Bilanz der Agenda 2030: Die Finanzierung bleibt hinter den Erwartungen zurück
Vor allem die Hoffnungen auf private Investitionen und Kredite zur Umsetzung der Entwicklungsziele werden enttäuscht. Ein Blick in die Zahlen.
Bei der Bestandsaufnahme der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG) im Rahmen der UN-Generalversammlung müssen die Staats- und Regierungschefs auch eingestehen, dass die Finanzierung hinter allen Erwartungen zurückbleibt. Die Addis Abeba-Agenda von 2015 hat dafür den Rahmen vorgegeben und an Regierungen, Unternehmen, Stiftungen und Einzelpersonen appelliert, mehr Mittel zur Verfügung zu stellen.
Das bisherige Ergebnis ist ernüchternd. Von einer Steigerung der in Aussicht gestellten Finanzmittel zur Erreichung der SDGs in Entwicklungsländern kann nicht die Rede sein. Im Gegenteil: Die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit stagniert (2018: 153 Mrd. US-Dollar), ausländische Direktinvestitionen und private Kredite sind zurückgegangen. (Grafik 1) Gerade auf diese beiden Instrumente hatten die UN und ihre Mitgliedsstaaten viel Hoffnung gesetzt. Nur die Rücküberweisungen von Migranten nahmen zu.
Nachdem von 2000 bis 2013 zunehmen Geld in Entwicklungsländer floss, fielen die Zuflüsse zwischen 2013 und 2016 um zwölf Prozent ab, darunter vor allem ausländische Direktinvestitionen (Grafik 2). Von 2016 bis 2017 sanken sie laut OECD allein um 30 Prozent. Das sei ein „Alarmzeichen“, zumal diese Entwicklung den Zugang zu internationalen Märkten und technischem Wissen beschränke. Auch inländische Firmenübernahmen – ein Maßstab für die wirtschaftliche Dynamik eines Landes – waren von 2010-2017 in Entwicklungsländern (außer China) um 60 Prozent rückläufig.
In einer Reihe von Entwicklungsländern sind auch die Steuereinnahmen – die wichtigste Finanzierungsquelle von Entwicklung – gestiegen. Längst wird jedoch nicht das Maß erreicht, wie es zur Finanzierung der SDGs nötig wäre. Vor allem in besonders armen Entwicklungsländern bleiben sie unter dem Ziel von 15 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP, vgl. Grafik 3). Die Einnahmen aus Steuern zu steigern hält der Internationale Währungsfonds (IWF) vor allem in Ländern mit mittlerem Einkommen, wie etwa in Indonesien über die Mittel- und Oberschichten, für den geeignetsten Weg, mehr in die Umsetzung der SDGs investieren zu können.
Die globale Wirtschaftskonjunktur gibt jedenfalls keinen Anlass zu der Annahme, dass künftig mehr private Gelder in Entwicklungsländern investiert werden. Sowieso spielen sie vor allem nur im Energie- und Transportsektor eine nennenswerte Rolle. Vor allem einkommensschwache Länder sind daher auf einen komplexen Mix von Zuwendungen angewiesen (Grafik 4), der sie oft überfordert – auch mit Blick auf die eigene Schuldentragfähigkeit.
Längst dreht sich die Finanzierungsdebatte also nicht mehr darum, wie mehr Geld zu mobilisieren ist, sondern um die Frage, wie vorhandenes Geld „besser ausgegeben“ werden – also zielgerichteter in Nachhaltigkeitsziele gelenkt werden kann. Dafür bräuchte es allerdings eine engere Koordinierung zwischen öffentlichen und privaten Geldern, wie sie zwar ebenfalls in der Addis Abeba-Agenda gefordert wurde – aber nur unzureichend betrieben wird.
Die Aufgabe bleibt derweil gewaltig: Schätzungen des IWF zufolge bräuchten allein die 59 ärmsten Länder der Welt jährlich 300 bis 528 Milliarden Dollar, oder 40 bis 50 Prozent ihrer Wirtschaftsleistungen (BIP), um die Umsetzung der SDG finanzieren zu können. Selbst wenn ein Land wie Ruanda seine Steuereinnahmen in den nächsten zehn Jahren um fünf Prozent steigern könnte, könnte das nur zu einem Drittel zur Deckung des Bedarfs beitragen.