Billige Lebensmittel sind teuer
Warum der World Food Systems Summit eine grundlegende Veränderung unseres Ernährungssystems einleiten muss.
António Guterres, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, hat im Sommer 2019 wegen der steigenden Zahl von hungernden Menschen Alarm geschlagen! Er hat vorgeschlagen, auf einem „World Food Systems Summit“ im Herbst 2021 dem Thema Hungerbekämpfung und Nachhaltigkeit erneute öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen und dringend notwendige neue Impulse für einen Wandel des gesamten Ernährungssystems zu setzen.
Dieser Alarmruf von Guterres erging noch vor dem Ausbruch der globalen Corona-Pandemie. Zwar ist immer noch vieles im Zusammenhang mit der Pandemie unklar, wir wissen aber, dass durch diese Pandemie Armut und Hunger in einem unbekannten Ausmaß weiter zunehmen wird.
Das ambitionierte Ziel des Gipfels erfordert es, genauer zu bestimmen, was das multilaterale System dazu beitragen muss und kann, die Lebenssituation der Menschen zu verbessern und nicht nur in den (virtuellen) Konferenzräumen über ein höheres Ambitionsniveau zu diskutieren. Deswegen muss die Frage, woran in den vergangenen Jahrzehnten die Bekämpfung des Hungers gescheitert ist, am Anfang der Arbeit stehen.
An Gipfeltreffen und Beschlüssen zu Hunger und Nachhaltigkeit hat in den letzten Jahrzehnten kein Mangel geherrscht! Warum gibt es immer noch Hunger in unserer Welt des Überflusses? Ohne eine solide Analyse des mangelnden Fortschritts besteht die Gefahr, dass mit dem neuen Gipfel weitere Zeit verloren wird - und damit auch Vertrauen in das VN-System; oder – je nach Betrachtungsweise – Zeit zum Weiter-So im alten System gekauft wird.
Eine sehr kurze Geschichte der UN-Gipfel
Die Staatschefs hatten auf dem World Food Summit in Rom 1996 beschlossen, die Zahl der hungernden Menschen von 830 Millionen bis zum Jahr 2015 auf 415 Millionen zu halbieren! In einem Aktionsplan gingen die Mitgliedsstaaten der FAO sieben (Selbst-)Verpflichtungen ein, um Hunger auf der Welt schrittweise auszurotten. Erreicht wurde das Ziel der Halbierung der absoluten Zahl der Hungernden im Jahr 2015 nicht. Und die vereinbarten konkreten Schritte zur Ausrottung des Hungers wurden in der Folge nicht konsequent umgesetzt. Während der Lebensmittelpreiskrise 2008/9 schätzte die FAO, dass die Zahl der Hungernden auf eine Milliarde Menschen steigen könnte. Neben den hohen Preisen für Lebensmittel hatten vor allem Krieg und Bürgerkrieg, sowie lange ignorierte und damit „chronische“ Krisen („protracted crisis“) zu dieser Entwicklung geführt.
2015 beschloss die Vollversammlung der VN in New York 17 globale Nachhaltigkeitsziele, die nichts Geringeres als die Transformation der Entwicklungspfade aller Mitgliedsländer in Richtung Nachhaltigkeit anleiten sollten. Ziel 2 beinhaltet die Beseitigung von Hunger und Fehlernährung bis zum Jahr 2030. Heute, fünf Jahre danach, muss festgestellt werden, dass es sehr schlecht um die Erreichung dieses Ziel steht – und das auch schon vor Corona.
Was muss der Gipfel erreichen?
Der Gipfel bietet eine Chance, die notwendigen strukturellen Änderungen einzuleiten, um durch die Implementierung des Nachhaltigkeitsziels 2 zu erreichen, dass alle Menschen im Jahr 2030 Zugang zu gesunder und ausreichender Nahrung haben und die Nachhaltigkeit der Nahrungsmittelproduktion sichergestellt ist. Was also muss auf der Ebene der Vereinten Nationen, durch die durch die Staats- und Regierungschefs beschlossen werden, um dieses Ziel durch die Veränderung der Governance zu erreichen?
