtschaftlich fortgeschrittene Land wird nach und nach seine offizielle Entwicklungshilfe an die sich entwickelnden Länder erhöhen und seine besten Kräfte einsetzen, um hierfür bis zur Mitte des Jahrzehnts netto mindestens 0,7% seines Bruttonationaleinkommens zu erreichen.

Resolution 25/2626 der UN-Vollversammlung von 1970

Seit 1990 gibt es eine weitere Selbstverpflichtung, die eigentlich eine Präzisierung der ersten ist. Im Rahmen der 0,7% sollen demnach 0,2% des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit mit den 46 am wenigsten entwickelten Ländern (LDCs – Least Developed Countries) eingesetzt werden. Diese Marke hat Deutschland noch nicht erreicht.

Die Bindung an das Nationaleinkommen ist fair, da sie alle Geberländer gleich belastet. Der starre Prozentsatz ermöglicht es außerdem, die Entwicklung der ODA leicht zu vergleichen – zwischen verschiedenen Ländern und über die Zeit. Das trägt auch dazu bei, Entwicklungsfinanzierung transparenter zu machen.

Auf der anderen Seite wird eine starre Anknüpfung an das Bruttonationaleinkommen dem tatsächlichen Finanzbedarf armer Länder nicht wirklich gerecht. Die Berechnung des Bedarfs ist methodisch schwierig und aufwändig, aber möglich. Die Festlegung neuer Finanzziele erfordert jedoch den politischen Willen aller beteiligten Regierungen.

Deutsche ODA-Quote 2012-2023. Deutsche ODA als Anteil am Bruttonationaleinkommen, gesondert an die sogenannten am wenigsten entwickelten Länder (LDCs); Quelle: OECD-DAC. © Welthungerhilfe

Entwicklungsfinanzierung: Was zählt alles dazu?

Das 0,7%-Ziel bezieht sich auf staatliche Entwicklungszusammenarbeit, englisch abgekürzt ODA (Official Development Assistance). Was genau hier angerechnet wird, hat die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, definiert. Zur ODA zählen Leistungen

Im Kompass-Bericht analysieren Welthungerhilfe und terre des hommes jedes Jahr die deutschen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit.

Die Ausgaben brauchen nicht unbedingt im begünstigten Land selbst getätigt zu werden: Es zählen auch bestimmte Ausgaben im Geberland, z.B. für Studierende aus dem begünstigten Land oder für Geflüchtete. In Deutschland z.B. werden viele Ausgaben für Geflüchtete aus der Ukraine als Beitrag zur Entwicklungsfinanzierung verbucht, was nicht unumstritten ist. Auch der rechnerische deutsche Anteil an den Entwicklungsausgaben der Europäischen Union wird Deutschland zugerechnet.

Deutsche ODA 2012–2023 in Milliarden Euro, in konstanten Preisen von 2023, nach Auszahlung (2014–2017) und Anrechnung von Schenkungsäquivalenten (ab 2018); die Angaben für 2023 sind vorläufig. Quelle: OECD-DAC © Welthungerhilfe

Entwicklungsfinanzierung bei der Welthungerhilfe

Die Welthungerhilfe finanziert ihre Projekte sowohl durch Spenden als auch durch Zuschüsse aus öffentlichen Haushalten oder von internationalen Organisationen.

Im Jahr 2023 hatte die Welthungerhilfe einen Haushalt in Höhe von 358 Millionen Euro. Davon stammten knapp 88 Millionen aus Spenden. 140 Millionen kamen von deutschen öffentlichen Institutionen; die größten Anteile vom Auswärtigen Amt sowie vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. 71 Millionen waren Mittel aus Töpfen der Vereinten Nationen, vor allem des Welternährungsprogramms, und knapp 19 Millionen wurden von der Europäischen Union finanziert.

In unserer Advocacy-Arbeit setzen wir uns dafür ein, dass Deutschland seinen internationalen Verpflichtungen zur Entwicklungsfinanzierung nachkommt und dabei der Ernährungssicherung Priorität einräumt.

Warum sind Spenden wichtig für die Welthungerhilfe?

Die Projekte der Welthungerhilfe werden überwiegend mit Mitteln institutioneller Geber finanziert – Geldern der Bundesregierung, der EU, der Vereinten Nationen. Trotzdem sind wir für ein Viertel bis zu einem Drittel unserer Ausgaben auf Spenden angewiesen. Für viele Projekte müssen wir auch einen bestimmten Anteil an eigenen Mitteln vorweisen, um weitere Gelder bei öffentlichen Gebern beantragen zu können. Diese eigenen Mittel sind vor allem die Spenden, die wir erhalten.

Als Faustregel kann man sagen, dass wir zu jedem gespendeten Euro für eine gute Projektidee noch drei weitere Euro an Zuschüssen erhalten können. So vervierfacht sich der Wert jeder Spende. Deshalb ist Ihre Spende für uns so wichtig! (Lesen Sie hier, was mit Ihrer Spende passiert.)

