Wie eine Softdrink-Steuer zu einer gesünderen Bevölkerung beitragen kann
Fehlernährung in Form von übermäßigem Konsum von zuckerhaltigen Getränken trägt erheblich zur globalen Adipositas-Epidemie bei. Steuern können ein wirksames Mittel zur Eindämmung sein.

Übergewicht und Adipositas steigen weltweit an und beeinflussen nicht nur die Gesundheit und Lebensqualität der Betroffenen negativ, sondern verursachen auch hohe wirtschaftliche Kosten. Seit den 1970er Jahren haben sich die Adipositasraten weltweit nahezu verdreifacht, weshalb die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schon seit den 1990er Jahren von einer "Epidemie" spricht. In Deutschland haben aktuell etwa 60 Prozent der Erwachsenen Übergewicht (BMI>25), wobei 25 Prozent Adipositas (BMI>30) haben. Bei Kindern und Jugendlichen liegt der Anteil bei 15 Prozent, wobei 6 Prozent Adipositas haben. Das vermehrte Auftreten von Übergewicht und Adipositas führt zu einer Zunahme von Folgeerkrankungen, unter anderen Typ-2-Diabetes (T2D), Herz-Kreislauf-Erkrankungen (CVD), bestimmten Krebsarten, Erkrankungen des Bewegungsapparates und psychischen Belastungen.
Ein bedeutender Faktor für diese Epidemie ist der übermäßige Konsum von zuckerhaltigen Getränken, die aufgrund ihres hohen Zuckergehalts zu einer übermäßigen Kalorienaufnahme und langfristig zu Stoffwechselstörungen führen können. Regierungen suchen zunehmend nach effektiven Maßnahmen, um diesem Trend entgegenzuwirken, wobei eine vielversprechende Strategie die Besteuerung von Softdrinks darstellt. Ziel einer solchen Steuer ist es, den Konsum zu reduzieren, die Bevölkerung zu gesünderen Alternativen zu bewegen und dadurch das Risiko für Übergewicht und andere Folgeerkrankungen wie Typ-2-Diabetes zu senken.
Nach Weltregionen, in denen der übermäßige Konsum von zuckerhaltigen Getränken am meisten zu den Prävalenzen von Folgeerkrankungen wie Diabetes und Herzkreislauferkrankungen beitrugen, führen nach einer neuen Studie Lateinamerika und die Karibik vor den Staaten Subsahara-Afrikas. Die stärkste Zunahme war demnach in Subsahara-Afrika zu beobachten. Aufgrund dieses wachsenden Gesundheitsproblems haben mittlerweile weltweit über 100 Länder und Regionen eine Softdrink-Steuer eingeführt, wie in Abbildung 1 zu sehen ist.
Abb. 1: In diesen Ländern gilt eine nationale oder regionale Softdrinksteuer

Die gesundheitlichen Folgen von zuckerhaltigen Getränken
Softdrinks liefern „leere Kalorien“, das heißt, sie enthalten eine hohe Energiedichte, aber keine Ballaststoffe und auch keine nennenswerten Nährstoffe wie Proteine oder Fette, die ein Sättigungsgefühl hervorrufen. Anders als feste Nahrungsmittel, die das Sättigungszentrum im Gehirn aktivieren, führen flüssige Kalorien dazu, dass Menschen oft unbewusst mehr Kalorien aufnehmen, als sie tatsächlich benötigen. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass ein hoher Konsum von Softdrinks mit einer Gewichtszunahme und einem erhöhten Risiko für Adipositas in Verbindung steht.
Über unterschiedliche Wege können Softdrinks darüber hinaus zu T2D führen. Erstens enthalten sie eine hohe Menge an zugesetztem Zucker, der sehr schnell in den Blutkreislauf gelangt und zu einem plötzlichen Anstieg des Blutzuckerspiegels führt, was wiederum zu der Ausschüttung von Insulin führt. Werden regelmäßig große Mengen Zucker konsumiert, kann dies zu einer Insulinresistenz führen – einem Zustand, in dem die Körperzellen weniger empfindlich auf Insulin reagieren, wodurch der Blutzucker langfristig erhöht bleibt. Dieser Prozess begünstigt die Entstehung von Typ-2-Diabetes. Zweitens kann ein übermäßiger Konsum von Softdrinks wie oben beschrieben zu Gewichtszunahme und letztlich Adipositas führen, was wiederum das Risiko für T2D erhöht.