Um erfolgreich sein zu können, muss der Gipfel
- in seiner Vorbereitung aufzeigen, warum die Bekämpfung des Hungers bisher nicht erfolgreich war und welche Konsequenzen gezogen werden müssen,
- die Klimakrise und die Zerstörung der natürlichen Ressourcen in eine neue effektive Strategie zur Hungerbekämpfung einbeziehen,
- festlegen, welcher Governance es bedarf, um die erforderliche Transformation des Ernährungssystems einzuleiten – und zwar sowohl auf der Ebene von staatlichen Aktivitäten wie auch im Bereich der Steuerung der Märkte und des privaten Sektors.
Vielen Staaten fehlt es am ausreichenden politischen Willen, den Hunger endgültig auszurotten. 1948 wurde das Menschenrecht auf Nahrung in der Allgemeinen Erklärung zu Menschenrechten erwähnt und 1976 im UN-Sozialpakt völkerrechtlich verankert. Menschen müssen danach entweder über (natürliche) Ressourcen wie Land und Wasser verfügen, um ausreichend Nahrung produzieren zu können, oder genug Geld haben, um Lebensmittel zu kaufen. Staaten sind hiermit weitreichende Verpflichtungen eingegangen, Menschen haben grundlegende Rechte erhalten.
Die 2004 verabschiedeten „Freiwilligen Leitlinien zum Recht auf Nahrung“ legten konkret festgelegt, was getan werden muss, um dieses Menschenrecht auf Nahrung zu verwirklichen. Bisher wurden diese Leitlinien nur unzureichend umgesetzt, positive Ausnahmen treten immer wieder mal auf, wie etwa vor kurzem in der Stadt Liverpool. Um Missverständnisse auszuräumen: Das Recht auf Nahrung bedeutet nur in Ausnahmefällen einen Anspruch auf Nahrungsmittelhilfe. Diese besondere Verpflichtung sind die Staaten gegenüber besonders gefährdeten Gruppen (Kindern, Frauen, alten und kranken Menschen) eingegangen. Die Aufrufe von Hilfsorganisationen für humanitäre Notfälle endlich mehr Geld bereitzustellen, zeigen, dass selbst dieser Teil der Verpflichtung nicht erfüllt wird. Trotzdem muss der Gipfel – gerade in der Zeit einer globalen Pandemie – den rechtebasierten Ansatz der Hungerbekämpfung ausdrücklich bestätigen.
Es ist genug für alle da
Heute werden mehr als genug Kilokalorien produziert, um alle Menschen satt zu machen. Die Produktion von Lebensmitteln hat global gesehen mit dem Wachstum der Bevölkerung Schritt gehalten. Niemand müsste heute Hunger leiden, es ist genügend für alle da. Und jedes Jahr wird ein Drittel aller produzierten Lebensmittel weggeworfen, etwa 1,3 Milliarden Tonnen.
Das zentrale Problem heißt Armut
Ernährungssicherheit hat vier Dimensionen: Verfügbarkeit, Zugang, Nutzung und Stabilität. Nicht nur die Menge und Qualität der vorhandenen Nahrung sind wichtig, sondern insbesondere ihre Verteilung sowie die Ernährungspraxis. Armut und nicht Knappheit an Lebensmitteln ist die zentrale Ursache für Hunger, Corona hat dies auf tragische Weise bestätigt. In Ländern, in denen es keine hinreichende soziale Sicherung gibt, nimmt Hunger zu. In den USA, zum Beispiel, wurden schon vor Corona circa 35 Millionen Menschen als zeitweise „ernährungsunsicher" verzeichnet. Nach Ausbruch von Corona und dem damit verbundenen Verlust von Einkommen entstanden kilometerlange Schlangen vor den Essensausgaben, die Lebensmittel an Bedürftige verschenken. - und dies in einem Land, in dem technologisch in der agrarischen Produktion alles möglich ist. Durch Konflikte, ökonomische Schocks und fehlende Sozialpolitik kann Armut kurzfristig neu entstehen und der Zugang zu Lebensmitteln wird erschwert.
Billige Lebensmittel sind keine Lösung
Die bisherige Strategie lautete: „lasst uns mehr und vor allem billigere Lebensmittel produzieren“. Dies wiederum hat weitreichende individuelle und gesellschaftliche Konsequenzen: „Billige“ Lebensmittel werden mit sehr hohen externen Kosten produziert: Umweltzerstörung, Fehlernährung durch „leere“ Kilokalorien“, also ohne ausreichend Nährstoffe und die Zerstörung von sozialen Strukturen in den ländlichen Regionen.