Unterstützen Sie unsere Arbeit durch ihre Spende!
Ein Mann weist mit einem Zeigestock auf eine Tafel mit einem Bauplan.
Große Projekte wie hier der Bau von Krankenhäusern in Liberia benötigen nachhaltige Finanzierung, um leistungsfähige Strukturen aufzubauen, die sich später selbst tragen können. © Welthungerhilfe

Entwicklungsfinanzierung: Wofür die Welthungerhilfe sich einsetzt

Menschen stärken, Strukturen verändern, Partnerschaften aufbauen, Prioritäten setzen!

Entwicklungsfinanzierung muss nachhaltig sowie den Aufgaben angemessen sein, und sie sollte Prioritäten setzen.

Die Welthungerhilfe setzt sich dafür ein, dass diese Kriterien bei Diskussionen über Höhe und Struktur der Entwicklungsfinanzierung in Politik und Gesellschaft beachtet werden. Besonders heben wir folgende Grundsätze hervor:

Bei alldem bleibt die Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft, die von Politik und Bürger*innen gleichermaßen angenommen werden muss, wenn sie nachhaltig wirksam sein soll. Helfen Sie mit, indem Sie bei anderen Verständnis für die Bedeutung der Entwicklungsfinanzierung wecken, oder unterstützen Sie unsere Arbeit mit ihrer Spende.

FAQ zu Entwicklungsfinanzierung

Dient die Finanzierung von Entwicklungszusammenarbeit politischen Zwecken?

Kommt darauf an, was man darunter versteht. Staaten, die Entwicklungszusammenarbeit finanzieren, möchten Entwicklungen fördern, die sie als positiv betrachten, und Entwicklungen verhindern, die sie als Problem wahrnehmen. Sie möchten z.B. Klimaschutz oder die Gleichstellung von Frauen und Männern fördern. Das sind natürlich durchaus Ziele, die auch politischen Interessen entspringen.

Was haben Bürger*innen in den Geberländern von der Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit?

Entwicklungszusammenarbeit sucht Lösungen für Probleme, die uns alle betreffen, denn die Folgen von Krisen und Konflikten ziehen sich um den ganzen Planeten. Wenn z.B. in Ländern des globalen Südens die Ernte schlecht ist, steigen auch in Europa die Lebensmittelpreise. Wenn Folgen des Klimawandels Menschen aus besonders betroffenen Regionen dazu zwingen, ihre Heimat zu verlassen, müssen auch in Ländern des Nordens Geflüchtete versorgt und integriert werden – was ebenfalls Kosten verursacht. Wenn aufgrund schwieriger Hygiene-Verhältnisse erneut eine Epidemie außer Kontrolle gerät, werden die Viren an den Grenzen Europas nicht haltmachen.

Entwicklungszusammenarbeit trägt dazu bei, das Leben auch in Deutschland und Europa sicherer zu machen und Wohlstand zu bewahren. Das für sie aufgewendete Geld ist kein Geschenk, sondern eine Investition.

Macht die Finanzierung von Entwicklungszusammenarbeit arme Länder nicht unselbständig und abhängig?

Theoretisch könnte das passieren. Unter anderem um das zu verhindern, verfolgen Organisationen wie die Welthungerhilfe einen systemischen Ansatz: Bei unseren Projekten arbeiten wir vor Ort eng mit Organisationen und Initiativen der Zivilgesellschaft, aber auch mit Behörden zusammen; so entstehen über einzelne Projekte hinaus Fachkompetenzen und Strukturen, die auch unabhängig von weiteren finanziellen Zuschüssen aus dem Ausland Entwicklungen weiter vorantreiben können.

 

Wer hat das 0,7%-Ziel festgelegt?

Das 0,7%-Ziel wurde 1970 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen in einer Resolution angenommen. Seither ist es immer wieder bekräftigt worden. Die Mitgliedsstaaten der EU etwa beschlossen 2005, das Ziel bis 2015 zu erreichen – die meisten von ihnen kamen diesem Beschluss aber nicht nach.

Wenn das 0,7%-Ziel verbindlich ist – warum halten sich so wenige Länder daran?

Tatsächlich haben im Laufe der Zeit nur wenige Länder das 0,7%-Ziel erreicht. Das hat vor allem damit zu tun, dass die Entwicklungszusammenarbeit im Widerstreit der politischen und wirtschaftlichen Interessen bei der Aufstellung der öffentlichen Haushalte keine starke Position hat. Höhere Entwicklungsausgaben zahlen sich in der Regel nicht unbedingt in mehr Wählerstimmen aus.

Dazu kommt, dass das Bekenntnis zum 0,7%-Ziel als verbindliche Absichtserklärung formuliert ist, die den Regierungen aber ein Schlupfloch offenlässt: „Jedes wirtschaftlich fortgeschrittene Land wird nach und nach seine offizielle Entwicklungshilfe an die sich entwickelnden Länder erhöhen und seine besten Kräfte einsetzen, um hierfür bis zur Mitte des Jahrzehnts netto mindestens 0,7% seines Bruttonationaleinkommens zu erreichen.“ Was „beste Kräfte“ bedeutet, wird nicht ausgeführt. Die „Mitte des Jahrzehnts“ bezieht sich übrigens auf die 1970er Jahre – die meisten Länder kommen ihrer Selbstverpflichtung also schon sehr lange nicht nach.

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