Wie eine Softdrink-Steuer den Konsum beeinflusst
Die Besteuerung von Softdrinks verfolgt zunächst das Ziel, den Preis dieser Getränke zu erhöhen und damit die Nachfrage zu senken. Dabei kann man die Steuer als Wertsteuer veranschlagen, das heißt als einen bestimmten Prozentsatz auf den Preis, wie dies beispielsweise bei einer Mehrwertsteuer geschieht. Diese Steuerart hat den Vorteil, dass sie bei steigenden Preisen automatisch auch höher ausfällt. Eine andere Möglichkeit ist eine Mengensteuer, die per Volumenmaß berechnet wird. Diese Steuerart hat den Vorteil, dass die Steuer pro Liter eines Getränkes immer gleich hoch ist, unabhängig von dem Preis des Getränkes, wodurch man größtenteils einem Wechsel auf ein günstigeres, aber ebenfalls ungesundes Produkt vorbeugen kann. Allerdings sollten die Steuerraten dann bei steigenden Preisen auch entsprechend erhöht werden, damit die Steuer weiterhin eine finanziell relevante Größe hat.

Alle Arten von Steuern basieren auf dem Prinzip der Preiselastizität, wonach Verbraucher*innen weniger von einem Produkt kaufen, wenn dessen Preis steigt. Erfahrungen aus Ländern, die bereits eine Softdrink-Steuer eingeführt haben, bestätigen diesen Zusammenhang. Beispielsweise konnten Forscher*innen zeigen, dass nach der Einführung einer Softdrink-Steuer in Mexiko 2014 der Konsum von Softdrinks innerhalb eines Jahres nach Einführung der Steuer um 7,6 Prozent zurückging, während der Verkauf von ungesüßten Getränken wie Wasser zunahm.
Darüber hinaus ergaben Forschungen in Großbritannien, dass eine Steuer nicht nur Auswirkungen auf das Konsumverhalten haben kann, sondern auch auf den Zuckergehalt der Getränke. 2018 hat Großbritannien eine gestaffelte Zuckersteuer eingeführt. Gestaffelte Steuern werden abhängig vom Zuckergehalt berechnet: Je mehr Zucker ein Getränk enthält, desto höher fällt die Steuer aus, die auf das Getränk erhoben wird. Studien zeigen, dass Hersteller in Großbritannien als Reaktion auf diese Art von Steuer den Zuckergehalt vieler Getränke reduzierten, um die Steuer zu umgehen, oder eine niedrigere Steuerrate zu erreichen.
Diese Reformulierungen führten dazu, dass Verbraucher*innen automatisch weniger Zucker konsumierten, ohne ihr Kaufverhalten grundlegend ändern zu müssen. Dies zeigt, dass eine Softdrink-Steuer nicht nur das Kaufverhalten beeinflusst, sondern auch strukturelle Veränderungen in der Lebensmittelindustrie bewirken kann, indem Unternehmen dazu motiviert werden, gesündere Alternativen zu entwickeln.
Die Besteuerung von zuckerhaltigen Getränken hat sich jedoch nicht nur in Großbritannien und Mexiko als wirksames Instrument zur Reduzierung des übermäßigen Konsums von Zucker über Softdrinks erwiesen. Eine umfassende Meta-Analyse von Andreyeva et al. (2022) untersuchte die Auswirkungen bereits umgesetzter Softdrink-Steuern in über 45 Ländern und stellte fest, dass diese mit einem durchschnittlichen Rückgang der Verkaufszahlen von zuckerhaltigen Getränken um 15 Prozent verbunden waren. Die Preiselastizität der Nachfrage lag bei -1,59, was bedeutet, dass ein Preisanstieg um 10 Prozent zu einem Rückgang des Konsums um etwa 16 Prozent führte.
Wie eine Softdrink-Steuer die Gesundheit beeinflusst
Die vorangegangen Abschnitte können zu den folgenden drei Erkenntnissen zusammengefasst werden:
- Der übermäßige Konsum von Zucker über Softdrinks geht einher mit einem erhöhten Risiko für Adipositas und weiteren Erkrankungen.
- Steuern auf Softdrinks können den Konsum dieser senken.
- Ein verringerter Konsum von Softdrinks senkt die Prävalenz von Adipositas.
Auch wenn diese Erkenntnisse den Schluss nahelegen, dass eine Softdrink-Steuer die Prävalenz von Adipositas senken kann, gibt es bisher nur begrenzt Beobachtungsstudien, die den langfristigen direkten Einfluss von Softdrink-Steuern auf die Gesundheit bewerten. Ein Grund dafür ist unter anderen, dass sich diese gesundheitlichen Auswirkungen meist erst mit einer zeitlichen Verzögerung manifestieren. Hier sind langfristige Studien erforderlich, um die tatsächlichen Auswirkungen auf die Prävalenzen von beispielsweise Adipositas und T2D zu bewerten.
Außerdem sind solche Studien anfällig für Confounding – also eine Verzerrung durch andere Faktoren, die sowohl mit dem Zuckerkonsum als auch den gesundheitlichen Folgen zusammenhängen und schwer messbar sind (z.B. der Konsum von anderen gesundheitsschädlichen Lebensmitteln). Diese Schwierigkeiten führen dazu, dass die direkte Evidenz zu den langfristigen Effekten einer Softdrink-Steuer auf die Reduktion von Übergewicht und Adipositas noch begrenzt ist.