Nicht nachhaltige Landwirtschaft verarmt Böden und zerstört Artenvielfalt. Bauern erhalten auf den Märkten nur geringe Erlöse für ihre Produkte. Deshalb leben viele von ihnen in Armut, obwohl sie den Großteil der Lebensmittel in Entwicklungsländern produzieren. Landarbeiter*innen und insbesondere Arbeitsmigrant*innen in der landwirtschaftlichen Produktion leiden unter einem hohen Gesundheitsrisiko, zum Beispiel beim Ausbringen von Pestiziden,- und werden miserabel bezahlt, auch in Europa.
Damit wird ein Teufelskreislauf eingeleitet: Billige Lebensmittel sind durch die Externalisierung von hohen Umwelt- und Gesundheitskosten sehr teuer für die Gesellschaft, während Bauern und sehr viele Arbeitskräfte in Armut leben. Alternative Ansätze wie „Fome Zero“ in Brasilien haben hier einen Ausweg gewiesen: Durch das Verteilen von Gutscheinen oder Bargeld für Bedürftige wird der Zugang zu Lebensmitteln für Arme verbessert. Gleichzeitig werden lokale Märkte gestützt und so die Einkommen der Kleinbauern gesichert und auch gesteigert. Wenn Armut das zentrale Problem ist, dann sind Sozialpolitik, „living wages“, Umverteilung und ein gerechtes Welthandelssystems die Antworten! Was wird der Gipfel zu diesen Themen sagen?
Die „neuen“ Herausforderungen: Klima, Ressourcen, Corona
Der Gipfel wird unter den Bedingungen einer sich verschärfenden Klimakrise, des ungebremsten Zerstörens von natürlichen Ressourcen und den weltweiten Auswirkungen der Corona-Pandemie stattfinden. Die Gipfelteilnehmer müssen diese Themen in ihre Debatten über die Transformation des Ernährungssystems einbauen. Staats- und Regierungschefs, internationale und Nichtregierungsorganisationen werden auch Risikomanagement betreiben müssen.
- Die Klimakrise muss die Lösungsstrategien prägen.Die Ernährungssysteme der Zukunft müssen weitestgehend CO2-neutral und angepasst an einen heißeren Planeten mit extremen Wetterereignissen sein, dafür braucht es Leitlinien. Sollte dies nicht geschehen, werden sich die folgenden Gipfeltreffen mit massiven humanitären Problemen ausgelöst durch den Klimawandel und der damit verbundenen Migration beschäftigen müssen. Die Ausrede, dass für Klima UNFCCC zuständig sei, darf nicht gelten, denn ohne Berücksichtigung der Klimakrise wird es keine Transformation des Ernährungssystems geben können.
- Die intensive Landwirtschaft ist einer der Hauptreiber für die Degradierung der natürlichen Ressourcen, also Böden, Wasser. Dazu gehört auch der Verlust an Agrobiodiversität, also der Vielfalt an Sorten von Getreide und Gemüse, die besser an den jeweiligen Standort angepasst sind und den kulturellen Gewohnheiten der Menschen entsprechen. Während der Markt mit Hybridsaatgut durch weitreichende rechtliche Regelungen abgesichert und hoch profitabel ist, gehen täglich wertvolle agrar-genetische Ressourcen verloren, ein Ergebnis Jahrtausende langer Züchtung durch Bauern. Sie sind zur Anpassung an den Klimawandel und zur weiteren Sicherung der Produktion unerlässlich. Was heute vernichtet wird, könnte in der Welt von morgen schmerzlich vermisst werden. Es wird keine Transformation des Ernährungssystems geben ohne integriertes und nachhaltiges Management aller natürlichen Ressourcen.
- Die durch die weltweite Corona- Pandemie verursachte globale Wirtschaftskrise wird Armut und Hunger weiter vergrößern. Die Staats- und Regierungschefs müssen auf dem Gipfel über geeignete Maßnahmen entscheiden, mit denen die prognostizierte Zunahme der Zahl der Armen und Hungernden möglichst verhindert und zumindest aktiv bekämpft werden kann. Zur Bekämpfung der Krise wurden weltweit massive Finanzprogramme aufgelegt - das größte globale Investitionsprogramm aller Zeiten. Und öffentlich wird über „Building Back Better“ gesprochen, doch können bislang nur wenige erfolgreiche Ansätze vorgezeigt werden.
