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  • Entwicklungspolitik & Agenda 2030
  • 02/2022
  • Ulrich Post

SDG2: Wird „Zero Hunger until 2030“ unerreichbar?

Die Daten zehn Jahre vor der Zielmarke machen wenig Mut, dass der Weg dahin ein realistischer ist.

Die Zeichen stehen schlecht für das nachhaltige Entwicklungsziel 2 (SDG2) „Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern“. Wenn nicht ganz gewaltige Anstrengungen unternommen werden, wird dieses Ziel bis 2030 nicht erreicht werden.

Die Zahl der chronisch Unterernährten nimmt wieder zu; die FAO schätzt sie für 2020 auf 720 bis 811 Millionen (Mittelwert 768 Millionen). Laut FAO hat auch die Corona-Pandemie zu diesem Wachstum beigetragen und 83-132 Millionen Menschen zusätzlich in die Unterernährung getrieben.

Auch der akute Hunger, der das Leben und die Existenzgrundlage von Menschen unmittelbar gefährdet, hat zugenommen. Nach Angaben des Report on Global Food Crises 2021stieg die Zahl der Menschen in aktuer Not im Jahr 2020 auf 155 Millionen. Hauptursache waren hier Kriege und Konflikte, wirtschaftliche Schocks und eine Häufung von Wetterextremen.

An den wirtschaftlichen Schocks, die sowohl den akuten wie den chronischen Hunger erhöhten, hatte auch die Pandemie ihren Anteil. Viele wirtschaftliche Aktivitäten ruhten während eines Lockdowns, Lieferketten wurden unterbrochen, es kam zu Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln, zu Einkommensverlusten, dem Aussetzen sozialer Sicherung und Veränderungen im Nahrungsmittelangebot; Schulschließungen führten dazu, dass viele Kinder keine Schulmahlzeit mehr erhielten.

Weltweit leiden laut Global Nutrition Report (2) 149, 2 Millionen Kinder unter fünf Jahren an Wachstumsverzögerung und 45 Millionen an Auszehrung. Mehr als fünf Millionen Kinder starben im Jahr 2020, bevor sie fünf Jahre alt wurden.

Wissenschaftler prognostizieren, dass die Corona-Pandemie von 2020-22 zusätzlich zur Auszehrung von 9,3 Millionen Kindern und zur Wachstumsverzögerung bei 2,6 Millionen Kindern beitragen wird. Sie erwarten auch, dass die Sterblichkeit von Unterfünfjährigen um 0,17 Millionen Corona-bedingt steigen wird.(3)

Viele der Aussagen und Prognosen zu den Folgen der Pandemie auf Ernährungsunsicherheit und Ernährung sind vorläufig und mit einer gewissen Zurückhaltung aufzunehmen. Zwar stammen sie von seriösen Wissenschaftlern und Institutionen, doch die tatsächlichen Folgen der Coronakrise wird man erst in einigen Monaten oder Jahren kennen. Vermutlich wird es durch die Pandemie aber noch schwerer, das ehrgeizige Ziel „Zero Hunger until 2030“ zu erreichen, auch wenn viele Wissenschaftler und Organisationen Regierungen dazu drängen, deutlich radikalere Schritte zu unternehmen, um es vielleicht doch noch zu schaffen. Aber viele Anzeichen, dass das geschieht, gibt es nicht.

Referenzen:

1) FSIN and Global Network on Food Crises, Report on Global Food Crises 2021, Rome

2) 2021 Global Nutrition Report: The state of global nutrition. Bristol, UK: Development Initiatives

3) Osendarp et.al., The potential impacts of the COVID-19 crisis on maternal and child undernutrition in low and middle income countries

Prträt: Ulrich Post, Leiter Team Grundsatzfragen.
Ulrich Post Mitglied im Redaktionsbeirat
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