Zu diesem Schluss kamen auch die Autor*innen zweier Übersichtsarbeiten mit Meta-Analysen aus dem Jahr 2013 und die oben schon erwähnte aus dem Jahr 2022. Von den eingeschlossenen Studien konnten einige wenige kleinere Rückgänge im BMI nach der Einführung solcher Steuern verzeichnen, jedoch zeigte sich in anderen Studien kein signifikanter Effekt auf das Körpergewicht oder gar eine geringe Zunahme des BMIs. Die Autor*innen beider Studien stellen jedoch klar, dass dies vermutlich mehr an den Studiendesigns liege, als an tatsächlichen Effekten einer Steuer, zumal die eingeschlossenen Studien in der Regel regional begrenzte Mehrwertsteuererhöhungen untersuchten, da landesweite Verbrauchs- oder Mengensteuern erst später eingeführt wurden. Langzeitstudien sind hier nötig, und die Daten sollten jetzt und in den kommenden Jahren erhoben werden.
Während die frühere Übersichtsarbeit aber noch darauf hindeutet, dass eine Softdrink-Steuer dazu führen könnte, dass Verbraucher*innen auf andere kalorienhaltige Getränke wie Fruchtsäfte und Milchgetränke ausweichen, ist dieser Effekt in der neueren Übersichtsarbeit von 2022 nicht mehr zu sehen.
Ein anderer Zusammenhang zwischen Softdrink-Steuern und der Gesundheit ist jedoch weniger widersprüchlich: Eine Studie aus Mexiko konnte zeigen, dass die Einführung der Softdrink-Steuer in Mexiko mit einem signifikanten Rückgang der Karieshäufigkeit einherging.
Die Rolle von Modellierungsstudien
Da die Verbindung zwischen einem erhöhten Konsum von Softdrinks und steigenden Adipositasraten als belegt gilt, nehmen Forscher*innen an, dass dieser Mechanismus auch in die entgegengesetzte Richtung wirken kann. Auf dieser Annahme beruhen sogenannte Modellierungsstudien, welche die langfristigen Auswirkungen von Softdrink-Steuern auf verschiedenste Indikatoren simulieren. Diese Modelle nutzen unter anderem bestehende Daten zur Preiselastizität der Nachfrage und schätzen, welche gesundheitlichen Auswirkungen Steuermaßnahmen haben könnten.
Eine solche Studie wurde auch für Deutschland durchgeführt und hat berechnet, dass mit einem Preisaufschlag von 20 Prozent auf Softdrinks über die nächsten 20 Jahre 31.600 Fälle von Adipositas vermieden werden könnten – und wenn Fruchtsäfte ebenfalls besteuert würden, sogar 159.400 Fälle. Eine gestaffelte Steuer, angelehnt an das britische Steuerdesign, könnte der Studie nach 72.300 Adipositas-Fälle verhindern.
Worauf es ankommt
Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass Softdrink-Steuern grundsätzlich ein wirksames Mittel zur Eindämmung der globalen Adipositas-Epidemie sein können. Die WHO betont jedoch, dass der gesundheitliche Nutzen solcher Steuern wesentlich von Faktoren wie dem Steuer-Design und ergänzenden politischen Maßnahmen abhängt. Die WHO empfiehlt, um die Gesundheit bestmöglich positiv zu beeinflussen, eine Mengensteuer, die möglichst auf ein breites Produktspektrum von süßen Getränken angewandt wird, also auch auf Fruchtsäfte, Eistees, Energy- und Sportgetränke, gesüßte Milch- und Joghurtdrinks, und Konzentrate, Sirupe und Pulver zum Mixen von Getränken. Gestaffelte Steuern können eine Reformulierung der Industrie, also neue Rezepturen mit weniger Zucker, fördern, sind aber administrativ aufwändiger umzusetzen. Die WHO erkennt zwar das Potenzial solcher Steuermodelle an, spricht aufgrund der noch begrenzten Studienlage aber bislang keine eindeutige Empfehlung für gestaffelte Steuern aus.
Eine Kombination aus u.a. Besteuerung, besseren Lebensmittelkennzeichnungen (beispielsweise Warn-Labels auf der Vorderseite der Verpackungen), Werbebeschränkungen für ungesunde Lebensmittel, einer gesteigerten Verfügbarkeit von gesunden Alternativen und deren Subventionierung könnte die Wirksamkeit solcher Maßnahmen zusätzlich steigern.
Alle in der Welternährung geäußerten Ansichten sind die der Autor*innen und spiegeln nicht zwangsläufig die Ansichten oder die Positionen der Welternährungsredaktion oder der Welthungerhilfe wider.

Anna Leibinger ist PhD-Kandidatin und Research Associate am Lehrstuhl für Public Health und Versorgungsforschung, IBE, Medizinische Fakultät, LMU München, und an der Pettenkofer School of Public Health, München.