Transformation braucht Governance!
Die Ökonomie des Ernährungssystems setzt massiv falsche Anreize und ist wesentlicher Teil des Problems.
Der Agrarmarkt ist eine komplexe Mischung bestehend aus:
- wachsender Marktmacht großer (multinationaler) Konzerne
- schwacher Marktstellung von Bäuer*innen
- Import-/ Exportzöllen und Regeln der Welthandelsorganisation
- mehr als 600 Mrd. Dollar pro Jahr an landwirtschaftlichen Subventionen
- Warenterminspekulationen mit Agrarrohstoffen
- der seit Jahren enger werdenden Verbindung zu den globalen Energiemärkten durch „Bioenergie“ aus Agrarrohstoffen
- der wachsenden Nachfrage in einer boomenden Bioökonomie nach nachwachsenden Rohstoffen für andere Zwecke als die Ernährung, zum Beispiel für nachwachsende Rohstoffe und industrielle Produktion
- den profitablen Investitionen in knappes Land und
- den riesigen Profitmöglichkeiten multinationaler Konzerne auf den wachsenden Agrar- und Ernährungsmärkten insbesondere in Afrika.
Die Preise lügen
Die Lebensmittelpreise sagen nicht die Wahrheit – in einer Vollkostenrechnung wird deutlich, dass billige Lebensmittel sehr teuer sind: Die versteckten Kosten, die Externalitäten, werden nicht berücksichtigt. Natur-, Human- und Sozialkapital spielen in der Preisfindung keine Rolle. Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität haben keinen Wert. Zerstörung kostet nichts.
Umgekehrt werden die positiven Auswirkungen einer nachhaltigen Landwirtschaft ebenfalls nicht berücksichtigt. Am Ende werden die hohen externalisierte Kosten „sozialisiert“, das heißt, dass der Steuerzahler für die Kosten aufkommen muss. Und die Ärmsten werden, zum Beispiel durch die Zerstörung ihres Naturkapitals, an der Entwicklung gehindert. Damit ist die Ideologie, nur billige Lebensmittel könnten die Welt ernähren, eine doppelte Täuschung: Wenn wir alle Kosten zusammenrechnen, dann sind diese „billigen“ Lebensmittel in Wahrheit sehr teuer. Und sie befeuern einen Kreislauf, an dessen Ende Hunger, Fehlernährung und Umweltzerstörung auf der einen Seite und Reichtum und Verschwendung auf der anderen Seite stehen.
Die vollen Kosten der Produktion von Lebensmitteln müssen deshalb eine wichtige Rolle in der Transformationsdebatte spielen. Eine wachsende Zahl von wissenschaftlichen Studien im „True Cost Accounting“ (TCA) belegt die Fehlsteuerung des heutigen Preissystems. Die Konsequenz ist aber nicht, Lebensmittel einfach teurer und für die Armen unerschwinglich zu machen. Deswegen muss auch Armutsbekämpfung im Mittelpunkt stehen! Der Zugang zu gesunden Lebensmittel muss verbessert werden. Und so werden auch neue Geschäftsmodelle und damit Arbeitsplätze entstehen, die wirtschaftliche Tätigkeit auf veränderten Märkten mit Nachhaltigkeit verbinden. Die alte Ökonomie muss einer „grünen“ Wirtschaftsweise weichen.
Auch die Art und Weise, wie die weitreichenden Möglichkeiten der Digitalisierung zurzeit in der Ernährungswirtschaft eingesetzt werden, bringt zwar eine Reihe von Vorteilen für die Effizienz der Abwicklung und beschleunigt bestimmte Prozesse wie Zahlung, Information oder die Steuerung von komplexen Prozessen. Sie kann aber auch als Musterbeispiel für die von Armin Nassehi gestellte Frage dienen: „Für welches Problem ist die Digitalisierung eine Lösung?“ Wenn sich Forschung und Umsetzung vor allem damit beschäftigen, wie die Effizienz des bisherigen Systems erhöht werden kann, dann wird ein gescheitertes System effizienter und im herkömmlichen Sinne billiger, aber es wird keineswegs die erforderliche Transformation des bestehenden nicht-nachhaltigen Systems eingeleitet. Die Externalisierung von Kosten kann nur besser abgewickelt werden.
Voreingenommene Regularien
Soziale Sicherheit und Armutsbekämpfung müssen Teil der Transformation werden, dazu ist staatliches Handeln erforderlich! Schließlich wird es schon jetzt nicht allein den Märkten überlassen, Ernährung und Landwirtschaft zu steuern: Subventionen, Regeln des Welthandels, internationale Verträge (etwa zu Saatgut), die Europäische Agrarpolitik, die Farm Bill in den USA, sanitäre und phytosanitäre Standards und vieles mehr bestimmen das Wirtschaftssystem zum Nutzen der großen Agrar- und Ernährungskonzerne und zum Nachteil der kleineren Produzenten und Bäuer*innen.
Die Transformation des heutigen Systems bedarf es deshalb der Veränderung der globalen Governance. Die Reform des Welternährungsausschusses (CFS, Committee on World Food Security) nach den römischen Gipfeln 2008 und 2009 ist unvollendet geblieben, positive Ansätze sind erkennbar, aber nach mehr als 10 Jahren sind weitere und mutige Reformschritte dringend erforderlich. Der Gipfel sollte einen Auftrag zur Reform des CFS mit einer klaren zeitlichen Vorgabe und Agenda beschließen! Ohne eine solche Reform werden die treibenden Kräfte, die die heute allgemein beklagte Misere des Ernährungssystems zu verantworten haben, weiterhin Zielrichtung und Geschwindigkeit der Entwicklung bestimmen.
Die Herausforderungen sind groß und das multilaterale System ist nicht in der besten Verfassung. Und es gibt auch berechtigte Kritik am CFS und seiner Arbeitsweise. Aber gerade deswegen braucht es mutige Vorstöße, die über unverbindliche Absichtserklärungen hinausgehen.
Welche Impulse müssen vom UN Food Systems Summit ausgehen?
- Der Gipfel muss Beschlüsse zur Armutsbekämpfung und zur sozialen Sicherung fassen, sonst wird es kein Ende des Hungers geben. In Krisenregionen muss humanitäre Hilfe und Konfliktbewältigung die Antwort sein.
- Das Menschenrecht auf Nahrung und die international vereinbarten Leitlinien zu dessen Erreichung müssen zur Leitschnur der Beschlüsse des Gipfels werden.
- Der Gipfel muss das zentrale Steuerungsproblem des komplexen und globalisierten Ernährungssystems angehen: Das System der Preisgestaltung und der Wertschätzung muss geändert werden, um die wahren Kosten des Ernährungssystems zu erfassen und neue Möglichkeiten zur Steuerung in Richtung Nachhaltigkeit zu nutzen. Auch hier gilt: „It’s the economy, stupid!“
- Es müssen Überlegungen präsentiert werden, wie die multilaterale Koordinierung zur Bekämpfung der Klimakrise, zum Stopp der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen und zur effektiven Armutsbekämpfung in die globale Steuerung der Transformation des Ernährungssystems integriert werden kann. Es ist eine der zentralen Aufgaben der Vereinten Nationen, sich über Fragen der globalen Governance zu verständigen. Eine Leistungsschau der Projekte von Zivilgesellschaft und Privatsektor mag zwar positive Beispiele beisteuern, wird aber keine strukturelle Transformation einleiten können. Bisher hat niemand erklärt, was auf diesem Gipfel beschlossen werden soll.
- Die koordinierte Bekämpfung der Pandemie und ihrer Folgen muss Thema des Gipfels werden. Der Gipfel wird auch ein Corona-Krisengipfel sein, die durch Corona hervorgerufenen Probleme sind einfach zu groß. Transformation und Krisenmanagement müssen sich ergänzen und nicht gegenseitig ausschließen. Aber die notwendigen Debatten über die Krise und die erforderlichen Problemlösungen dürfen nicht zu Lasten der eigentlich geplanten Agenda gehen. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Dringlichkeit des Augenblicks die Notwendigkeit für ein besseres Morgen überlagert.